Wirtschaft | Mobilität

Rund 7 Prozent reisen mit der Bahn an

Umfrage der Uni Bozen: Italienische und deutsche Gäste sind eher bereit, mit dem Zug anzureisen, wenn das Angebot stimmt. Noch ist viel Luft nach oben.
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Foto: Salto.bz
Heute (21. August) wurden in der Freien Universität Bozen erste Studienergebnisse zur nachhaltigen Anreise mit dem Urlaubsziel Südtirol vorgestellt: Laut einer repräsentativen Umfrage reisen 7,7 Prozent der deutschen und 7,2 der italienischen Gäste mit dem Zug an. “Diese Verteilung entspricht dem Durchschnitt vergleichbarer Verkehrsdaten”, erklärt Studienleiter und Direktor des Kompetenzzentrums Tourismus und Mobilität, Thomas Bausch. Die Studie wird voraussichtlich im Herbst fertiggestellt.
 
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Die Ergebnisse der Studie: Rund 7 Prozent der deutschen und italienischen Gäste reisen derzeit mit der Bahn an. (Foto: Ismaele Pianciola / salto.bz / Uni Bozen)
 
Im Beisein von IDM-Präsident Hansi Pichler, HGV-Bezirksobmann des Eisacktales, Helmut Tauber und Direktor des Ressorts Infrastruktur und Mobilität, Martin Vallazza, erklärt Mobilitätslandesrat Daniel Alfreider (SVP) den Hintergrund der Studie: Im Rahmen des Mobilitätsplanes soll vor allem der Individualverkehr, der allein für rund 80 Prozent der Verkehrsauslastung auf der Brennerachse verantwortlich ist, um ein Viertel reduziert werden. “Weniger Autos und mehr Lebensqualität in den Dörfern und Städten – das ist unser deklariertes Ziel”, sagt Alfreider. Südtirol soll eine Modellregion für nachhaltige alpine Mobilität werden.
 
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Daniel Alfreider: “In die regionalen Infrastrukturen ist in den letzten 40 Jahren nichts investiert worden.” (Foto: LPA / Patrick Thaler)
 
Das Land stehe nun vor der Herausforderung, die Infrastruktur des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in Schuss zu bringen, nachdem sie in den letzten Jahrzehnten vernachlässigt worden sei. “In die regionalen Infrastrukturen ist in den letzten 40 Jahren nichts investiert worden”, so der Landesrat. Das treffe nicht nur auf Südtirol zu, sondern auch auf andere Regionen Italiens, Deutschlands und Österreichs. Anstatt auszubauen, wurde der ÖPNV teilweise sogar zurückgebaut, etwa die Bahnen von Überetsch, Gröden oder Hall in Tirol. Deshalb setzt Alfreider auf die Verbesserung der Regionalbahnen, etwa die anstehenden Arbeiten an der Riggertalschleife und dem Virgeltunnel, sowie die Elektrifizierung der Vinschger Bahn. Insgesamt sollen in den nächsten Jahren Hunderte Millionen Euro aus dem EU-Topf über Rom in die Südtiroler Verkehrsinfrastruktur fließen. “Es ist hier wichtig, mit Rom zusammenzuarbeiten”, erklärt Alfreider.
Neben der Senkung des Individualverkehrs der ansässigen Bevölkerung wird auch die Anreise der Südtiroler Gäste in den Blick genommen: Derzeit reisen mehr als drei Viertel der Gäste mit dem Privatwagen an.
 

Klimafreundliche Anreise

 
Wenn es darum gehe, Urlaubsgäste von der Anreise mit dem Zug zu überzeugen, brauche es gute Anschlussmöglichkeiten an die Bahnstationen. Das sei allerdings in vielen Gebieten Südtirols noch nicht der Fall. “Wenn es keine Staus gibt, ist man mitunter mit dem Auto sicherlich doppelt so schnell”, erklärt Studienleiter Bausch von der Uni Bozen.
Deshalb fordert HGV-Vertreter Tauber, dass vor allem die sogenannte letzte Meile zur Unterkunft mit dem ÖPNV verbessert werden muss. Derzeit bieten bereits einige Gastbetriebe Shuttledienste an, um ihre Gäste vom Zugbahnhof zur Unterkunft zu bringen, und sie verbinden verschiedene Benefits mit der klimafreundlichen Anreise.
 
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Helmut Tauber: “Gäste haben oft Fragen zu Zugverbindungen, Abfahrzeiten oder erkundigen sich, zu welchen Zeiten welche Haltestellen genutzt werden können.” (Foto: LPA / Patrick Thaler)
 
Des Weiteren sei laut dem Tourismusvertreter, die bessere Verbindung zwischen Nord und Süd in Südtirol auszubauen sowie die Attraktivität und Zugänglichkeit des ÖPNV-Angebots für Gäste zu verbessern. Hier kommt es wohl auf die Digitalisierung der Angebote an, die möglichen Verbindungen – im Ideallfall bis zum Hotel – sollen für jede*n per Smartphone zugänglich sein.
Die Umfrage unter den Urlaubsgästen ergab, dass in Deutschland bereits ein Viertel der Reisenden bereit wäre, für die Anreise vom Auto auf den Zug umzusteigen. Bei den befragten Italiener*innen ist rund ein Fünftel der Befragten bereit, mit dem Zug zu fahren. Knapp 11 Prozent haben bei ihrer letzten Reise konkret darüber nachgedacht, mit dem Zug anzureisen.
 
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Thomas Bausch: “Nachfrage und Kapazität sind im öffentlichen Personenverkehr ein wichtiger Faktor.” (Foto: LPA / Patrick Thaler)
 
“Nachfrage und Kapazität sind im öffentlichen Personenverkehr ein wichtiger Faktor. Viele Gäste stehen der Anreise mit der Bahn insgesamt positiv gegenüber: So liegt die Akzeptanz der Nachfrage für Bahnanreise insgesamt bei 40 Prozent, sollten die Zugverbindungen potenziert werden. Durch die Potenzierung des Angebotes und zusätzlichen Zugverbindungen können die 40 Prozent der Gäste, die bereit wären mit dem Zug anzureisen, gut aufgefangen werden”, sagt Bausch.
Ebenfalls auf die Bahn setzt der Wirtschaftsdienstleister IDM mit Kooperationen für Angebote für Bahnreisende, beispielsweise mit den Deutschen Bundesbahnen und den Österreichischen Bundesbahnen, Trenitalia (Christkindlmarkt-Angebot) und Train 4 you (Nachtzug Urlaubsexpress). “Tourismus ist nur zukunftsfähig, wenn er nachhaltig ist. Daher arbeiten wir bei IDM gemeinsam mit vielen Partnern an effizienten nachhaltigen Konzepten. Ein wichtiger Hebel, an dem wir ansetzen können, ist die nachhaltige Mobilität, und die beginnt bereits bei der Anreise”, sagt IDM-Präsident Pichler.
Die Studie der Uni Bozen wurde in Zusammenarbeit mit der von dem Mobiltätsressort eingesetzten Arbeitsgruppe “Erreichbarkeit” durchgeführt. Teil der Arbeitsgruppe sind Vertretungen verschiedener Institutionen wie dem Hoteliers- und Gastwirteverband HGV und dem Wirtschaftsdienstleister IDM. “Mobilität bedeutet Vielfalt: Insofern gibt es nicht die eine Lösung für nachhaltige Erreichbarkeit, sondern eine Lösung, die sich aus vielen Bausteinen zusammensetzt, von denen die Arbeitsgruppe künftig kontinuierlich weitere hinzufügt”, so Ressortdirektor Vallazza.