Politik | Gastbeitrag

„Probabilmente sarei fascista“

Der emeritierte Universitätsprofessor und Politikwissenschaftler Günther Pallaver über die Südtiroler, die in Sachen Faschismus anscheinend an Vergesslichkeit leiden.
Fascismo
Foto: upi
“Se fossi italiano, probabilmente sarei fascista“. Dieser Satz des Südtiroler Abgeordneten Friedrich Graf Toggenburg anlässlich der italienischen Parlamentswahlen 1921 passt bestens zu einer Umfrage der Südtiroler Wirtschaftszeitung über die Zufriedenheit der Südtiroler Bevölkerung mit der Arbeit der Regierung Meloni. Satte 62% der deutschsprachigen Bevölkerung Südtirols sind mit Melonis Arbeit eher oder sehr zufrieden. Die Wähler und Wählerinnen der SVP, Hüterin der Autonomie, sind es zu 64%, jene des Team K zu 59%, der Grünen zu 45%. Süd-Tiroler Freiheit und Freiheitliche liegen bei guten 57% Zustimmung.
Toggenburg war vier Tage vor der italienischen Parlamentswahl 1921 vom Corriere della Sera über seine Meinung zum Faschismus befragt worden. Der erst zwei Wochen zurückliegende Mord am Lehrer Franz Innerhofer durch faschistische Banden hatte Toggenburg schon längst wieder vergessen.
Die Wirtschaft Südtirols denkt gleich wie vor 100 Jahren an den Profit. Hauptsache, die Kassa stimmt.
An Vergesslichkeit leidet offensichtlich auch die heutige Bevölkerung Südtirols. Fratelli d`Italia, die Partei Melonis, die sich noch immer ziert, sich klar vom Faschismus zu distanzieren und in ihren Reihen nach wie vor neofaschistische Strömungen gerne duldet, ist für die Südtiroler*innen offensichtlich kein Problem.
 
 
 
Der ständige Hinweis auf erlittenes faschistisches Unrecht (jüngst wieder mit dem Hinweis auf die Toponomastik) ist im Lichte dieser Umfrage leeres Geschwätz. Der Faschismus war in den 1920er Jahren einem Teil des Südtiroler Bürgertums durchaus willkommen, wie heute die rechtsrechten Fratelli d`Italia. Die Wirtschaft Südtirols denkt gleich wie vor 100 Jahren an den Profit. Hauptsache, die Kassa stimmt. Law and Order sind wichtiger als Demokratie und Menschenwürde. Wer gegen die angebliche „Invasion der Ausländer“ poltert, ist in Südtirol willkommen. Wer eine reaktionäre Familienpolitik propagiert, erhält in Südtirol Applaus.
Der ständige Hinweis auf erlittenes faschistisches Unrecht  ist im Lichte dieser Umfrage leeres Geschwätz.
Wilhelm von Walther, Toggenburgs Kollege im römischen Parlament, meinte damals, man könne sich von der Regierung Mussolinis „eine Epoche gesunder Entwicklung für Italien“ erwarten. Das erwarten sich die Südtiroler*innen offensichtlich auch von der Regierung Meloni. „Se fossi italiano, probabilmente voterei Fratelli d`Italia”.
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Stereo Typ Mo., 24.04.2023 - 14:13

Bin froh, dass Mitte-rechts regiert. Mitte-links hat in den vergangenen Jahren versagt. Die Wähler*innen sind der Souverän, oder gilt das für die Linken nicht mehr? Das wäre dann wirklich demokratiefeindlich.

Mo., 24.04.2023 - 14:13 Permalink
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Manfred Klotz Mo., 01.05.2023 - 07:02

Antwort auf von Christian I

Sie beten hier den Bockmist der regierungstreuen Schwachmaten-Gazzetten wie Libero und La Verità nach. Was Schlein privat mit ihrem eigenen Geld macht, ist eigentlich vollkommen egal. Es ist wesentlich besser, wenn sie - eigens dazu befragt - von ihrer Stilberaterin spricht, als die offene Huldigung des Duce seitens des Senatspräsidenten.

Mo., 01.05.2023 - 07:02 Permalink
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Salto User
Manfred Gasser Mo., 24.04.2023 - 15:22

Danke für den Beitrag. Es macht sehr nachdenklichl zu lesen, dass anscheinend die Mehrheit der Südtiroler auf dem rechten Auge blind ist. Ich kann nur hoffen, dass diese Umfrage für due SVP nicht als Freibrief gesehen wird, nach den Wahlen noch rechter zu koalieren aks jetzt schon.

Mo., 24.04.2023 - 15:22 Permalink
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Albert Pürgstaller Mo., 24.04.2023 - 18:22

Mich überrascht das Ergebnis nicht. Die Südtiroler*innen machen im Alpenland keine große Ausnahme. Sie reihen sich ein mit der Schweiz, Tirol, Salzburg und Kärnten, in denen eine Nähe bzw. eine Beheimatung im rechten Gedankengut gut verträglich ist. Was Faschismus und Nationalsozialismus angerichtet haben, scheint vergessen. Wie rechte Politik in Sachen Migration, in Sachen Familienpolitik, in Sachen Würde für jedefrau/mann aussieht, scheint die allerwenigsten zu interessieren. Deshalb sind auch bei uns Aussagen des Senatspräsidenten Ignazio La Russa zum Faschismus höchstens noch einen Lacher wert. Hauptsache der Rubel rollt. "Einfach schlimm" ist mein Kommentar.

Mo., 24.04.2023 - 18:22 Permalink
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Stereo Typ Mo., 24.04.2023 - 18:48

Bis jetzt kann ich keine reaktionäre Familienpolitik erkennen. Der Staat gibt mir sogar bedeutend mehr Familiengeld, als mir das Land gegeben hat.

Mo., 24.04.2023 - 18:48 Permalink
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△rtim post Mo., 24.04.2023 - 18:55

Die Formen bürgerlicher Herrschaft, Liberalismus - Faschismus thematisierte u.a. auch schon Reinhard Kühnl in den 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts. "Lernen'S ein bissl Geschicht.", hieß es damals. Auch mit Geschichte reflekiert umzugehen. Toxische Fortschreibungen eigener Negativität und Zuschreibungen sollte man in Südtirol 2.0 auch mal beginnen aufzuarbeiten oder (zumindest) mal (kritisch) zu hinterfragen. Die Kernaussage hier, dass die maßgeblich geldgeile Tiroler Minderheitenbevölkerung in Italien
auch heute, wie schon damals (1922-1945) während der totalitären Gewalt- und Terrorherrschaft
(mit Kolonialisation, Ethnozid), in Täterin-Opfer-Umkehr, eigentliche Täterin (gewesen) sei, geht so schon gar nicht.

Mo., 24.04.2023 - 18:55 Permalink
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Salzer Claudio Mo., 24.04.2023 - 21:53

Das nenne ich echte Wissenschaftlichkeit:
In einem vor allem kurzen denn bedeutenden „Artikel“ werden - weil es so schön ist - zwei längst verblichenen Adeligen ihre Aussagen von vor über 100 Jahren vorgehalten. Damit das nicht so an den Haaren herbeigezogen wirkt, wie es tatsächlich ist, wird auf irgendeine – vermutlich wissenschaftlichere – aktuelle Umfrage verwiesen.
Erkenntnisgewinn und Relevanz: Null – Gepoltere: Hundert, wenn auch „emeritiertes“.

Mo., 24.04.2023 - 21:53 Permalink
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Stefan S Di., 25.04.2023 - 10:23

Antwort auf von Salzer Claudio

"vermutlich wissenschaftlichere – aktuelle Umfrage" das nennt sich repräsentative Umfrage aber abgesehen davon ist dies ein aktuelles Beispiel für eine Antwort aus dem rechtspopulistischen Lager oder vielleicht einfach nur Gleichgültigkeit weil wie sonst sollen wir lernen wenn nicht aus unseren Fehlern der Vergangenheit.

Di., 25.04.2023 - 10:23 Permalink
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Manfred Klotz Di., 25.04.2023 - 07:26

Diese Zustimmungswerte in Südtirol sind in der Tat erstaunlich, wenn man bedenkt, welche exorbitanten Böcke diese Regierung Tag für Tag schießt und welchen "lockeren" Umgang bestimmte Politiker mit dem Faschismus pflegen. Zur Erklärung kann man wohl nur davon ausgehen, dass diese Einschätzung mit dem eher durchschnittlichen Bildungsgrad zusammenhängt.

Di., 25.04.2023 - 07:26 Permalink
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Stefan S Di., 25.04.2023 - 09:50

Antwort auf von Manfred Klotz

"Zur Erklärung kann man wohl nur davon ausgehen, dass diese Einschätzung mit dem eher durchschnittlichen Bildungsgrad zusammenhängt."
Das hängt weniger mit dem allgemeinen Bildungsgrad zusammen sondern explizit mit dem nicht vorhanden bzw. mangelhaften politischen Bildungsgrad.
Dieser ist durch die "Einheitspartei" SVP, der einseitigen Medienlandschaft der Athesia und der vermittelte Historie in den Bildungseinrichtungen des Landes auf der Strecke geblieben.
Kurzum, den Bürgern wird das Werkzeug/Wissen für eine politische Bildung vorenthalten.

Di., 25.04.2023 - 09:50 Permalink
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Manfred Klotz Mi., 26.04.2023 - 08:10

Antwort auf von Stefan S

Ich würde das gar nicht so sehr auf den politischen Bildungsgrad beschränken. Da fehlt es schon allgemein grob. Es fehlen zusätzlich offenbar geschichtliche, ökonomische und auch sprachliche Kenntnisse, ansonsten könnte es zu solch einer Fehleinschätzung gar nicht kommen. Vom kurzen Gedächtnis ganz zu schweigen.

Mi., 26.04.2023 - 08:10 Permalink
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Winny Felderer Di., 25.04.2023 - 08:07

Es ist gut, wenn es Alternanz in der Politik gibt, vorausgesetzt man hält sich an die demokratischen Regeln. Zur Zeit des Faschismus war dies - im Nachhinein gesehen - nicht der Fall.
Jede(r) soll seine Chance haben. Die Linke hat (leider!) versagt. Mal sehen, wie es mit der Rechten geht. Es ist ja nicht in Stein geschrieben, dass sie ewig bleiben.

Di., 25.04.2023 - 08:07 Permalink
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Simonetta Lucchi Di., 25.04.2023 - 11:46

Per quanto legga da poco i commenti su Salto concordo con Luca Marcon. Non si può discutere solo di questo periodo e con sempre le stesse modalità. Occorre avere un po'di prospettiva storica e la storia del sud del Tirolo è anche quella di una regione di transito con tante vicende molto interessanti. Altrimenti diventa difficile qualsiasi ragionamento.

Di., 25.04.2023 - 11:46 Permalink
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Klaus Griesser Sa., 29.04.2023 - 15:49

Lieber Günther, „Vergesslichkeit“ ist m.E. die Verwässerung der Tatsache, dass es noch zu wenig tiefe, offizielle historische Aufarbeitung des Südtiroler Nationalsozialismus und dessen Verflechtungen mit dem italienischen Faschismus gegeben hat/ gibt - abgesehen von Leopold Steurers wertvollen Ansätzen dazu. In dieser stinkigen Suppe schwimmen gar einige ehemalige Geschäftelmacher und Neo-Opportunisten.

Sa., 29.04.2023 - 15:49 Permalink
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Dennis Loos Sa., 29.04.2023 - 17:06

Antwort auf von Klaus Griesser

Neben Leopold Steurer auch von Hartungen, Hans Heiss, Hannes Obermair, Norbert C Kaser, Alexander Langer, Claus Gatterer, Joachim Innerhofer, Sabine Mayr usw., es wurde schon etwas gemacht in den letzten Jahren. Auch der Landeshauptmann positioniert sich immer klar.

Sa., 29.04.2023 - 17:06 Permalink
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Martin Tarshito Sa., 29.04.2023 - 20:28

Die breite Zustimmung hat wohl (ebenso wie die +20% WählerInnen) weniger etwas mit rechts oder links zu tun.

Abgesehen davon hatte die abgelöste Regierung der Corona "Aristokraten" (governo dei migliori) in meinen Augen deutlich faschistoide ("bündelnde")Tendenzen, die nicht länger zu dulden waren.

Auch Mussolini war einst ein Sozialist und Gewerkschafter, der sich von den Sowjets eindeutig zu viel abgeschaut hat. Ebenso wie die Nazional-Sozialisten.

Sa., 29.04.2023 - 20:28 Permalink