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Politik | Bauern - Klimakleber

Ungleiche Demonstrationen

Gibt es Unterschiede bei der Rezeption von Verkehrsbehinderungen?
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Klimakleber vs. Traktoren
Foto: Tagesschau + WDR
  • UNGLEICHE DEMONSTRATIONEN

    Da haben wir also Demonstrationen erlebt. Recht viele und recht unterschiedliche.

    Zunächst waren es die Klimakleber, die die Straßen blockiert haben. Mit einem hehren, selbstlosen Anliegen: Der Autoverkehr verbraucht zu viel fossile Kraftstoffe und trägt massiv zur Luftverschmutzung und Klimaveränderung bei. Also müsste er vermindert werden, und auch verteuert; in jedem Falle aber sollten Autos ein geringer werdender Teil des Mobilitätsmix werden. Diese Klimakleber erzürnten die blockierten Autofahrer aber dermaßen, dass diese gewalttätig wurden und versuchten, die Demonstranten von der Straße zu reißen bzw. zu tragen oder zu keilen. Sehr viele Videos von gewalttätigen Autofahrern machten die Runde durch die Medien.

    Und dann kamen die Bauerndemonstrationen: Sie richteten sich gegen eine Dieselverbilligung, also war ihr Ziel dem der Klimakleber entgegengesetzt: Kraftstoff soll weiter verbilligt werden, damit man – letztlich – mehr davon verbrauchen kann. Denn teurer Kraftstoff würde ja implizit zum Einsparen desselben zwingen. Aber die Bauern gingen nicht zu Fuß und wehrlos auf die Straße! Nein, sie kamen mit ihren PS-Monstern und riesigen Traktoren und zeigten der Welt, wer sie sind bzw. wer sie sein können! Und da stieg kein Autofahrer aus, um Gewalt anzuwenden, angesichts der 400 PS starken und bis zu 10 Tonnen schweren Traktoren! Ein falsches Wort – und der Trecker macht den tiefergelegten Golf platt! Wow! Was für eine Machtdemonstration!

    Und so setzt sich die Ungleichheit weiter fort: Wer stark auftritt, dem ist die Sympathie aller sicher! Denn wer wäre nicht auch selbst für billigeren Sprit? Und weit mehr als die Hälfte der blockierten Autos hat einen Mann hinterm Steuer, der insgeheim auch diese großen Spielzeuge bewundert, vielleicht selbst gern dort oben sitzen würde.

    Aber wer klein und wehrlos auftritt, unter Einsatz seines verletzlichen Körpers, den kann man hinwegfegen und ihn aller möglichen Schandtaten beschuldigen: Wirtschaftsschädigung, Todesfälle durch hängen gebliebene Rettungsfahrzeuge, linksgrünversiffte Demokratieunfähigkeit usw. usf..

    P.S. Ich bin selbst Bauer und bekomme pro Jahr ca. 700 € Dieselbegünstigung. Das sind etwa 0,3% meiner Gesamtkosten im Betrieb. Und ca. so viel, wie in Österreich die Pendlerpauschale zwischen 20 und 40 km täglicher Strecke ausmacht.

    (Bilder: Tagesschau und WDR)