Politik | Trinkwasser

„Von Ausverkauf keine Rede“

Andreas Schatzer vom Gemeindenverband verteidigt die Südtiroler Linie in der Wasserpolitik: Die Vereinbarung mit ARERA habe die Arbeit der Gemeinden erleichtert.
Andreas Schatzer
Foto: Gemeinde Vahrn

 

Zur Kritik des Bozner Gemeinderates Rudi Benedikter und des Co-Vorsitzenden Grüne Felix v. Wohlgemuth am Einvernehmensprotokoll des Landes Südtirol mit der staatlichen Regulierungsbehörde ARERA will der Präsident des Gemeindenverbandes, Andreas Schatzer, folgendes klarstellen:
„Die ARERA wurde in den 1990er Jahren gegründet und hat weitreichende Kompetenzen bei der Regulierung der öffentlichen Versorgungsdienstleistungen. Anfänglich für Strom und Gas zuständig, hat sich der Wirkungsbereich der Regulierungsbehörde über die Jahre auf immer neue Bereiche wie Wasser, Fernwärme und Müll ausgedehnt“, erklärt Schatzer. ARERA lege einheitliche Qualitätsstandards fest, mache Vorgaben zur Organisation der Dienste, definiere Tarifsysteme und Preise, sorge für Transparenz und Wettbewerb sowie den Schutz der Verbraucher. ARERA sammelt des Weiteren aber auch Daten und Informationen und hat Aufsichts- und Überwachungsfunktionen inklusive Sanktionsbefugnis.
Dies hat in den vergangenen Jahren auf Gemeindeebene immer wieder zu Problemen geführt. Von den Verwaltungen wurden ständig Daten und Informationen eingefordert. Die Gemeindesekretäre hatten große Probleme diese zu liefern, weil unsere lokalen Bestimmungen oft nicht mit den Vorgaben der ARERA in Einklang zu bringen waren“, so der Präsident des Gemeindenverbandes.
 
Andreas Schatzer
Andreas Schatzer: „Genau darauf, auf eine einheitliche, machbare und auf die Gegebenheiten Südtirols abgestimmte Umsetzung der Maßnahmen zielt die Vereinbarung ab.“

Im Dezember 2017 wurde mit einer Abänderung des Autonomiestatutes festgelegt, dass ein Einvernehmensprotokoll zwischen Land und ARERA ausgearbeitet werden muss, um die Zuständigkeiten abzustimmen bzw. um die Maßnahmen der ARERA an die autonomen Zuständigkeiten und die lokalen Gegebenheiten anzupassen. Seit 2018 hat man an diesem Protokoll gearbeitet. Im Februar dieses Jahres wurde das Protokoll nach jahrelangen Verhandlungen dann auch im Sinne des Gemeindenverbandes unterzeichnet.
In erster Linie regelt das Protokoll das Verfahren, wie die Abstimmung zwischen ARERA und Land stattfinden soll. Im Gegensatz zu allen anderen Regionen muss ARERA ihre Maßnahmen mit dem Land Südtirol speziell abstimmen. Hierfür wird ein eigener Tisch eingeführt, der die Vereinbarkeit der Maßnahmen mit den autonomen Kompetenzen und den Besonderheiten unseres Landes überprüft und nach einer einvernehmlichen Lösung strebt“, so Schatzer.
Es stimme zwar, dass im Falle keiner Einigung die Maßnahme der ARERA in Kraft tritt. Bis zur Unterzeichnung des Einvernehmensprotokolls hatten wir nur den Rechtsweg offen, dieser kann aber immer noch beschritten werden, wenn keine Einigung zustande kommt. Aufgabe des gemeinsamen Tisches ist es also, im Dialog Konflikte zu vermeiden und praktikable Lösungen zu erarbeiten, die der besonderen Situation unseres Landes Rechnung tragen.“
Der Rat der Gemeinden habe nach mehreren Anläufen im Oktober 2022 ein positives Gutachten zum Protokoll abgegeben, weil dadurch für die Gemeinden hinsichtlich der anzuwendenden Bestimmungen Klarheit und Rechtssicherheit geschaffen würden. Durch die Einrichtung einer einzigen Anlaufstelle im Land für die Sammlung von Daten und Informationen würden die Gemeinden von der Flut an Anträgen entlastet.
Dass der Rat der Gemeinden des Trentino im Januar 2023 ein negatives Gutachten zum Protokoll abgegeben hat, nachdem man über Jahre gemeinsam daran gearbeitet hat, ist schade, weil damit Synergien und geeintes Vorgehen verloren gehen“, teilt Schatzer mit.
In der Vergangenheit seien die Gemeinden oft kritisiert worden, weil sie die Vorgaben der ARERA nicht wörtlich und zügig umgesetzt haben. Es sei nur auf die verschiedenen Boni verwiesen, die den Gemeinden oft große Schwierigkeiten bei der Umsetzung bereitet haben.
Genau darauf, auf eine einheitliche, machbare und auf die Gegebenheiten Südtirols abgestimmte Umsetzung der Maßnahmen zielt die Vereinbarung ab. Von einem Ausverkauf des Trinkwassers kann daher keine Rede sein. Die Wirklichkeit ist nicht nur schwarz und weiß, sondern hat viele Facetten“, so der Präsident des Gemeindenverbandes.
 
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Salto User
Manfred Gasser Do., 13.07.2023 - 19:52

In der weltbesten Autonomie muss das Land also vor einer staatlichen Regulierungsbehörde klein beigeben. War das 1992 auch schon so, denn da wollen wir doch mit " Il Presidente" wieder hin?

Do., 13.07.2023 - 19:52 Permalink
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△rtim post Do., 13.07.2023 - 20:21

Man fragt sich schon: Wieso hat der Landeshauptmann Südtirols hier, statt Schaden vom Land abzuwenden, überhaupt und zudem ohne jegliche Notwendigkeit, auf unser geschütztes Grundrecht der Gewässernutzung und der Trinkwasserversorgung und auf Zuständigkeiten (Art.13 des sog. 2. Autonomiestatuts) bereits im Vorfeld freiwillig verzichtet?
Wieso hat es im Sinne der Selbstverwaltung und der Bürgernähe, auch um den Gebrauch der eigenen Sprache zu gewährleisten, nicht eine landeseigene Agentur bzw. zumindest eine autonome AREA-Sektion?
Welche Interessen neben dem weiteren Abbau der Selbstverwaltung damit bedient werden sollen, ist eigentlich jedem klar:
S.a:
https://notizie.tiscali.it/italialibera/articoli/il-2022-che-sara-il-go…

Do., 13.07.2023 - 20:21 Permalink
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Manfred Klotz Fr., 14.07.2023 - 06:40

Antwort auf von △rtim post

1. Art. 13 des 2. Autonomiestatuts regelt im Grunde nur die Wassernutzung zur Stromherstellung, nicht allgemein.
2. Die Autonome Provinz Bozen hat in Sachen Wassernutzung nur sekundäre Kompetenzen, d.h. sämtliche Landesgesetze müssen im Einklang mit staatlichen Bestimmungen sein (und diese wiederum mit EU-Bestimmungen, und genau in zwei EU-Verordnungen zur Liberalisierung des Energiemarktes von 1996 und 1998 liegt der Ursprung der angeprangerten Regelung).
3. Die unabhängige staatliche Behörede heißt ARERA (Autorità di Regolazione per Energia Reti e Ambiente) und hat die Aufgabe das Monopol bei der Energielieferung und Wassernutzung zu brechen. Zugunsten der Verbraucher. Mit Privatisierung hat das im Übrigen nichts zu tun.

Fr., 14.07.2023 - 06:40 Permalink
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Ludwig Thoma Fr., 14.07.2023 - 07:13

Antwort auf von Manfred Klotz

Wenn das Monopol ein öffentliches ist und aufgegeben werden soll, dann ist das eigentlich die Definition von Privatisierung. Was dabei rauskommt kann man im Vereinigten Königreich sehen: Private Trinkwasserversorgung, viel höhere Tarife, schlechte Instandhaltung von wenig profitablen Leitungsabschnitten usw., Aber schön rationell alles.

Fr., 14.07.2023 - 07:13 Permalink
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△rtim post Fr., 14.07.2023 - 14:11

Antwort auf von Ludwig Thoma

@Ludwig Thoma, genau. Man braucht aber gar nicht nach England zu schauen. Italien hat selbst genug Public-private-Partnership-Beispiele und andere Formen. Kernitaliens Missstände in der Wasserversorgung und die erhöhten Kosten für die Verbraucher sind bekannt.
Niemand - außer in Klotz' Unterstellung - hat behauptet, dass die öffentliche Wasserversorgung in Südtirol nun formell privatisiert wird.
Übrigens: User "Klotz" es geht nicht nur um die Selbstverwaltung, sondern immer auch um völkerrechtliche Schutzbestimmungen und ihre Ausgestaltung in der Sonderverwaltungszone. Dazu gehört Bürgerservice und das Recht auf die eigene Sprache; nicht Ungleichwertigkeit der Südtiroler Bürger-innen.

Fr., 14.07.2023 - 14:11 Permalink
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Manfred Klotz Fr., 14.07.2023 - 14:20

Antwort auf von △rtim post

Zum besseren Verständnis, nicht damit Sie wieder Thema wechslen, es geht um diese Ihre Aussage :"Wieso hat der Landeshauptmann Südtirols hier, statt Schaden vom Land abzuwenden, überhaupt und zudem ohne jegliche Notwendigkeit, auf unser geschütztes Grundrecht der Gewässernutzung und UND DER TRINKWASSERVERSORGUNG und auf Zuständigkeiten (Art.13 des sog. 2. Autonomiestatuts) bereits im Vorfeld freiwillig verzichtet.

Fr., 14.07.2023 - 14:20 Permalink
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Profil für Benutzer Manfred Klotz
Manfred Klotz Fr., 14.07.2023 - 14:15

Antwort auf von Ludwig Thoma

Die Energie wird schon lange von privaten Anbietern geliefert. Die statliche Behörde hat die Aufgabe dafür zu sorgen, dass es zwischen den Anbietern keine Kartellabsprachen gibt und damit ein neues Monopol begründet wird. Das Trinkwasser ist nicht in privater Hand. Das Autonomiestatut regelt aber die Trinkwasserversorgung auch nicht explizit. Das ist der Sinn meines Kommentars. Sie können so viele Negativbeispiele bringen wie Sie wollen, es geht um Fakten. Soltle es morgen so sein, dann werden wir darüber diskutieren können.

Fr., 14.07.2023 - 14:15 Permalink
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G. P. Do., 13.07.2023 - 22:44

Der Wahnsinn nimmt seinen Lauf! Da werden viele noch staunen, was da auf uns zukommt bei Müll, Fernwärme und Wasser ... u. a. auch finanzielle Mehrbelastungen.

Do., 13.07.2023 - 22:44 Permalink
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Josef Fulterer Fr., 14.07.2023 - 07:11

Antwort auf von G. P.

Die leichtfertig erfundenen zunehmehmenden gefräßigen Landes- und Staatlichen-Unterdienste (ARERA, SEL, ALPERIA usw.), lasten die übertrieben hohen Kosten für ihre aufgeblähte Ver-Waltung und allerlei Schabernack den sie sonst noch so treiben, den Bürgern auf.

Fr., 14.07.2023 - 07:11 Permalink
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Am Pere So., 16.07.2023 - 09:36

Achtung, der Mann hat Ahnung! Mittelschulabschluss, 30 Jahre Gemeindebediensteter und dann die steile Karriere. Wie? Immer auf Parteilinie, gegenüber eventuelle Kritiker ein bisschen austeilen, aber nach oben immer buckeln.
Wenn das das Personal ist, das Südtirol gegen die Juristen und Ingenieure der Energiebehörde ins Feld schickt, darf man sich danach über die Resultate nicht wundern.

So., 16.07.2023 - 09:36 Permalink