Gesellschaft | Salto Community

Die sprachlichen Leiden des jungen Saltobloggers – ein Hilferuf

Und schon in der Überschrift, die doch nur ein harmlos seichter Brückenschlag zwischen altehrwürdiger Literatur und moderner, medialer Wirklichkeit sein sollte, habe ich alles falschgemacht: Geschlechterneutralität? Vermischte Sprachen? Brand-Kennzeichnung? Altersrassismus?

Die sprachlichen Leiden der/s jungen „Salto“-Bloggerin/Bloggers

 So würde es vielleicht erwartet werden, aber es gilt bei uns auch die interethische Netiquette zu berücksichtigen. Also lieber

 I dolori del/la giovane „Salto“-a(u)tore/-a(u)trice

gleich mit drunter setzen. Nur dumm, dass mich der Humor dazu trieb, das „u“ in Klammern zu setzen. Lieber ein ;-) mit hinein, natürlich für beide Geschlechter. Und auch noch ein :-) Smiley hinterher, um ja klarzustellen, dass ich mich keinesfalls verkürzt der Italienischen Sprache zwecks Pointe belustigen möchte. Und ist „Salto“ eigentlich ein Trademark?

 I dolori del/la giovane „Salto(TM)“-a(u;-))tore/-a(u;-))trice:-)

Nein, dass ich kein Perl-Programmkode, sondern wohl „Salto“-Sprache. Den Druck, das auch noch ins Ladinische bzw. in ein Ladinisch zu übersetzen, habe ich zum Glück bisher noch nicht verspürt, und dennoch schäme ich mich schon vorauseilend , dazu nicht ansatzweise in der Lage zu sein.

Und dann noch „jungen“? Kommt mir jetzt nicht so! Sonnen wir uns doch alle hier auf salto.bz in einer gewissen Jugendlichkeit, frühlingshafter Aufbruchsstimmung oder so. Und wer sich jetzt noch ausgeschlossen fühlt, dem spreche ich hiermit pauschal mentale Jungendlichkeit zu, diesen Text überhaupt bis hierher gelesen zu haben. Und ich wünsche mir noch viel mehr Beiträge hier von euch älteren Semestern! Ein paar gute haben wir ja schon. Respekt!

Politisch korrekt und den Damen gerecht

Bevor ich loslegen kann, tief Luft holen, Benno. Welche Empfindlichkeiten könnte ich möglicherweise verletzen? Fühlen sich die Damen der Community mit so einem Beitrag unterstützt oder verarscht? (Also ein kleiner Nebensatz-Disclaimer in Klammern: natürlich ist ersteres meine herzlichste Absicht! „nix Ironie“, wie man sich in anderen Foren wohl ausdrücken würde.) Politisch und sexistisch korrekt will man sich eben im Internet verewigen. Da sollte man Leitfäden wie Kurz und Bündig oder Geschlechtergerecht stets zur Hand haben, bevor man einen Kommentar schnell einmal „posted“.

 Ich hatte mich teilweise wirklich bemüht, den Leser/inne/n möglichst viele Vorwärtsquerstriche (zu Deutsch: „Slashs“) in die Sätze zu einzubauen. Ob sie mir das danken? Vor knapp einem Viertel Jahrhundert fand ich es einfach genial, dass StudentInnen mit dem großgeschriebenen Binnen-I so schön provokant die deutschsprachige Welt aufmischten. Superkreativ war das. Erfunden angeblich von einer Berliner Tageszeitung (und man munkelt, es wäre ein Mann gewesen – wieder keine Quellenangabe), hat sich das Binnen-I aber meines Empfindens nach auch schon in der Provokation erschöpft. Als Dauerlösung kann das doch nicht ernsthaft gemeint sein, oder Mädels? Einmal dessen überdrüssig wird es noch zum „großen I der Idiotie“ (Zitat H.M.Broder ) und soweit wollen wir es doch nicht kommen lassen.

 Der Sprache gerecht!

Während sich bemühte Gesetzgebung zu Absurditäten wie „die Studierenden“ oder „die zu Fuß Gehenden“ (siehe jüngste Neuerungen zur Bundesdeutschen StVO) verpflichtet fühlt, schicke ich jetzt diesen Hilferuf an  die „Salto“-Lesenden: so kann es nicht weitergehen. Alle sind zufrieden, nur unsere liebe Sprache haben wir vergewaltigt. Die, die Zunge und die Feder total verknotet Habenden meinen: irgendwann muss Punkt sein!

Gerne würde ich konstruktiv werden, um nach 25 Jahren Binnen-I (also etwa dem Zeitraum der letzten Rechtschreibreform) endlich eine praktizierbare Schreib- und(!) Sprech-Regelung für wenigstens diesen einen Punkt zu finden, würde mir als Mann aber Kritik wegen archaischer Bevormundung des weiblichen Geschlechts einhandeln, oder mich eben durch Niederschrift dieses Satzes als sexistisch verdächtig einordnen lassen müssen. Da lasse ich lieber die Finger davon. Too hot, sorry!

So bleibt der fromme Wunsch, dass die Damen dieser Erde sich endlich dieser Jahrhundertbaustelle annehmen und noch vor Fertigstellung des BBTs eine vernünftig kreative, alle zufriedenstellende Lösung anbieten und durchsetzen. (textet mich jetzt bitte nicht über Frauenquoten beim Duden-Verlag zu.)

Das wäre ein erfreulicher Beitrag unserer besseren Bürgerhälfte, damit der junge „Salto“-Blogger (bewusst explizites Maskulinum) den inhaltlichen Argumenten wieder mehr Aufmerksamkeit widmen kann, denn dem „korrekten“, fusseligen Sprachgebrauch.

Wie mir der Schnabel verwachsen wird

Ist es nicht ironisch? Wurden wir hier auf Salto doch schon mehrfach dazu aufgefordert, uns so auszudrücken, wie uns der Schnabel gewachsen ist. Wie ihr merkt, sprudelt es mir ja nur so von den Lippen. Nur darf der Schnabel halt nicht dialektbehaftet sein. Meiner wär’s eigentlich, aber ich unterstütze selbstverständlich den schriftdeutschen Ansatz, können sich so eben auch die außerhalb Lebenden und die nicht muttersprachlich Deutsch Sprechenden so willkommener heißen. Ist mir doch genau dies ein Bedürfnis.

Als Leser der letzten Wochenendausgabe der Tageszeitung (irgendwo zwischen Laubensassa und besagter China-Fratschler-Seite) weiß ich mittlerweile natürlich, dass meine dialektalen Auswüchse auch nicht als Tirolerisch, sondern bestenfalls als Südbairisch einzuordnen sind. Wie könnte in einem dreisprachigen Land „Tirolerisch“ oder – der hier gelebten .bz-Abgrenzung zu Liebe –„Südtirolerisch“ auch eine präzis-wissenschaftliche Bezeichnung nur EINER sprachlichen Nuance sein?    

Welches Hochdeutsch, bitte ?

Wollte ich dann inhaltlich auch noch etwas rüberbringen ? „rüber“ !?!?? Ist wohl keiner/m aufgefallen, aber Hochdeutsch ist das nicht. Trotzdem benutzen wir solche Anlehnungen an Mittel- bis Norddeutschen Umgangsformen hier gerne. „rüber“ geht, ein Münchner „nüber“, ein Burggräfler „onni“ oder eben unsereiner „ummi“ geht halt nicht. Logisch. „Hochwiegen“ und andere auf Salto beobachtete, künstlerisch gestaltete Sprachakrobatik scheinen der Community genehm. Nur, Süddeutsch ist out. Das hatte vielleicht seinerzeit das „südtirol profil“ eingeläutet: Erinnert ihr euch noch, wie die statt „heuer“ immer konsequent „dieses Jahr“ geschrieben hatten? Wie elitär!

Andererseits: „Pfifferlinge“ (in Bayern und Nordtirol als  Reherlen oder Eierschwammelen mit abwandelnden Endungen bekannt) suchten wir hier schon in vor-„profil“-Zeiten und haben den identitätsstiftenden Begriff auch schon den Italienischen Mitbürgern augenzwinkernd weitergegeben. „Finferli“ ist somit wohl nicht Ausdruck jahrhundertelanger, interlingualer Freundschaft, sondern ein Artefakt falschverstandener Deutschsprech-Propaganda früherer Jahrzehnte (nicht-journalistischer Meinungs-Blogger verzichtet schon wieder auf die Quellenangabe). Was freue ich mich auf „Tiroler Aprikosenkonfitüre“-Rezepte, die hier noch „geposted“ werden könnten. Mein Tipp: mit „Marillenmarmelade“ könnt ihr euch das „Tiroler“ in unserem Jahrzehnt schenken. Nur das „Süd-“ muss euch schon ein Identitäts-Präfix wert sein, wenn es euch denn so wichtig ist.

Hochkarätige Süddeutsche Sprachkultur ist mit der Generation Rudi Gamper leider hierzulande ausgestorben. Ist wohl einer der Gründe, warum der Konsum hiesiger TV-Angebote nach Erreichen der („rüber“-)Schmerzgrenze meinerseits sofort nach dem Notwendigsten abgebrochen wird. (das darf jetzt als Anregung lizenzfrei mitgenommen werden.)

Über was ich jetzt eigentlich inhaltlich schreiben hatte wollen? Ich hab’s vergessen …


 

 

 

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Martin Geier Sa., 20.04.2013 - 22:44

Hallo Benno; Du machst Dir selbst das Leben schwer. Schreib einfach in der Sprache wie Dir der Schnabel gewachsen ist. Ist auch schön Männlein und Weiblein am Schreibstil zu unterscheiden; ganz ohne dem politisch korrekten Schmarrn der jeden Beitrag hölzern erscheinen lässt. Und was die Diskussion von heißen Themen anbelangt(Sezession e dintorni) gewöhn Dir die Mimosenhaftigkeit ab. salto.bz gefällt mir besser als rauflustiges Gasthaus; ein gepflegtes Restaurant der bolzano bene wo Jeder/Jede(Gruß an Frau Tezzele und Frau Rier) die anderen beim Halten des Bestecks zusieht. Danke für den lustigen Artikel heute.
Und nun auf zu meinen Lieblingsgegnern. Wo sind sie?

Sa., 20.04.2013 - 22:44 Permalink
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Martin Geier Sa., 20.04.2013 - 22:46

Antwort auf von Martin Geier

"ein gepflegtes Restaurant der bolzano bene wo Jeder/Jede(Gruß an Frau Tezzele und Frau Rier) die anderen beim Halten des Bestecks zusieht" ist nicht mein Ding. ;)

Sa., 20.04.2013 - 22:46 Permalink
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Benno Kusstatscher Sa., 20.04.2013 - 22:55

Antwort auf von Martin Geier

ich finde meinen Weg schon - keine Sorge. Denn Rest kommentiere ich mit einem Münchner Lebensmotto: Saufa, streita und wieda vertrogn. An letzteres möchte ich halt manchmal erinnern, sonst werden aus den liebgewordenen Salto-Sauf-Kumpanen womöglich wieder Staudensitzer - und von denen gibt's hier wohl allerhand. Bis zum nächsten, Martin!

Sa., 20.04.2013 - 22:55 Permalink
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salt & pepe Sa., 20.04.2013 - 22:53

wie die wüste, so lebt auch die sprache, odr?
mehr dialekt fände ich auch gut, dai, lass gian di goas! (nachdem du ein bedürfnis danach zu verspüren scheinst)
und wenn du schon dabei bist, so zu schreiben, wie dir die finger gewachsen sind, dann kann das jedeR andere auch so machen, odr?
mir zum beispiel tut es im inneren ohr weh, wenn ich von den Mitbürgern lese, weil mir scheint, dass die Mitbürgerinnen dabei oft ausgeblendet werden.
was ich aber nicht ganz kapiere, ist, dass du das als eine art vorschrift oder lächerlichen konformismus wahrzunehmen scheinst. ich finde eher im gegenteil, dass bis jetzt kein biotop des binnen-Is und kein ghetto der sexistischen sprache entstanden ist, sondern ein sprachliches kunterbunt.
ah, und kleinschreiber raus! (oder doch hinaus?)

Sa., 20.04.2013 - 22:53 Permalink
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Benno Kusstatscher Sa., 20.04.2013 - 23:02

Antwort auf von salt & pepe

es ist wohl ein selbstgestellter Anspruch, auch die Damenwelt in jedem meiner Sätze mit ins Herz zu schließen (oschtele, des wor jetza epper zu gschwolln). Konformismus-verdächtig sind aber die syntaktisch unsinnigen Werkzeuge, die man dazu zur Verfügung gestellt bekommt, ohne dass sich jemand um Besserung zu bemühen scheint.

Sa., 20.04.2013 - 23:02 Permalink
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gorgias So., 21.04.2013 - 00:20

Ich muss ehrlich sagen für das politisch-korrekte feministische Neusprech habe ich nicht viel übrig, aber ansonsten, werden hier einige interessante Fragestellungen zur Findung einer neuen deutschen Südtiroler Schriftkultur gestellt.

Einen analogen Beitrag gibt es auf bbd, wo es hauptsächlich um die gesproche Sprache geht von einem "gemäßigten Dialekt" gesprochen wird der zwischen Hardcore-Dialekt und gesteltztem Hochdeutsch den Spagat zwischen natürlich und für alle gut verständlich schaffen soll: http://www.brennerbasisdemokratie.eu/?p=14251

Wer sich die Diskussion auf dem bbd durchliest möchte ich noch meine Meinung dazu sagen: Für den verschriftlichten Sprachgebrauch sollte weiters die Regel: "Im Zweifelsfall Hochdeutsch" gelten.

So., 21.04.2013 - 00:20 Permalink
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Sylvia Rier So., 21.04.2013 - 10:14

Antwort auf von gorgias

ich habe grade deinen Link da oben nachgelesen, das dort Gesagte hat was, zweifelsohne, und ich stimme jedenfalls gern zu: Warum sprechen wir "hochdeutsch", wenn wir zu einheimischem Publikum sprechen??? Das ist doch nicht sehr logisch, bis ganz und gar unsinnig??? Ich glaube, man hat mir einmal erklärt, das sei von der Politik so gewollt, und das muss wohl so sein, ich weiß allerdings nicht mehr den Grund für dieses Wollen?

So., 21.04.2013 - 10:14 Permalink
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Profil für Benutzer Klaus Egger
Klaus Egger So., 21.04.2013 - 10:28

Antwort auf von Sylvia Rier

Zu deiner Frage ob es unsinnig ist hochdeutsch vor einheimischen Publikum zu sprechen, kann ich dir als Rhetoriktrainer gerne eine Antwort geben. Erstens ist das sicherlich nicht von der Politik so gewollt, niemand gibt hier etwas vor. Richtig ist aber auch, dass sehr viele Politker einfach nachmachen was andere vormachen und so wird es eben oft ganz unbewusst gemacht. Wo es oftmals nicht notwendig wäre wie du richtig schreibst. Ein Teil der Antwort auf deine Frage steckt auch in dem Kommentar von Sybille: "Ich persönlich bevorzuge so zu schreiben und zu sprechen, dass möglichst alle mich verstehen, sich angesprochen fühlen, sich ernst genommen fühlen." Zwei Dinge stecken da drin. Erstens darf man sich selbst nicht verbiegen, sondern die eigene Rolle in der man gerade steckt Ernst nehmen. Zweitens sollte man sich Gedanken machen zu wem man spricht. Das hat meiner Ansicht nach weniger mit Manipulation, sondern mit Respekt zu tun. Nehmen wir an, es befinden sich italienischsprachige Südtiroler im Publikum oder Gäste aus dem Ausland. Dann tust du gut daran, im Hochdeutsch zu sprechen, dass du besser verständlich bist. Solltest du aber vor rein deutschsprachigen Südtirolern sprechen, ja dann warum nicht Dialekt? Ist sicherlich stimmiger. Und das ist genau der Begriff auf den es ankommt. Stimmigkeit ist die Verbindung zwischen Authentizität (wesensgerecht) und dem Erkennen der jeweiligen Situation in der du dich befindest (situationsgerecht). Wenn du die beiden Punkte für dich beantworten kannst, dann hast du automatisch die Antwort wie du deine Sprache nutzen kannst.

So., 21.04.2013 - 10:28 Permalink
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Sylvia Rier So., 21.04.2013 - 10:37

Antwort auf von Klaus Egger

und doch habe ich manchmal das Gefühl, als schämten wir uns für unseren Dialekt. Ich habe mir manchmal für mich selbst überlegt, ob das womöglich auf diese (früher, heute vielleicht mehr so) strikte Unterscheidung zwischen "hearisch" und "beirisch" zurück zu führen sein könnte, darauf, dass alle lieber "hearisch" als "beirisch" wären?? Das "klassische" Boznerisch, diese Zwittersprache, ist doch vermutlich auf einen ähnlich gelagerten Unterscheidungsdrang zurück zu führen, oder doch nicht?

So., 21.04.2013 - 10:37 Permalink
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Klaus Egger So., 21.04.2013 - 10:59

Antwort auf von Sylvia Rier

Vielleicht hast du Recht, doch meiner Erfahrung nach wird einfach nicht genügend nachgedacht über den Umstand WIE es gesagt werden soll. Die wenigsten machen vorher eine "Respekt-Analyse". Die meisten denken einfach darüber nach wie schlau und toll sie ihre Argumente verpacken könnten.

So., 21.04.2013 - 10:59 Permalink
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Sylvia Rier So., 21.04.2013 - 09:45

Lieber Benno Kusstatscher,
eines deiner hier beschriebenen Probleme könnte ich wohl lösen, du ahnst, welches das sein könnte ;-) Tatsache, wie recht du doch hast, und wie Nerv tötend es ist, dieses sprachliche Erbsenzählen. Seit 25 Jahren betreiben wir das schon? Was du nicht sagst. Nein, da bin ich ganz deiner Meinung, das müssen wir uns nicht antun, die Welt ist eh schon komplex genug. Da fällt mir ein, Jan Fleischhauer hat neulich auf SPON einen netten Artikel zum Thema geschrieben, ich setze hier mal den Link für dich, weil’s grad so schön passt, und auch er, wie du, wenig hält von der groben Vergewaltigung, die unserer Sprache wegen dümmlicher gender- und überhaupt Gerechtigkeit angetan wird: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/neue-geschlechtsneutrale-stvo… Ja, recht hat er, absolut, aber ganz besonders recht hat er mit seinem Schlusssatz (den hat er dir allerdings voraus :-) ): Dieses symbolische Klein-Klein, meint Jan Fleischhauer, sei doch Nebensache. Die reale Ordnung, die müsse verändert werden. ----
Richtig! Lasst uns die reale Ordnung verändern! Endlich! damit aufhören, den anderen beim Halten des Bestecks zuzusehen (Gruß! Martin Geier)… slashes abschaffen… Binnen-„I“ und „großes I der Idiotie“, weg damit… Schluß mit politisch korrektem Schmarrn und hölzernen Beiträgen… Hinfort mit politisch-korrektem-feministischem Neusprech! Wir machen jetzt Nägel mit Köpfen, à l’hommaise und wir machen’s sachlich, übersichtlich, schlicht und einfach zu handhaben, wie’s Männer halt gern mögen. ----
Ab heute gibt’s dann also nur noch eine Form, die simpelste aller möglichen, und zwar die mit „die“, und das geht so: Die Leserin, Schreiberin, Autorin. Die Rennfahrerin, Esserin, Politikerin. Undsoweiterundsofort. Wie du zweifelsohne bemerkt hast, ist die männliche in der weiblichen Form schon enthalten, 2 in 1 sozusagen, und funktioniert ganz wunderbar, ohne jegliches Binnen-I-s, slashes und andere Eitelkeiten. Ist das nicht schier unerträglich einfach? Praktisch? Gerecht? Ach, wäre uns das doch früher eingefallen, wie viel Mühe und Dämlichkeiten wären uns allen erspart geblieben( hallo! Gorgias!!). ----
Du findest, das Männlein ginge ein wenig unter im Weiblein, verlöre sich irgendwie? Ach was, das musst du nicht so eng sehen, die Erbsenzählerei, mit der wollten wir doch Schluss machen, und eh lässt sich‘s gewöhnen. Das geht, das geht. Schau uns Frauen an: nach mehreren Tausend Jahren mit radikal männlich dominiertem Sprachhabitus kreuchen und fleuchen wir immer noch. Das packt ihr doch auch, locker!

So., 21.04.2013 - 09:45 Permalink
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Profil für Benutzer Sybille Tezzele
Sybille Tezzele So., 21.04.2013 - 10:14

Ich persönlich bevorzuge so zu schreiben und zu sprechen, dass möglichst alle mich verstehen, sich angesprochen fühlen, sich ernst genommen fühlen. Mit etwas Hingabe ist es auch machbar, z. B. Texte geschlechergerecht zu verfassen, ohne dass es gar auffällt. Ja, womöglich eine kleine Herausforderung, doch finde ich persönlich es durchaus interessant, eingefahrene Muster und Gewohnheiten im Alltag zu hinterfragen und neue Lösungen zu finden. Sprache ist schließlich nichts Starres, sondern etwas durch und durch Lebendiges, das über reinen Austausch von Inhalten hinausgeht.
Wünsche dir noch viel Freude beim Experimentieren. :)

So., 21.04.2013 - 10:14 Permalink
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Profil für Benutzer Evelyn Rehburg
Evelyn Rehburg So., 21.04.2013 - 11:44

Hallo Benno! Schade, dein Abschlusssatz. Über den Rest lässt sich streiten zum Glück. Aber ohne Abschlusssatz wäre schöner gewesen. Weil: Wenn selbst du den Inhalt deines eigenen Posts nicht erkennst, wieso dann posten, frage ich mich (ja, auch hier Ironie)? Aber keine Sorge: auch Sprache ist ein "inhaltliches Argument" (sic!), ein gesellschaftspolitisches Thema.

Wieso auch nicht, wer entscheidet das? Das erklär mir mal eine. Wenn über geschlechtergerechte Sprache schon jahrzehntelang diskutiert wird (mMn eine grobe Unterschätzung) und die Mehrheit hat's noch immer nicht begriffen, sagt das dann etwas über das grundsätzliche Anliegen der Gleichberechtigung aus oder über die Starre der Mehrheit?

Bei allen Fragen von Gleichberechtigung jeder Art ist der Widerstand so groß, das macht mich skeptisch und lässt mich noch mehr glauben, dass das Thema wichtig ist.

Zum Schluss: Eine Vergewaltigung ist eine reale Erfahrung, die jeden Tag 1000e Menschen auf der Welt machen. Bitte nicht gleichsetzen mit einem Schriftzeichen mehr oder weniger. Danke.

So., 21.04.2013 - 11:44 Permalink
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Profil für Benutzer Sepp Bacher
Sepp Bacher So., 21.04.2013 - 14:47

Als ich noch berufstätig war, mussten wir schon sehr früh eine geschlechtergerechte Sprache verwenden. Ein Kollege verwendete immer die Mehrzahl, wenn er Berufsbilder beschrieb. Ihm wollte nicht einleuchten, dass auch der Plural sich bei weiblich und männlich unterscheidet. Er wollte einfach das Doppelte vermeiden. Ich habe immer die Form mit dem Slash verwendet - außer bei Fragebögen, die ich insgesamt getrennt formuliert habe - und auch noch daran festgehalten, als die feministischen Kolleginnen auf das große Binnen I bestehen wollten. Ich hatte als Grundlage ein Papier von Sprachwissenschaftlerinnen, die schrieben, dass das Binnen I sprachlich nicht zulässig und die Slash-Form korrekt sei. Grundsätzlich denke ich aber, dass das politisch korrekte Verwenden der Schriftsprache das Problem nicht löst, so lange schätzungsweise 90% der Frauen - auch wenn sie von sich sprechen - der einfachheitshalber die männliche Form verwenden.
Ich bin auch dafür, dass viele lieber eine allgemein verständliche, an das Süddeutsche angelehnte Umgangssprache als einen "verhochdeutschten" Dialekt sprechen sollten. So z. B. Christoph Innerhofer, der im Interview mit dem Schweizer TV anfänglich Pustererisch sprach; als ihm bewusst wurde, dass die ihn vielleicht nicht verstehen können, in Hochdeutsch wechselte und z. B. wie im Dialekt anstatt die "die was" usw. verwendete. Wenn Dominik Paris auf Fragen antwortet, haben sogar wir Mühe es zu verstehen, geschweige jemand von außerhalb. Österreichische Sportler haben dieses Problem in der Regel nicht und die bayrischen auch nicht mehr, nachdem anfänglich das ZDF bei Markus Wasmeier Untertitel setzen musste.
Auch die Anpassung - auch im Dialekt - an die Norddeutsche Sprache finde ich oft widerlich: das Tschüss, "sowas von", lecker anstatt gut oder köstlich, süß anstatt nett, usw. kann ich bald nicht mehr hören. Dass Zwetschgen, wie im gesamten bayrisch-alemannischen Sprachraum gebräuchlich, Pflaumen genannt werden, was ja ein Überbegriff für verschiedene ähnliche Früchte ist, finde ich als eine falsche Unterordnung einer bestimmten Gästegruppe. Unsere lieben Schwarzbeeren werden nur nicht so genannt, sonder Blaubeeren, Heidelbeeren, usw. Ich glaube, unsere Sprache ist von diesen und von denen des Englischen mehr gefährdet als vom Italienischen. Schade finde ich auch, dass bei uns - wie im Norden, Osten und in den Großstädten - unser liebes "Vogel-Vau" immer mehr zurück gedrängt wird. Das geht schon so weit, dass am Bahnhof Bozen schon die Zughaltstelle "Wilpian" angekündigt wird. Gehört habe ich auch schon: Wintl, Wahrn, Werdings, Willnöss, Willanders - bei Eigennamen und anderen Wörtern könnte man beliebig fortsetzen, z. B. ein brawes Kind, die Kurwe, die Initiatiwe.

So., 21.04.2013 - 14:47 Permalink
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Profil für Benutzer Benno Kusstatscher
Benno Kusstatscher So., 21.04.2013 - 14:48

Danke für den Link, Silvia (darf ich doch den Nachnamen weglassen?). Wenn es bloß die Schröder oder die Von der Leyen gewesen wäre, aber es musste ja ausgerechnet dieser Ramsauer, ein männlicher Baier sein, der uns der Synthese einen kleinen Schritt näher brachte. Genau Synthese! Scheinst Du doch der Machiavellischen Antithese verpflichtet, wollte ich die Diskussion um das Hegel’sche These-Antithese-Synthese Spielchen erweitern. Ist es dazu nach 25 Jahren zu früh?
Mich hat zwar die kreative Anstrengung Deines Vorschlags nicht sonderlich beeindruckt, aber ich könnte mit Deinem Vorschlag durchaus schmerzfrei leben. Eine Kostprobe:
Was eine Staudenhockerin ist? Das war ein Gruß an eben alle Read-Only-Salto-Userinnen, die höchstwahrscheinlich die wesentliche besseren als unsere Argumente für sich behalten, anstatt sie als Bloggerinnen den Salto-Bürgerinnen zur Verfügung zu stellen. (Die „Erbsenzählerei“, mich verpflichtet zu fühlen, hier in einem Nebensatz-Disclaimer zu versichern, dass ich auch die weniger bessere Bürgerhälfte mit einschließen könnte, ist Silvia sei Dank ja nicht mehr notwendig). Ich unterdrücke jetzt die evtl. aufkommende Süffisanz, um mir extreme Auswüchse dieser Vorgehensweise bildlich vorzustellen (freue mich aber schon auf die nächste Freistaatlerinnen-Diskussion, und welche SVP-Kandidatin denn wohl gekürt werden wird, nachdem wir doch noch eine Staatspräsidentin bekommen haben). Es würde mich nur betrüben, wenn Ihr Frauen hinterher wieder als Verliererinnen dastehen würdet, weil der Vorschlag so ausgegoren vielleicht doch nicht gewesen ist. Und sich am Ende noch auf die „reale Ordnung“ negativ niederschlagen würde! Glaube ich doch, dass Wirklichkeit und Formalitäten in gegenseitiger Wechselwirkung stehen, und das eine nicht erreicht werden kann, wenn das andere nicht verantwortungsvoll gestaltet wird.
Da zeugt es doch von feministischer Maturität, wenn Evelyn bei den 1000en täglich Vergewaltigten, nicht primär an Frauen, sondern allgemein an Menschen denkt. Danke für die Konsequenz, Evelyn. Ich fühle mich dadurch sexistisch besser behandelt, da ich doch somit nicht implizit dem Geschlecht der Täter/inne/n zugeordnet werde. (falsches Thema, um dem mit Humor zu begegnen).
@Sybille: die Freude am sprachlichen Experimentieren wird mir wir Dir erhalten bleiben, aber es wird der Tag kommen, an dem es mir ums Inhaltliche denn ums Formale gehen wird. Dann werde ich mir es in der Ecke eines passiven Rechtschreib-Duden-Konsumenten kuschelig machen, und es mir bei feministischer Verwarnung ganz einfach machen und mich als unschuldiges Opfer des Systems definieren. Das System sind wir. Antithese brauchte Mut. Synthese kostet Mühe. Unserer aller Mühe!

So., 21.04.2013 - 14:48 Permalink
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Profil für Benutzer Sylvia Rier
Sylvia Rier So., 21.04.2013 - 19:52

Antwort auf von Benno Kusstatscher

Ganz so richtig ernst musst du meine Rede vielleicht doch nicht nehmen, oder besser doch, jedenfalls war/ist der Vorschlag natürlich alles andere als durchdacht - "es hat mich einfach gegutschelt". Liegt ja auch nahe, nicht wahr?! Ja, ich stimme dir zu, die besseren als uns würde ich auch liebend gerne kennenlernen, schade, dass die Damen mitsamt ihren Argumenten lieber in den Stauden hocken bleiben (kennst du sie? Keine Idee, wie wir sie hier reinlocken könnten, sie und ihre Argumente?!). Deine "Kostprobe" übrigens ist der schlagende Beweis für die "Macht der Bilder". Also vielleicht doch die weibliche Rede einführen, um die reale Ordnung der Dinge zu verändern?! Du selbst sagst es. Die 1000e täglichen Vergewaltigten sind ein Neutrum, müssten aber wohl doch eher ein Femininum sein, und sogar hier... wollen wir konsequent sein? Nein, richtig, nicht wirklich. Und ja, Martin Geier hat ja übrigens recht, wo er von hölzernen Texten spricht. Am Ende steht Beamtensprech, wer will den schon, und Absurditäten wie Flaniermeile wo doch Fussgängerzone ist Ja, es braucht auch Mut, eben NICHT alle ansprechen zu wollen, Position zu beziehen, wie immer, she who stands for nothing will fall for anything. Aber immer noch fehlt mir dein Vorschlag für eine kreative Lösung?! Aber doch, lies doch nochmal deine Kostprobe, und lass die Bilder aufkommen, und dann überlege, was wäre wenn, und was sich alles bewegen könnte, würde, wenn. Übrigens: Dein Text hat mir richtig Spaß gemacht, musste die ganze Zeit grinsen!

So., 21.04.2013 - 19:52 Permalink
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Profil für Benutzer Benno Kusstatscher
Benno Kusstatscher So., 21.04.2013 - 21:32

Antwort auf von Sylvia Rier

ja, das Grinsen hatte ich auch im Gesicht, "herr"lich! sorry "däm"lich! ach was, es funktioniert halt nicht immer :-) Du weißt, was ich meine und dass ich mich bemühte. Schön, wenn es nicht immer so verbissen zugeht. Dass der konkrete Vorschlag aber Euch diesmal von der Männerwelt auf dem Silbertablett serviert wird, ... wenn ich Frau wäre, würde das meinen Ehrgeiz kränken.

So., 21.04.2013 - 21:32 Permalink
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Profil für Benutzer Benno Kusstatscher
Benno Kusstatscher Di., 15.07.2014 - 10:40

Nachdem der BBT noch nicht fertiggebaut wurde, müssen wir das Thema zuverlässig einmal im Jahr über uns ergehen lassen. Zum Sommerloch wetter die FPÖ gegen das "Gendern"

http://kurier.at/politik/inland/offener-brief-deutliche-absage-ans-gend…

und einen Heiszen Kommentar auf Zauberfuchs gibt's auch dazu:

http://www.zauberfuchs.com/meinung/heisz-serviert-episode-037/

Nur ungelöste Probleme bleiben Dauerbrenner.

Di., 15.07.2014 - 10:40 Permalink
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Profil für Benutzer Sylvia Rier
Sylvia Rier Mi., 16.07.2014 - 20:39

Antwort auf von Benno Kusstatscher

Hier Benno, schau mal, dieser Text könnte dir vielleicht gefallen. Ich finde, die junge Frau („regt zum Nachdenken und sprachlichen Experimentieren an“) sagt viele kluge Dinge, zu Binnen-I und Konsorten. Ich persönlich würde gern folgendes Fazit daraus ziehen, und zwar unter der Voraussetzung, dass „Man kann doch sprachliche Kreativität nicht verbieten. Ich bin der Meinung, dass es gerade bei diesen Themen möglich sein muss, zu experimentieren, sich auch wieder neue Formen einfallen zu lassen“ (…) „wir uns beim Schreiben überlegen sollen, wie wir sprachlich nicht diskriminieren können. Das Binnen-I ist dabei nur ein Angebot von vielen verschiedenen Möglichkeiten“. ABSATZ
Dieser Ansatz bietet, finde ich, sehr viel individuellen Frei- und Spielraum – aber auch viel Raum für Diskussionen. Was vielleicht ja durchaus positiv ist.
http://derstandard.at/2000003139396/Binnen-I-Debatte-Man-muss-Sprache-n…

Mi., 16.07.2014 - 20:39 Permalink