Gesellschaft | Schul-Debatte

„Ein junges Dorf mit vielen Kindern“

Wie geht eine Schule damit um, wenn alle Kinder einer anderen Sprachgruppe angehören? SVP-Gemeindereferentin Giovanna Summerer berichtet aus Franzensfeste.
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Foto: Caleb Oquendo / Pexels
Giovanna Summerer ist Gemeindereferentin (SVP) für die Schulen und Kindergärten in Franzensfeste. In den vergangenen Jahren stieg der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund in der Gemeinde. Heute haben alle Kinder, die in der deutschen Grundschule des Hauptortes Franzensfeste eingeschrieben sind, einen Migrationshintergrund. Einige Eltern deutscher Muttersprache, die in Franzenfeste leben, haben ihren Nachwuchs inzwischen in der deutschsprachigen Grundschule in der Fraktion Mittewald eingeschrieben.
 
 
salto.bz: Frau Summerer, wie hoch ist der Prozentsatz der Schüler*innen in Ihrer Gemeinde, die deutschsprachige Schulen besuchen, deren Muttersprache aber nicht Deutsch ist?
 
Giovanna Summerer: Die Gemeinde Franzensfeste ist ein Dorf mit 1.100 Einwohner*innen, von denen 38 Prozent einen Migrationshintergrund haben, sowohl aus EU- als auch aus Nicht-EU-Ländern. Es ist ein junges Dorf mit vielen Kindern. In der deutschen Grundschule sind 25 Kinder eingeschrieben und alle haben einen Migrationshintergrund.
Die Eltern ziehen es vor, ihre Kinder in der deutschen Schule anzumelden, auch wenn sie Italienisch für eine leichtere Sprache halten, weil sie es für ihre Zukunft für nützlicher erachten. Deutsch wird in der Tat nicht nur in Südtirol gesprochen, sondern auch in Österreich und Deutschland. Die deutsche Bildungsdirektion fördert seit Jahren ein Projekt, das sie aus eigenen Mitteln finanziert, um Deutschunterricht für die Mütter der Kinder anzubieten, damit die Kommunikation mit ihnen erleichtert wird.
Das Recht auf Bildung ist in der Verfassung verankert, also müssen Lösungen gefunden werden, vielleicht so wie in Franzensfeste, wo die Schulleitung mit eigenen Mitteln Deutschkurse für Mütter organisiert hat.
Welche Strategien verfolgt Franzensfeste, um eine gute Bildung für alle zu gewährleisten?
 
Im Dorf gibt es zwei Grundschulen in einem Gebäude, die italienische und die deutsche. Das sieht die Unterzeichnung eines Abkommens am 30. Mai 2022 zwischen der italienischen und der deutschen Bildungsdirektion mit dem Ziel vor, die Ressourcen durch die Schaffung gemeinsamer Ziele zu optimieren, um den interkulturellen Austausch und die Mehrsprachigkeit der italienischen, deutschen und englischen Sprache zu fördern. Die Kinder der beiden Schulen haben auch Kantinendienst zusammen, wobei sie einmal auf Italienisch und einmal auf Deutsch sprechen. Auch die Arbeitszeit des Kochs wird so optimiert und die Gemeinde spart sich Geld. Die Schulanfangs- und -endzeiten fallen zusammen, ebenso wie die Pausenzeiten. Es wurden Veranstaltungen organisiert, bei denen die beiden Schulen zusammenarbeiten, und für die Zukunft sind weitere geplant. Schließlich muss ich hinzufügen, dass sowohl das Lehrpersonal als auch die zuständige Leitung den Herausforderungen, die die neue gesellschaftliche Realität mit sich bringt, stets kooperativ, bereit und aufgeschlossen begegnen.
 
 
Wie beurteilen Sie die aktuelle Debatte über die deutschen Schulen in Südtirol? Welche Lösungen schlagen Sie für dieses Problem vor?
 
Es ist ein komplexes Problem: In den deutschen Schulen gibt es neben den italienischsprachigen Kindern auch Kinder mit Migrationshintergrund, wie zum Beispiel in Franzensfeste, und wenn deren Eltern keine oder nur unzureichende Deutschkenntnisse haben, was ist dann zu tun? Das Recht auf Bildung ist in der Verfassung verankert, also müssen Lösungen gefunden werden, vielleicht so wie in Franzensfeste, wo die Schulleitung mit eigenen Mitteln Deutschkurse für Mütter organisiert hat.