Politik | Klimaplan

Ein fast unerreichbares Ziel

Bis 2040 klimaneutral werden – daran will Arno Kompatscher festhalten, auch Peter Brunner zeigt sich motiviert. Klimabürgerrat und Stakeholder sollen Vorschläge liefern.
Arno Kompatscher
Foto: LPA/Fabio Brucculeri
  • Heute (25. Jänner) hat die Provinz im Palais Widmann den Klimabürgerrat und das Stakeholder Forum Klima vorgestellt. Die beiden Beteiligungsformate – da sind sich Landeshauptmann Arno Kompatscher, der designierte Umweltlandesrat Peter Brunner und KlimaHaus-Direktor Ulrich Santa einig – sollen die gewählten Politikerinnen und Politiker darin unterstützten, Südtirol in 16 Jahren klimaneutral zu machen, wie es der letzte Jahr vorgestellte Klimaplan des Landes vorsieht. 

  • Klimaplan

    „Bis 2040 klimaneutral zu werden, scheint aus heutiger Sicht kaum erreichbar, seien wir ehrlich“, gibt Kompatscher in seinen Grußworten zu. Auf europäischer Ebene seien die Prioritäten durch geopolitische Konflikte in der Ukraine und in Isreal nun andere. „Wir bleiben überzeugt, dieses ehrgeizige Ziel erreichen zu wollen.“ Dafür brauche es nun die Expertise der Südtiroler Bevölkerung und Wirtschaft – Stichwort Beteiligungsformate. 

    „Wir müssen die Menschen mitnehmen, das ist das Wichtigste.“ 

  • Peter Brunner: „Umweltschutz ist ein Querschnittsthema, dementsprechend betrifft es alle.“ Foto: Seehauserfoto

    Im Gespräch mit SALTO betont Brunner, entgegen der Befürchtungen des Dachverbands für Natur- und Umweltschutz, sein Ressort für Natur- und Klimaschutz als Nachfolger von Giuliano Vettorato ernst zu nehmen: „Umweltschutz ist ein Querschnittsthema, dementsprechend betrifft es alle. Wir kennen die Extremereignisse durch den Klimawandel, die Beteiligungsformate sind deshalb ein weiterer wichtiger Baustein in die richtige Richtung. Wir müssen die Menschen mitnehmen, das ist das Wichtigste und das wird auch Teil meiner Aufgabe sein.“ 

  • Es freue ihn, dass er diesen Zuständigkeitsbereich erhalten hat. Auch wenn es Kritik an seiner Besetzung als Umweltlandesrat gebe, habe er als Bürgermeister der Bischofsstadt nicht nur „als Betonierer“ gewirkt, sondern es seien in Brixen viele Maßnahmen für ökologische Nachhaltigkeit umgesetzt worden. „Ob im Bereich Energieeffizienz, LED-Beleuchtung, Sanierung, Photovoltaik, öffentlicher Nahverkehr oder Fahrradmobilität – wir sind inzwischen Klimagemeinde geworden und haben für unser Engagement in Klimaschutz und Umwelt im Jahr 2018 den Titel ‚Alpenstadt‘ erhalten.“ 

  • Partizipation

    Wie wichtig die Einbeziehung der Bevölkerung ist, zeige das Beispiel des Wärmegesetzes in Deutschland, betont Kompatscher bei der Vorstellung im Palais Widmann: „Rein wissenschaftlich zweifelt niemand daran, dass es Sinn macht, Wärmesysteme mit Wärmepumpen auszustatten, auch diejenigen nicht, die das heftigst kritisieren. Sie haben aber das ‚Wie‘ in Frage gestellt. Es ist inzwischen europaweit bekannt, dass es nicht gut funktioniert hat. Es hat mehr Widerstände als Begeisterung geweckt, obwohl es eigentlich einen Mehrwert für die Betroffenen hätte darstellen sollen, man kann auch Geld sparen damit“, so Kompatscher. 

    Ulrich Santa von der KlimaHaus-Agentur betont in seinen Grußworten, was den nun genau unter dieser Beteiligung von Stakeholdern und Bürgerinnen zu verstehen ist: „Klimabürgerrat und Stakeholder Forum ersetzen nicht die politischen Entscheidungsträger, aber sie unterstützen sie.“ Außerdem sollen die Beteiligungsformate zur Sensibilisierung der Bevölkerung beitragen, da die Mitglieder als Multiplikatoren wirken können.

    Konkret werden dort keine Mehrheitssentscheidungen getroffen, sondern es wird ein Konsens gesucht. „Aber auch Vorschläge, die keinen Konsens erhalten, werden an die Politik weitergegeben“, erklärt Klaudia Resch vom Prozessteam. Wissenschaftlich begleitet werden die Beteiligungsformate von einem wissenschaftlichen Beirat mit Expertinnen von Südtiroler Forschungseinrichtungen wie Eurac Research oder Freie Universität Bozen. 

  • Die Vorstellung der Beteiligungsformate: v.l. Ulrich Santa, Marc Zebisch, Klaudia Resch, Peter Lang, Emanuela Passerini, Federico Giudiceandrea, Ruth Heidingsfelder und Arno Kompatscher; Foto: LPA/Fabio Brucculeri
  • Die Arbeitsweise

    Der Klimabürgerrat besteht aus einer repräsentativen Gruppe von 50 Bürgerinnen und Bürgern, die vom Landesstatistikinstitut ASTAT mittels Stichprobenziehung ausgewählt wurden. Dabei wurden Variablen wie Geschlecht, Alter, Wohnbezirk, Bildungs- bzw. beruflicher Hintergrund und Sprache berücksichtigt. Dazu kommen sechs Jugendliche – jeweils drei junge Frauen und Männer -, die in Zusammenarbeit mit dem Jugendring ermittelt wurden. Der Bürgerrat wird die Maßnahmen des Klimaplans auf ihre Vollständigkeit überprüfen, sie gegebenenfalls ergänzen und konkrete Vorschläge für die Umsetzung entwickeln.

    „Es wird auch verbindliche Ziele brauchen.“

    Das Stakeholder Forum Klima hingegen bringt Organisationen und Interessenvertretungen, die eine Rolle auf dem Weg zur Klimaneutralität spielen, zusammen. 75 Mitglieder aus den Bereichen Gewerkschaften, Kultur, Soziales, Umwelt und Wirtschaft sind im Stakeholder Forum Klima vertreten. Die Arbeiten werden in fünf Fachgruppen stattfinden, die sich – wie der Klimabürgerrat – mit den Themen Mobilität, Wohnen, Energie, Konsum und Produktion, Ernährung und Landnutzung befassen.

    Klimabürgerrat und Stakeholder Forum Klima werden sich jeweils fünfmal in den nächsten Monaten treffen. Die Ergebnisse aus den beiden Beteiligungsformaten sollen im Sommer aufbereitet und im September dieses Jahres vorgestellt werden. 

  • Großes Interesse: Bei der Vorstellung der Beteiligungsformate waren viele Vertreter der Medien gekommen. Foto: LPA/Fabio Brucculeri
  • „Ich bin total gespannt“, sagt Marc Zebisch, Leiter des Zentrums für Klimawandel und Transformation an der Eurac, und Fachbeiratskoordinator. Einerseits gelte es, die Erkenntnisse der Wissenschaft zu vermitteln, andererseits sei es aber auch wichtig, die Erfahrungen und Einschätzungen der lokalen Bevölkerung zu verstehen. „Aus meiner Sicht ist der Südtiroler Klimaplan noch nicht fertig. Es wird auch verbindliche Ziele brauchen“, stellt Zebisch klar. 

    Ebenso der Präsident des Südtiroler Wirtschaftsrings Federico Giudiceandrea betont bei der Medienkonferenz, wie wichtig das gegenseitige Zuhören im Stakeholder Forum Klima sei. Ruth Heidingsfelder vom Dachverband für Natur- und Umweltschutz klingt da schon ungeduliger: „Wir erwarten uns, dass wir gehört werden. Denn wir haben schon sehr lange zugehört.“ 

     „Das Thema Klimaschutz braucht eine offene und öffentliche Diskussion und gehört in den Landtag.“

    Auch zwei Mitglieder des Klimabürgerrates kamen zu Wort, die ihre Motivation an der Teilnahme bekräftigen. „Ich betreibe eine Eni-Tankstelle in Bozen und bin daher in einem nicht sehr nachhaltigen Sektor tätig. Aber ich bin froh, dass Eni nun nicht mehr nur in fossile Energieträger investiert und ich bin stolz darauf, bei dem Klimabürgerrat dabei zu sein“, erklärt Emanuela Passerini vom Klimabürgerrat. 

    Die Grünen fordern indessen in einem Beschlussantrag, dass die Mitglieder des Klimabürgerrats auch in den Landtag eingeladen werden, um die eigenen Vorschläge vorzustellen. „Das Thema Klimaschutz braucht eine offene und öffentliche Diskussion und gehört in den Landtag. Es gibt keinen sachlichen Grund für die Geheimniskrämerei der Landesregierung“, erklären die Grünen Landtagsabgeordneten Madeleine Rohrer, Zeno Oberkofler und Brigitte Foppa