Kultur | Drususkaserne

Biedere Häuser für biedere Bewohner

Der vermeintliche Kompromiss-Beschluss der Landesregierung zum Areal der Drususkaserne in Schlanders ist ein Feigenblatt, das gute Initiativen und Ideen verdeckt. Schade.
Foto
Foto: SALTO
  • „Ich kann mir schon vorstellen, wie das da oben aussehen wird, wenn die Spekulanten zuschlagen: die immer gleichen ausladenden Balkone, die mit Vollwärmeschutz versehenen Kondominien, dazwischen ein bisschen nettes Grün, eine Musealisierung eines Stückes der Mauer und der Wachtürme, die zu Weihnachten dann mit Weihnachtsbeleuchtung dekoriert werden, weil sie aus dem großen Zusammenhang herausgerissen wurden – biedere Häuser für biedere Bewohner, die sich beim ersten Konzert der BASIS wegen des Lärms aufregen.“ Mit einer feinen Prise Sarkasmus kommentiert der international bekannte Architekt Walter Angonese den vor kurzem gefällten Beschluss der Landesregierung zum Kasernenareal in Schlanders. 
     

    Solche solide Gebäude einfach abzureisen, ist nicht mehr zeitgemäß, im Gegenteil.


    In der Tat ist die gefällte Entscheidung weder Fisch noch Fleisch, so nachhaltig wie die "ermogelte" Santnerpasshütte und letzten Endes ein Eingeständnis, dass in Südtirol nicht die bessere und nachhaltigere Idee zählt, sondern (wie immer) das „richtige“ Parteibuch. 

  • Vor Tagesanbruch: Nachvollziehbare oder fragwürdige Vorgehensweise? Foto: salto.music / Privat

    Angefangen hatte ja alles mit einer regelrechten Provinzposse, die ihresgleichen sucht. Ein Beamter und seine Gefährtin erachten einvernehmlich Teile des Kasernenareals der Dursuskaserne in Schlanders als zu gefährlich. Ihre schwammige Expertise kommt dem Tatbestand entgegen, dass bereits existierende Baupläne für ein (nicht unbedingt zeitgemäßes) Immobilienprojekt in der Schublade der Gemeinde liegen, welche auf Umsetzung harren. Teile der Lokal-Bevölkerung zeigen sich vom Vorhaben der Gemeinde durchaus angetan, doch ist es mehr als verwunderlich, mit welchen Methoden Bürgermeister, Dorfpolizei und Baggerschaufeln in den frühen Morgenstunden des 5. Oktober 2022 vorgegangen waren. 
     

    Doch wer sich die Entscheidung der Landesregierung genau ansieht, erkennt eine Fortsetzung der Schlanderser Dorfposse auf Landesebene...

  • Etwas unsicher (aber mit gewohnt smartem Lächeln) verkündete Landeshauptmann Arno Kompatscher vor wenigen Tagen, den von der Landesregierung gefassten Beschluss zur Drususkaserne. In erhabener Art und Weise sprach er über „Denkmalschutz“ und „Empfehlungen“. Doch wer sich die Entscheidung der Landesregierung genau ansieht, erkennt eine Fortsetzung der Schlanderser Dorfposse auf Landesebene und letztendlich eine schallende Ohrfeige Richtung Denkmalamt, Bauforscher*innen, dem Vorzeigeprojekt BASIS, der Initiativgruppe Drususkaserne, sowie den vielen Expertinnen und Experten, die sich wissenschaftlich und auf hohem Niveau mit der Nutzung und Entwicklung des Areals beschäftigten. 
    Vielleicht könnte ein möglicher Wermutstropfen für die Entscheidung auf Landesebene auch folgender gewesen sein: die (kleine) BASIS Vinschgau Venosta ist mit weitaus geringeren Mitteln international bekannter und besser vernetzt, als etwa der großspurige NOI-Techpark, der wie ein schwerfälliger Dampfer in der Industriezone Bozens vor sich hin döst. Schön ist er, aber Innovation sieht anders aus. 
     

    Normalerweise wird eine Bauparzelle geschützt und nicht nur ein Bauteil.


    Man wolle „der historischen Bedeutung des Areals gerecht werden“, meinte Kompatscher, und eben „Teile spezifisch“ erhalten. Aber gleichzeitig wolle man „dem Wunsch Rechnung tragen“, zumal es ja „bereits Entwicklungs-Projekte“ gäbe, die bereits „lange Genehmigungsverfahren durchlaufen“ mussten. Eine salomonische Lösung? Nicht wirklich. „Dass hier Teile eines Gesamtensembles unter Schutz gestellt werden, ist leider eine starke Kompromisslösung“, meint ein sichtlich überraschter Walter Angonese, zu dieser politischen Provinzposse ersten Ranges und gibt sich verwundert, von der partiellen Unterschutzstellung der Marmorfassade und nicht des gesamten Kommandogebäudes. „Das scheint mir komisch“, sagt er, „normalerweise wird eine Bauparzelle geschützt und nicht nur ein Bauteil.“ Als „Feigenblattaktion“ kommentiert er außerdem den Tatbestand, wenn lediglich „Teile der Mauer“, sowie „die Wachtürme unter Schutz gestellt werden“, weshalb aber „nicht die beiden Kasernenflügel, die den Exerzierplatz rahmen?“ Er sehe in diesen nämlich große Potentiale „für ein zeitgenössisches Wohnquartier, dass aus einem Bestand heraus entstehen könnte. Solche solide Gebäude einfach abzureisen, ist nicht mehr zeitgemäß, im Gegenteil.“ 
    Dieser Kompromiss unterstreiche „den Willen der Gemeinde, das Immobilienprojekt - mittels Totalabbruch des Gebäudebestands - und die damit verbundene Privatisierung des Areals, weiterhin zu verfolgen und voranzutreiben“, befürchten auch Gabriel Prenner, Gerda Platzgummer, Claudia Aimar und Daniel Costa in Vertretung weiterer Mitglieder der Initiativgruppe Drususkasernen in einer Stellungnahme.

  • Zankapfel Drususkaserne: Warum erkennt die Politik das Potential dieses Areals nicht? Foto: salto.music / Privat

    „Wenn ich dann politisch verwendete Begriffe wie Klimaland Südtirol höre, Klimaplan, Nachhaltigkeit etc., dann muss ich nur mehr den Kopf schütteln“, meint weiter Angonese, „denn genau hier könnte ein weit über Südtirol Aufmerksamkeit erweckendes Beispiel entstehen, das ein zeitgemäßes Wohnen, aber auch eine zeitgemäße gesellschaftspolitische Haltung zum Ausdruck bringen könnte.“  
    Was der Gemeinde Schlanders und dem Land in der heiklen Sache in die Hände spielte, ist eine Sonderregelung in Südtirol bzgl. Denkmalpflege, die es der Politik erlaubt, Erkenntnisse von Fachbehörden nahezu unbeachtet links (oder rechts) liegen zu lassen. Dieses selbstherrliche Relikt aus Durnwalder-Zeiten wird anhand des gefassten Beschlusses mehr als augenscheinlich. Die Bauforschung erachtete nämlich das ganze Areal als schützenswert. 

  • Weiterhin unangetastet von dem jüngst gefassten Beschluss bleibe „die Klärung der Verantwortlichkeiten für die Kosten durch die Abrissmaßnahmen in der Nacht vom 5. Oktober 2022“ heißt es außerdem in der Presseaussendung der Initiativgruppe Drususkaserne. Der Rechnungshof sammle dazu aktuell Dokumente und prüfe sie bezüglich der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens. Des Weiteren gelte „immer noch der Abbruchstopp seitens des Amts für Abfallwirtschaft.“  
     

    Hier könnte ein neuer, zeitgenössischer Ort entstehen.


    Vertane Chance? „Man könnte hier wirklich tollen Wohnbau schaffen“, ist Angonese überzeugt, „mit zeitgenössischen Verdichtungskonzepten, neuem zeitgenössischen und innovativen Wohnraum, generationsübergreifenden Einheiten, durchmischt mit anderen kompatiblen Nutzungen, die in den klassischen Wohnsiedlungen auf Grund ihrer heute vollkommen retardierten Zonierung nicht möglich wären. Hier könnte ein neuer, zeitgenössischer Ort entstehen.“ 

Bild
Profil für Benutzer Factum Est
Factum Est Do., 07.12.2023 - 16:26

Ich muss Immer an den Bürgermeister denken. Seine Frau ist Rechtsanwältin im Büro ihres Schwiegervaters Herrn Ragionevole Dr. Armin Pinggera. Einzig Herr Dieter Pinggera hat bisher keinen vollen Abschluss hinbekommen. Da diese laufende Legislatur seine Letzte als Bürgermeister ist , komme ich nicht umhin mir zu denken dass Erwähnter mit dem Abriss und deren Neuplanung sein weiteres Berufsleben starten will. Starten in dem Sinn dass Er mit anderen Bekannten Vinschger Maklergrössen in Verbindung treten will.
Ein weiteres Stummschalten einer anderen Person welche in Schlanders wohnhaft ist, ist ein pensionierter General welcher ab den 80iger Jahren in der Kaserne Dienst machte und in den 90iger Jahren für einige Jahre sogar Kommandant der Druso war. Wieso kommt von Ihm kein Kommentar hinsichtlich dem Erhalt der Gebäude?

Do., 07.12.2023 - 16:26 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Günther Mayr
Günther Mayr Do., 07.12.2023 - 16:51

Was mischen sich immer alle möglichen Leute in anderen Angelegenheiten ein und meinen ihr Weihwasser müsste das bessere sein?
Hier wird wohl wiedermal eine Spielwiese herbeigesehnt.
Man wußte es schon immer: Man gibt den kleinen Finger und eh du dich versiehst - ist auch die Hand weg.
Ist die basis und die Finanzierung derselben nicht schon eine großartige Leistung der Gemeinde.
Respekt sollte auch in die andere Richtung möglich sein!

Do., 07.12.2023 - 16:51 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Günther Mayr
Günther Mayr Fr., 08.12.2023 - 09:14

Antwort auf von Factum Est

Nachdem ich beim partizipativen Prozess zur Entscheidungsfindung der Gemeinde Anteil haben durfte, respektiere ich die Entscheidungen der Gemeinde und fordere daß sie die demokratisch getroffenen Beschlüsse umsetzt - sind auch meine Steuergelder.
Im Nachhinein eine Unterschutzstellung auferlegen kommt einer Enteignung gleich - wenn man es vorher nicht weiß braucht man sich nicht wundern wenn die Expertise angezweifelt wird. Eine Frechheit und ein Affront an die Bevölkerung des ganzen Bezirkes!
Und überhaupt: was ist "technisch" an dem Kulturgut?
Auf diesem Gelände wehte Jahrzehnte lang ein schikanöser Wind - für die Alpini und die Muli!
Ich trauere keiner Kaserne nach, in der ich gewesen bin.
Jene welche jetzt auf dem Misthaufen herumscharren - wo waren die damals, als das Areal an die Gemeinde übergegangen ist?
Was verstehen sie von Demokratie - Reden von Demokratie und betreiben Meinungsdiktatur?

Fr., 08.12.2023 - 09:14 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Factum Est
Factum Est Fr., 08.12.2023 - 13:40

Antwort auf von Günther Mayr

Du trauerst keiner Kaserne nach? Ich auch nicht. Im übrigen war in der Druso die Artiglierie stationiert wofür auch die Muli gebraucht wurden. Alles nachzu verfolgen in der ehemaligen Scuderia im Nord-West Eck der Kaserne und Immer noch im Besitz des Staates.

Fr., 08.12.2023 - 13:40 Permalink
Bild
Salto User
Günther Alois … Fr., 08.12.2023 - 08:55

FACTUM EST,ich glaube da warten schon Immobiliengeier um ein Millionengeschäft zu machen.Wir wissen ,wer die sind!!!! Der momentane Bürgermeister und der" Sekretär" sehen POTENZIAL oder nicht??? meine " Herren" ????

Fr., 08.12.2023 - 08:55 Permalink
Bild
Salto User
nobody Fr., 08.12.2023 - 20:15

Ist an die Gemeinde übergegangen ohne Auflagen seitens des Amtes für Denkmalschutz. Sehe ich das richtig? Abgesehen davon, dass ich keine Kaserne der Welt schützenswert finde.

Fr., 08.12.2023 - 20:15 Permalink