Die sprachlichen Leiden der/s jungen „Salto“-Bloggerin/Bloggers
So würde es vielleicht erwartet werden, aber es gilt bei uns auch die interethische Netiquette zu berücksichtigen. Also lieber
I dolori del/la giovane „Salto“-a(u)tore/-a(u)trice
gleich mit drunter setzen. Nur dumm, dass mich der Humor dazu trieb, das „u“ in Klammern zu setzen. Lieber ein ;-) mit hinein, natürlich für beide Geschlechter. Und auch noch ein :-) Smiley hinterher, um ja klarzustellen, dass ich mich keinesfalls verkürzt der Italienischen Sprache zwecks Pointe belustigen möchte. Und ist „Salto“ eigentlich ein Trademark?
I dolori del/la giovane „Salto(TM)“-a(u;-))tore/-a(u;-))trice:-)
Nein, dass ich kein Perl-Programmkode, sondern wohl „Salto“-Sprache. Den Druck, das auch noch ins Ladinische bzw. in ein Ladinisch zu übersetzen, habe ich zum Glück bisher noch nicht verspürt, und dennoch schäme ich mich schon vorauseilend , dazu nicht ansatzweise in der Lage zu sein.
Und dann noch „jungen“? Kommt mir jetzt nicht so! Sonnen wir uns doch alle hier auf salto.bz in einer gewissen Jugendlichkeit, frühlingshafter Aufbruchsstimmung oder so. Und wer sich jetzt noch ausgeschlossen fühlt, dem spreche ich hiermit pauschal mentale Jungendlichkeit zu, diesen Text überhaupt bis hierher gelesen zu haben. Und ich wünsche mir noch viel mehr Beiträge hier von euch älteren Semestern! Ein paar gute haben wir ja schon. Respekt!
Politisch korrekt und den Damen gerecht
Bevor ich loslegen kann, tief Luft holen, Benno. Welche Empfindlichkeiten könnte ich möglicherweise verletzen? Fühlen sich die Damen der Community mit so einem Beitrag unterstützt oder verarscht? (Also ein kleiner Nebensatz-Disclaimer in Klammern: natürlich ist ersteres meine herzlichste Absicht! „nix Ironie“, wie man sich in anderen Foren wohl ausdrücken würde.) Politisch und sexistisch korrekt will man sich eben im Internet verewigen. Da sollte man Leitfäden wie Kurz und Bündig oder Geschlechtergerecht stets zur Hand haben, bevor man einen Kommentar schnell einmal „posted“.
Ich hatte mich teilweise wirklich bemüht, den Leser/inne/n möglichst viele Vorwärtsquerstriche (zu Deutsch: „Slashs“) in die Sätze zu einzubauen. Ob sie mir das danken? Vor knapp einem Viertel Jahrhundert fand ich es einfach genial, dass StudentInnen mit dem großgeschriebenen Binnen-I so schön provokant die deutschsprachige Welt aufmischten. Superkreativ war das. Erfunden angeblich von einer Berliner Tageszeitung (und man munkelt, es wäre ein Mann gewesen – wieder keine Quellenangabe), hat sich das Binnen-I aber meines Empfindens nach auch schon in der Provokation erschöpft. Als Dauerlösung kann das doch nicht ernsthaft gemeint sein, oder Mädels? Einmal dessen überdrüssig wird es noch zum „großen I der Idiotie“ (Zitat H.M.Broder ) und soweit wollen wir es doch nicht kommen lassen.
Der Sprache gerecht!
Während sich bemühte Gesetzgebung zu Absurditäten wie „die Studierenden“ oder „die zu Fuß Gehenden“ (siehe jüngste Neuerungen zur Bundesdeutschen StVO) verpflichtet fühlt, schicke ich jetzt diesen Hilferuf an die „Salto“-Lesenden: so kann es nicht weitergehen. Alle sind zufrieden, nur unsere liebe Sprache haben wir vergewaltigt. Die, die Zunge und die Feder total verknotet Habenden meinen: irgendwann muss Punkt sein!
Gerne würde ich konstruktiv werden, um nach 25 Jahren Binnen-I (also etwa dem Zeitraum der letzten Rechtschreibreform) endlich eine praktizierbare Schreib- und(!) Sprech-Regelung für wenigstens diesen einen Punkt zu finden, würde mir als Mann aber Kritik wegen archaischer Bevormundung des weiblichen Geschlechts einhandeln, oder mich eben durch Niederschrift dieses Satzes als sexistisch verdächtig einordnen lassen müssen. Da lasse ich lieber die Finger davon. Too hot, sorry!
So bleibt der fromme Wunsch, dass die Damen dieser Erde sich endlich dieser Jahrhundertbaustelle annehmen und noch vor Fertigstellung des BBTs eine vernünftig kreative, alle zufriedenstellende Lösung anbieten und durchsetzen. (textet mich jetzt bitte nicht über Frauenquoten beim Duden-Verlag zu.)
Das wäre ein erfreulicher Beitrag unserer besseren Bürgerhälfte, damit der junge „Salto“-Blogger (bewusst explizites Maskulinum) den inhaltlichen Argumenten wieder mehr Aufmerksamkeit widmen kann, denn dem „korrekten“, fusseligen Sprachgebrauch.
Wie mir der Schnabel verwachsen wird
Ist es nicht ironisch? Wurden wir hier auf Salto doch schon mehrfach dazu aufgefordert, uns so auszudrücken, wie uns der Schnabel gewachsen ist. Wie ihr merkt, sprudelt es mir ja nur so von den Lippen. Nur darf der Schnabel halt nicht dialektbehaftet sein. Meiner wär’s eigentlich, aber ich unterstütze selbstverständlich den schriftdeutschen Ansatz, können sich so eben auch die außerhalb Lebenden und die nicht muttersprachlich Deutsch Sprechenden so willkommener heißen. Ist mir doch genau dies ein Bedürfnis.
Als Leser der letzten Wochenendausgabe der Tageszeitung (irgendwo zwischen Laubensassa und besagter China-Fratschler-Seite) weiß ich mittlerweile natürlich, dass meine dialektalen Auswüchse auch nicht als Tirolerisch, sondern bestenfalls als Südbairisch einzuordnen sind. Wie könnte in einem dreisprachigen Land „Tirolerisch“ oder – der hier gelebten .bz-Abgrenzung zu Liebe –„Südtirolerisch“ auch eine präzis-wissenschaftliche Bezeichnung nur EINER sprachlichen Nuance sein?
Welches Hochdeutsch, bitte ?
Wollte ich dann inhaltlich auch noch etwas rüberbringen ? „rüber“ !?!?? Ist wohl keiner/m aufgefallen, aber Hochdeutsch ist das nicht. Trotzdem benutzen wir solche Anlehnungen an Mittel- bis Norddeutschen Umgangsformen hier gerne. „rüber“ geht, ein Münchner „nüber“, ein Burggräfler „onni“ oder eben unsereiner „ummi“ geht halt nicht. Logisch. „Hochwiegen“ und andere auf Salto beobachtete, künstlerisch gestaltete Sprachakrobatik scheinen der Community genehm. Nur, Süddeutsch ist out. Das hatte vielleicht seinerzeit das „südtirol profil“ eingeläutet: Erinnert ihr euch noch, wie die statt „heuer“ immer konsequent „dieses Jahr“ geschrieben hatten? Wie elitär!
Andererseits: „Pfifferlinge“ (in Bayern und Nordtirol als Reherlen oder Eierschwammelen mit abwandelnden Endungen bekannt) suchten wir hier schon in vor-„profil“-Zeiten und haben den identitätsstiftenden Begriff auch schon den Italienischen Mitbürgern augenzwinkernd weitergegeben. „Finferli“ ist somit wohl nicht Ausdruck jahrhundertelanger, interlingualer Freundschaft, sondern ein Artefakt falschverstandener Deutschsprech-Propaganda früherer Jahrzehnte (nicht-journalistischer Meinungs-Blogger verzichtet schon wieder auf die Quellenangabe). Was freue ich mich auf „Tiroler Aprikosenkonfitüre“-Rezepte, die hier noch „geposted“ werden könnten. Mein Tipp: mit „Marillenmarmelade“ könnt ihr euch das „Tiroler“ in unserem Jahrzehnt schenken. Nur das „Süd-“ muss euch schon ein Identitäts-Präfix wert sein, wenn es euch denn so wichtig ist.
Hochkarätige Süddeutsche Sprachkultur ist mit der Generation Rudi Gamper leider hierzulande ausgestorben. Ist wohl einer der Gründe, warum der Konsum hiesiger TV-Angebote nach Erreichen der („rüber“-)Schmerzgrenze meinerseits sofort nach dem Notwendigsten abgebrochen wird. (das darf jetzt als Anregung lizenzfrei mitgenommen werden.)
Über was ich jetzt eigentlich inhaltlich schreiben hatte wollen? Ich hab’s vergessen …