Morgen ist es dann so weit: Die große Sorella Presidente ehrt Südtirol mit ihrem Besuch. Sorella per modo di dire, denn ihre reaktionäre Frauenrechts- und Familienpolitik hat, genauso wie ihre restliche Politik, mit Schwesternschaft wenig am Hut. In diesen Monaten der Regierung Meloni hat sich die Situation der Menschenrechte, insbesondere von Menschen mit Migrationshintergrund, von Frauen und von Menschen der LGBTQIA+ Gemeinschaft eindeutig verschlechtert. Das lässt sich erkennen am Gesetzesvorschlag der Fratelli, Frauen vor dem Schwangerschaftsabbruch verpflichtend den Herzschlag des Fötus anhören zu lassen, genauso wie an der Tatsache, dass der Ärzt:innen-Prozentsatz von Verweigerern aus Gewissensgründen in manchen Gegenden bei 100% liegt. Man denke daran, dass in der italienischen Rechtsordnung weiterhin das Wort „Konsens“ fehlt, dass Italien die 2013 ratifizierte Istanbul-Konvention immer noch unzulänglich umsetzt, dass es 30 Jahre nach dem entsprechenden Beschluss der Vereinten Nationen immer noch keine Nationale Behörde für den Schutz und die Förderung der Menschenrechte gibt (zusammen mit Malta als einzige Staaten der EU). Auch, dass über eine Million in Italien geborener Minderjährige auf eine Reform für ihre Staatsbürgerschaft warten. Dafür gibt es einen Bonus Mamma (der sich als Bluff oder Bonus „Presa In Giro“ entpuppt hat), so etwas wie Gewaltprävention an Schulen (sensible Lehrkräfte sensibilisieren freiwillig und nicht verpflichtend außerhalb der Schulzeit bereits sensible Schüler:innen), wenn auch keine steuerrechtlichen Vorteile mehr für Unternehmen, die Frauen einstellen. Wovon es auch immer weniger gibt: Finanzierungen im Bereich der Prävention von Gewalt an Frauen. Die entsprechenden Gelder wurden um 70% reduziert und sind vor allem im Bereich der Repression konzentriert (also nach bereits begangener Straftat).
Aber eines muss man Meloni echt lassen: Sie verkauft ihre rückwärtsgewandten Maßnahmen ziemlich überzeugend oder zumindest sehr unauffällig und geschickt. Und jenen Bürger:innen, die etwas genauer hinschauen und ihren Dissens bekunden, denen drohen Melonis demokratieliebende Handlanger mit Verleumdungsklagen, zumindest in Südtirol. Andernorts sorgen Schlagstöcke und Versammlungsverbote für Ordnung, solange es sich beim Versammeln nicht um faschistische Apotheose handelt.
Bitte erinnern wir uns an all diese Manöver, wenn wir morgen Bilder stiller Eintracht der Sorella mit unserem Landeshauptmann und der F…antastischen Koalition sehen. Vergessen sind die Zeiten, als Meloni dem „squallido personaggio“ Kompatscher den Rücktritt und ein Exil in Österreich nahegelegt hatte. Dahin hätte sie in der Vergangenheit am liebsten noch weitere Südtiroler:innen geschickt, jene, die sich weigerten anlässlich von staatstragenden Anlässen die Italien-Fahne zu hissen. Schon 2015 war der nationalistische Geist, der Melonis Politik prägt, offensichtlich. Aber das Vergangene scheint vergeben und (vor allem) vergessen und das Gegenwärtige unkommentiert geschluckt angesichts der F…antastischen Koalition – Türöffner für Rechtsextremismus, Faschismus, Populismus, Sexismus, Rassismus.