Umwelt | Extremwetter

Südtirols Landeszivilschutzplan

Ein digitales Nachschlagewerk für den Notfall: Das soll der heute vorgestellte Landeszivilschutzplan werden, um Naturereignisse wie Hochwasser zu bewältigen.
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Foto: LPA / Maja Clara
Heute (6. September) hat der zuständige Landesrat Arnold Schuler den von der Landesregierung genehmigten Landeszivilschutzplan in der Agentur für Bevölkerungsschutz in Bozen vorgestellt. Das 399 Seiten dicke Dokument wurde in Zusammenarbeit mit verschiedenen Interessensgruppen in den vergangenen Jahren erarbeitet.
 
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Arnold Schuler: „Vor allem geht es um den Schutz des Lebens von Menschen sowie ihres Hab und Guts, um den Schutz von Tieren und Umwelt, von Siedlungen und Produktionstätigkeiten.“ (Foto: LPA / Maja Clara)
 
Aufgrund der steigenden Häufigkeit von Extremwetter-Ereignissen durch den Klimawandel sei es wichtig, ein Instrument für das Risikomanagment und den Katastrophenschutz bei der Hand zu haben. Ein großes Risiko stelle in unserer Provinz das Hochwasser dar. „Ereignisse wie die in der Emilia-Romagna zeigen, mit welcher Niederschlagsmenge man rechnen muss“, so Schuler.
Wie der Direktor der Agentur für Bevölkerungsschutz Klaus Unterweger bei einem Treffen mit den Bürgermeister*innen und dem Landesverband der Freiwilligen Feuerwehren im August hinwies, geht laut Untersuchungen die mit Abstand größte Gefahr für das Land Südtirol vom Hochwasser aus.
 

Risikomanagement

 
Ziel des Landeszivilschutzplanes ist es, auf Landesebene Ereignisse zu bewältigen, die durch Menschen oder die Natur verursacht werden. Die Ereignisbewältigung ist Teil eines integralen Risikomanagements: Neben Vorhersage und kurzfristiger Vorbereitung umfasst dieses alle Maßnahmen zur Bewältigung einer Krisensituation. Dazu zählen eine transparente Definition der Zuständigkeiten, ein effizientes Informationsmanagement, die Koordinierung von Rettungs- und Hilfsmaßnahmen für die betroffene Bevölkerung, die Wiederinstandsetzung öffentlicher Bauten und Infrastrukturen sowie die Förderung des Wiederaufbaus von beschädigtem und zerstörtem Privateigentum.
Zu den Inhalten des Landeszivilschutzplans gehören die Sicherstellung einer effizienten Warnung, um die Vorbereitung auf das zu erwartende Ereignis zu ermöglichen, und die Gewährleistung eines wirksamen und zuverlässigen Alarmierungs- und Kommunikationssystems beziehungsweise der Ereignisbewältigung. „Vor allem geht es um den Schutz des Lebens von Menschen sowie ihres Hab und Guts, um den Schutz von Tieren und Umwelt, von Siedlungen und Produktionstätigkeiten.“  
 
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Matteo Vischi: „Der Landeszivilschutzplan ist dynamisch und wird ständig mit neuen Informationen aktualisiert werden.“ (Foto: LPA / Maja Clara)
 
Wichtig ist auch eine Analyse der Schadensfolgen und eine schnellstmögliche Wiederherstellung der Normalität. „Außerdem soll die Resilienz gefördert werden“, sagt Schuler. Es sei wichtig, die Bürger*innen über eventuell eintretende Extremereignisse aufzuklären und sie dazu zu motivieren, selbst Verantwortung für Eigenschutz und Widerstandsfähigkeit zu übernehmen. Denn nur wer gut vorbereitet ist, entwickelt die Fähigkeit der Resilienz, kann in einer Krisensituation in geeigneter Weise auf Bedrohungen reagieren und leidet nicht unter einer Unterbrechung der externen Versorgung.
Bei der Bewältigung von Krisensituationen ist das Zivilschutzkomittee auf Landes- und Gemeindeebene in Einsatz. Dabei koordiniert das Warnlagezentrum die Einsätze für Rettungs- und Hilfsmaßnahmen. „Südtirol hat hier den großen Vorteil, bei den Rettungskräften auf viele Freiwillige zählen zu können. Auch die Zusammenarbeit mit Unternehmen funktioniert bei Einsätzen hervorragend und es wird von ihnen schweres Gerät wie Bagger bereitgestellt“, sagt Schuler.
Wie die verheerenden Hagelschläge in Friaul in der Nähe von Udine zeigen würden, sei darüber hinaus die Versicherung im Schadensfall durch Naturereignisse ein Thema, mit dem sich die Agentur für Bevölkerungsschutz in Zukunft beschäftigen werden müsse. „Die Bevölkerung ist bei dieser Art von Schaden nur teilweise mit Versicherungen abgedeckt, wie ich bei meinem Besuch unserer Einsatzkräfte vor Ort erfahren habe“, so Schuler.
Für die Bürger*innen dienen die Wettervorhersage und der Warnlagebericht dazu, sich rechtzeitig zu informieren. Um die Prognosen zu verbessern, arbeitet Südtirol gemeinsam mit Trient derzeit an einem neuen Niederschlagsradar am Gantkofel. Ein weiteres Radarsystem ist im Osten des Landes gemeinsam mit Tirol geplant.
 

Zusammenarbeit mit Gemeinden

 
Als Grundlage zur Vorbeugung von Naturkatastrophen dienen zum einen die Verbauungsmaßnahmen und zum anderen die Gefahrenzonen- und Zivilschutzpläne der Gemeinden, die nun digitalisiert und aktualisiert werden sollen. Für die Digitalisierung der Zivilschutzpläne werden die Gemeinden um Beiträge ansuchen können, kündigt der Landesrat an.
„Es nutzt, wenig einen Zivilschutzplan in gedruckter Form zur Verfügung zu haben, wenn er in irgendeiner Schublade verstaubt und dann möglicherweise überholt ist, wenn ein bestimmter Notfall eintritt“, so Schuler. Das betont auch Matteo Vischi von der Agentur für Bevölkerungsschutz: „Der Landeszivilschutzplan ist dynamisch und wird ständig mit neuen Informationen aktualisiert werden. Er funktioniert wie ein Nachschlagewerk für den Zivilschutz. Denn ein Notfall wie ein Bergrutsch kann eine Kettenreaktion zur Folge haben, wie etwa ein Blackout in einem anderen Ort, weil eine Stromleitung betroffen ist. Dieser Aspekt ist wichtig zu betonen. Der Landeszivilschutzplan ist nicht nur ein 399 Seiten langes Dokument, sondern dahinter stecken Gigabites an Informationen.“
 
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Gefahrenzonenplanung: 79 der 116 Gemeinden haben am 9.11.2022 über einen gültigen Gefahrenzonenplan verfügt.(Foto: LPA)
 
Die Zusammenführung der Informationen von Zivilschutzplänen ermöglicht es der Agentur für Zivilschutz, im Notfall schnell auf die richtigen Informationen zuzugreifen, etwa wo sich Notunterkünfte, Sammelplätze oder Bereitstellungsräume in einer Gemeinde finden.  
Der Landeszivilschutzplan stützt sich auf ein System digitaler Informationen, die über IT-Plattformen, Datenbanken und territoriale Informationssysteme wie den Zivilschutzbrowser und das Multikanal-Kommunikationssystem Nowtice abgerufen werden können. Er basiert auf nationalen Notfallplänen und bildet die Grundlage für die Ausarbeitung anderer spezifischer Pläne für verschiedene Ereignisszenarien und die Gemeindezivilschutzpläne.