Haben Sie die Neureuther-Doku über die massiven Eingriffe, die in den Dolomiten für Olympia 2026 vorgenommen werden, gesehen? (Falls nein, hier zum Nachsehen.) Ich schon, und ich war erstaunt, vor allem über Antholz. Nicht so sehr über die schiere Brachialität dieser Großbaustelle, sondern mehr noch darüber, wie sie zustande gekommen ist. Im Interview mit dem ebenfalls geschockten Neureuther erklärte Landeshauptmann Kompatscher sinngemäß, dieser ganze Monster-Umbau im Ausmaß von 50 Millionen Euro (die Hälfte davon bezahlen Südtiroler Steuerzahler*innen), sei für Olympia 2026 eigentlich gar nicht nötig: „Man hätte die Anlage zum größten Teil so belassen können“, so der Hauptdarsteller der Nachhaltigkeitstour 2021. Erst 2006 ist die Anlage umgebaut worden, nun kommen u.a. ein unterirdischer Schießstand, Fitnessräume, eine Beschneiungsanlage (im auf 1.600 m gelegenen Antholz!) und ein Wasserspeicherbecken im Wald dazu. Alles nice to have für die Betreiber, aber keineswegs notwendig für das Funktionieren der Anlage. Man habe es nicht geschafft, das rechtzeitig zu erklären, gibt Kompatscher zu, und wenn man sich die entsprechende Presseaussendung des Landes aus dem Jahre 2021 ansieht, muss man sagen. Nein, lieber Landeshauptmann, das hat man tatsächlich nicht geschafft.
Dort ist die Rede von „Vorhaben in Höhe von geschätzten 28,5 Millionen Euro“, die das Organisationskomitee Milano-Cortina-2026 als „notwendig, wesentlich-wichtig, nützlich oder funktionell“ eingestuft habe. Die Südtirol Arena solle durch die Investitionen „den Anforderungen eines olympischen Austragungsortes gerecht werden“, und, immerhin, der Umbau bedeute „darüber hinaus einen dauerhaften Mehrwert für Südtirols Biathlon-Sport“. Mittlerweile sind wir, wie gesagt, bei 50 Millionen Euro und der Erkenntnis, dass das alles eigentlich gar nicht sein müsse, angelangt. Wieso wird in einem Naturpark dann tonnenweise Beton verbaut, und das in einer Zeit, in der die auch durch solche Projekte befeuerte Klimakrise bereits voll zuschlägt und wir nicht länger die Ahnungslosen spielen können? Auch darauf hat der Landeshauptmann eine entwaffnende Antwort: Das Ganze sei ein „langgehegter Wunsch der Betreiber“, verriet er Neureuther, und an dieser Stelle setzt bei mir das hysterische Gelächter ein, das mittlerweile immer öfter den Zustand ungläubiger Verzweiflung begleitet: Da ist man als Landesregierung natürlich komplett hilflos, wenn das so gewünscht wurde.
Die Betreiber, übrigens ein ehrenamtlicher Verein, hätten also schon seit langem gern ein geiles Upgrade der „Südtirol Arena“ mit allem Pipapo (verständlich, wer hat schließlich keine Wünsche?), und das ist in Zusammenhang mit der Olympiaförderung durch den Staat (Obacht: wie gesagt, die Hälfte davon bezahlen wir immer noch selbst) offenbar Grund genug, diese Wünsche auch zu erfüllen. Denn, auch wenn es so klingt, die Realisierung ist dadurch nicht irgendwie magisch vom Himmel gefallen, sondern wurde von der Landesregierung aktiv beschlossen, man hat dem Wunsch stattgegeben: Diesen nicht unwesentlichen Zwischenschritt spart Kompatscher in seiner Erläuterung aus. Nun frage ich mich, und mit mir gewiss zahlreiche Vereine, Sozialverbände, Gewerkschafter*innen im Land, wie das funktioniert mit diesem so erfolgreichen Wünschen: Muss man einen Zauberspruch murmeln, an einer Lampe (oder gar an einem Ego?) reiben, merkwürdige Rituale vollziehen, damit das Begehrte in Erfüllung geht? Bei vielen Vorhaben, die mit weit geringeren Kosten aber größerem Nutzen für die Allgemeinheit verbunden sind, klappt das ja leider gar nicht so gut: Was machen sie falsch? Oder besser: Welche Information fehlt mir? Wird Biathlon südtirolweit Pflicht-Schulfach und ist eine ganzjährige Nutzung der Anlage deshalb so wichtig? Taucht irgendwann eine GmbH auf, die eine mit Steuergeldern finanzierte Struktur privatwirtschaftlich nutzen wird? Wir werden es früher oder später erfahren, in der Zwischenzeit übe ich mich fleißig im Wünschen und hoffe auf ebenso magische Erfüllung.