Sven Knoll
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Politik | Fritto misto

Vox popoli: Die Stimme des Arsches

Viel Lärm, wenig Action: Wie unsere Populisten Politik machen
  • Gleich vorab, für zarte Gemüter: Es könnte etwas unappetitlich werden heute, das Thema ist leider näher an der Kloake als am frühlingshaften Maiglöckchenduft, deshalb sollten schwache Nerven die Lektüre vielleicht aufschieben. Andererseits: Die Realität ist nun einmal die, dass es stinkt im Land, oder besser, im Landtag, und das zum Himmel. Der Grund hierfür ist, dass es letzthin zu einer Masse an übelriechenden Flatulenzen ebendort gekommen ist, es mieft gewaltig im Gebäude am Magnago-Platz, und das obwohl, fun fact, im Besucherklo unverblümt der Hinweis an der Wand hängt, man möge „bei Bedarf das Fenster öffnen“, kein Scherz. Es müffelt denn auch nicht aus den Toiletten, nein, der Dunst wird im Sitzungssaal produziert, und das verbal, und nicht etwa hinterseitig: Es sind die Wortmeldungen unserer Popu-, pardon: Popolisten, die sich, unbeherrschbaren Flatulenzen gleich, selbstbewusst ihren Weg bahnen, und Raum- wie Gesprächsklima verpesten. Nun rät ja Knigge, die Tätigkeiten der mitmenschlichen Eingeweide weitestgehend zu ignorieren – ich hab’s versucht, aber nachdem die bräunlichen Absonderungen (ich bedaure die Anschaulichkeit, wirklich) kein unangenehmes Versehen, sondern Programm sind, ist keinerlei Nachsicht angebracht, im Gegenteil: Halten wir ein für allemal fest, dass unsere Popolisten (der Text beschränkt sich heute auf die deutschsprachigen) nicht dem populus ihre Stimme leihen, sondern nur dem eigenen Allerwertesten, den sie gut gebettet und möglichst unbeschadet in die nächste Legislatur hinübergerettet wissen wollen.

    Im Landtag krakeelen, meutern, echauffieren sie sich, dass es eine Offenbarung ist, von null auf hundert gehen die Emotionen hoch, alle Zurückhaltung wird fahren gelassen, man sage nie mehr, dass Frauen ihre Gefühle nicht unter Kontrolle hätten angesichts des Spektrums an Empörungs- und Erregungsdarbietungen, zu denen die beiden Hauptakteure sich hinreißen lassen. Der eine wechselt in seinem Rage-Repertoire vom Röhren eines räudigen Hirsches zum gepressten Kläffen eines heiseren Straßenköters, der andere brilliert im zackigen Kasernen-Kommando-Ton, reizvoll kontrastiert vom naiven Singsang, in dem rhetorische Fragen vorgetragen werden. Mehr als einmal glaubte ich in Sitzungen die Kollegen Messner und Ploner reflexhaft nach der nicht vorhandenen Arzttasche tasten zu sehen, um mit Blutdruckmanschette und Beruhigungsspritze zu Hilfe zu eilen, nachdem den Popolisten derart der Kamm schwoll. Man möchte meinen, solcherlei Gefühlsausbrüche müssten denn auch in gesteigertem Arbeitseifer zur Behebung der angeprangerten Missstände münden, aber: weit gefehlt. Die Popolisten scheinen sich dermaßen körperlich und geistig in ihren Redebeiträgen zu verausgaben, dass für konkrete Maßnahmen gar keine Energie mehr bleibt: Das, oder die dem Volk zugeschriebenen Nöte gehen ihnen in Wirklichkeit schlichtweg am Arsch vorbei. Denn umsetzbare Lösungsvorschläge bleiben aus, mehr als Schuldzuweisungen (die Ausländer! die Regierung! die Impflobby!) haben sie nicht zu bieten. 

  • Jürgen Wirth Anderlan: Der Newcomer wurde bei den Wahlen im vergangenen Herbst in den Landtag gewählt. Foto: Seehauserfoto
  • „Ich kenne mich noch zu wenig aus“, sagt der eine und liefert zumindest eine fadenscheinige Ausrede dafür, wieso bislang nur heiße Luft die Hose dick macht und nicht etwa die versprochenen „Eier". Der andere tritt zwar businesslike im Anzug auf, scheint aber darauf bedacht, jegliche reale busyness (Beschäftigtsein) tunlichst zu vermeiden: Die jüngsten Begehrensanträge der Süd-Tiroler Freiheit sind von einer geradezu anrührenden Weltfremdheit und Irrelevanz (Beflaggung öffentlicher Gebäude, neutrale Trikots für Sportler, etc.), ja wollen so gar nicht zum „Südtirol brennt!!!“-Alarmismus des Parteichefs passen. Unerklärlicherweise glänzt dieser auch in den Gesetzgebungsausschüssen, wo konkret für „das Volk“ gearbeitet werden könnte, durch Abwesenheit, und hat in den letzten 14 (!) Jahren sage und schreibe einen einzigen (one, uno, un) Gesetzesentwurf (2010, zu faschistischen Namensdekreten) als Erstunterzeichner ausgearbeitet und eingebracht. Wenn man bedenkt, dass die Hauptaufgabe des Landtags darin besteht, Gesetze zu machen, die ja unser Leben regeln und besser machen sollen, dann ist das eine für einen selbsternannten Mann des Volkes mehr als erklärungsbedürftige Bilanz. 

    Aber halt, dass die Kraft für solch schweißtreibende Arbeit im undankbaren weil schlecht inszenierbaren Hinterzimmer fehlt, lässt sich auch damit erklären, dass beide Mannen schwer damit beschäftigt sind, sich hochnotpeinlich im Ausland (Achtung, rhetorisch und inhaltlich schmerzhaft) oder vor der Kamera in Szene zu setzen: Im Akkord werden großmäulig Filmchen für die Facebook- und Insta-Fanbase produziert, pointierte TikToks, in denen Unwahr- oder Halbwahrheiten gestreut, die Landtagskollegen an den Pranger gestellt und Horrorszenarien entworfen werden. Denn darin sind beide ganz groß: Ängste zu schüren und Hetze zu verbreiten, aus ihren Anhänger*innen holen sie damit das Schlechteste hervor, wie ein Blick in die Kommentare zeigt. Letzterer zeigt aber auch, dass immer mehr Bewunderer*innen zu ehemaligen werden, die feststellen: Euch zu wählen, euch Popolisten, das war ein Griff ins Klo. Möge noch vielen mehr klar werden, welche Arschkarte man mit solchen Volksvertretern zieht. 

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nobody Di., 23.04.2024 - 20:59

Viele Wähler haben das Vertrauen in die Regierung verloren und gehen deshalb nicht mehr zur Wahl oder wählen extreme Parteien. Der Artikel ist wohl Satire und daher erwähnt er die Symptome, aber nicht die Ursachen.

Di., 23.04.2024 - 20:59 Permalink
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K V Mi., 24.04.2024 - 07:28

Antwort auf von nobody

Kann dem nur zustimmen. Es ist einfach, satirisch auf die Unzulänglichkeiten dieser Opposition hinzuweisen. Viel schwieriger ist das Erkennen der Ursachen politischer Fehlentwicklungen und die Entwicklung entsprechender Gegenmaßnahmen. Wir sollten uns weniger mit den Ausdünstungen dieser Figuren und mehr mit den relevanten Themen beschäftigen. Das würde dann vielleicht konkret einen Fortschritt bringen und nebenbei den Symptomen den Nährboden entziehen.

Mi., 24.04.2024 - 07:28 Permalink
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Manfred Klotz Mi., 24.04.2024 - 11:17

Antwort auf von nobody

Und Sie denken echt solche Granaten wie JWA und Knoll geben ihnen das Vertrauen zurück? Wenn die Wähler wirklich dieser Meinung sind, dann ist das Problem tatsächlich nicht die etablierte Politik (ohne sie in Schutz nehmen zu wollen), sondern pure Dummheit.

Mi., 24.04.2024 - 11:17 Permalink
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Christian I Mi., 24.04.2024 - 21:16

Antwort auf von nobody

Die Ursache ist, dass die Linke eigentlich "wenig Action" macht (um Autorins Wörter zu benutzen), bzw. sich im Dornröschenschlaf befindet (leider). Daher haben die Rechten leichtes Spiel. Wenn es eines Tages wieder eine Volks-nahe und konkrete Alternative zur Rechten geben wird, wird sich das Blatt wieder wenden. Bis dahin hat das Volk entschieden und die meisten Kommentare hier sind aria fritta...

Mi., 24.04.2024 - 21:16 Permalink
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Manfred Klotz Do., 25.04.2024 - 07:35

Antwort auf von Christian I

Die Ursache ist eher, dass sich die Parteien des Spektrums Links und Mitte-Links über die Jahre geschwächt haben, weil ihnen ein klares Profil fehlt und sie kaum in der Lage sind an einem Strang zu ziehen. Das machen sich die rechten Parteien einfacher: Sie generieren zunächst (meist grundlos) Ängste, die bei den Bildungsfernen auf fruchtbaren Boden fallen und bieten sich dann als Lösung an. Der Vorwurf, sie hätten keine Lösungen fällt im Grunde ins Leere, weil die Probleme, die sie artikulieren eben so nicht existieren. Im Prinzip ein genialer Schachzug, wenn da nicht die Tatsache wäre, dass sie dort, wo sie regieren, mit der Realität konfrontiert werden. Gerade Italien ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie sich Eigentore mittelfristig auswirken können.
Auf die inhaltslose Politik und die teils inakzeptablen Auftritte der Rechten aufmerksam zu machen ist nie "aria fritta".

Do., 25.04.2024 - 07:35 Permalink
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Stereo Typ Di., 23.04.2024 - 22:37

Dieser Kommentar wurde entfernt. Bitte Netiquette beachten („Sachliche Diskussion“)

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Di., 23.04.2024 - 22:37 Permalink
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Martin Tarshito Sa., 27.04.2024 - 03:39

Antwort auf von Stereo Typ

@SCM, natürlich kann ich auch sachlicher als einfach nur "unsachlich" zu schreiben und dafür gelöscht zu werden

Ich könnte auch einfach aus Absatz eins zitieren: "Kloake", "Masse an übelriechenden Flatulenzen", "müffelt" "hinterseitig", "unbeherrschbaren Flatulenzen gleich", "Eingeweide", "Allerwertesten".

Und dazu anmerken, dass zur 'Sache' hier -meiner Meinung nach- nur noch ein Zitat von Frau Bosetti fehlt: Jenes vom 3.12.2021 mit dem "nicht essentiellen Blinddarm"
Zitat: "Und so ein Blinddarm ist ja nicht im strengeren Sinne essentiell für das Überleben des Gesamtkomplexes."
(https://twitter.com/sarahbosetti/status/1466829037645582341?t=pYOJOGPX0…)

Sa., 27.04.2024 - 03:39 Permalink
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Markus Klammer Di., 23.04.2024 - 23:27

Ja, es ist wieder einmal die Alexandra Kienzl, die sagt was der Verlautbarungsjournalismus aus dem Weinbergweg und der RAI Südtirol verschweigt. Es wäre wünschenswert, mit einem solchen Klartext - unterlegt mit dem entsprechenden Bild- und Datenmaterialien - die erwähnten Systemmedien zu versorgen.
Ein Gentlemen speaking ist in einem bestimmten Kontext leider out of time.

Di., 23.04.2024 - 23:27 Permalink
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Josef Fulterer Mi., 24.04.2024 - 06:18

Vielen Wählern wird "das nicht mehr zur Wahl gehen," in erster Linie von den bescheuerten Wählern gewählten Typen wie Cicciolina, Sven, JWA + seinem meistens schlafendem Ministranten vermießt, aber auch von den Pöstchen-gierigen Vertretern der Mehrheitsparteien die Monate verplempern, bis "alle" mit einem Schnuller, pardon ein wenig/einem ordendlichen Patzen mehr Geld versorgt sind, zusätzlich zu ihrem bereits "selber genommenen Lohn, den Aufwandsentschädigungen, den selber beschlossenen Steuer-freien Wohltaten, den -a n g e n o m m e n e n- Zuwendungen Wohlwollen kaufender schräger Mitbürger" usw., sowie den schrägen vom Futtertrog verdrängten Vögeln Widmann, Noggler & CO., die dauernd in Suppe der Ratskoleg:Innen spucken.

Mi., 24.04.2024 - 06:18 Permalink
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Cicero Mi., 24.04.2024 - 07:20

Keine schlechte Beschreibung des Ist-Zustandes, nur was folgt nun daraus? Fakt ist, dass besagte Herrn und ihre Parteien zu den großen Gewinnern der letzten Wahl zählen und das hat Gründe. Diese Gründe anzusprechen und die offensichtlichen Probleme die zu so viel Unzufriedenheit bei immer größeren Teilen der Bevölkerung führen zu lösen obliegt nun den "staatstragenden" Parteien. Die Aufgabe ist schwer genug.

Mi., 24.04.2024 - 07:20 Permalink
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Oliver Hopfgartner Mi., 24.04.2024 - 21:41

Einige Leser beschreiben diesen Beitrag als brillant und schreiben "Chapeau!"

Wenn es darum geht, JWAs Arbeit im Landtag als seicht und populistisch zu bezeichnen, kann man natürlich zustimmen.

Das ganze aber auf Fäkalhumor herunterzubrechen, ist dann aber doch zu einfach.

Kann man es einem Sven Knoll wirklich zum Vorwurf machen, dass er keine Gesetzesentwürfe schreibt? Einen Gesetzesentwurf zu schreiben, bedeutet viel Arbeit. Wenn eh alles von der Regierungsmehrheit abgeschmettert wird, verstehe ich, wenn man sich da eher auf die Oppositionsarbeit konzentriert, die mehr Stimmen bringt.

Außerdem bin ich mir nicht sicher, ob andere, nicht rechte Parteien wirklich weniger populistisch und unwissenschaftlich unterwegs sind. Ein Kritiker von Klimapolitik ist nicht automatisch ein Klimaleugner und wer selbst behauptet, es gäbe 57 Geschlechter, sitzt in gewisser Hinsicht im Glashaus, was den Vorwurf angeht, sich "Wissenschaft" so hinzubiegen, wie man es gerade braucht.

Ich will damit auf folgenden Punkt hinaus: Es ist der demokratische Wettbewerb um Kreuze auf dem Wahlzettel, der zu diesen Auswüchsen führt. Themenarbeit bringt keine Stimmen, lustige Videos in SocialMedia und gute Presse in den reichweitenstarken Medien hingegen schon. Das sind die Anreize, die das Verhalten von Politikern lenken, entsprechend darf man sich nicht wundern, wenn die Politiker sich danach richten.

Mi., 24.04.2024 - 21:41 Permalink
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Profil für Benutzer Martin Tarshito
Martin Tarshito Fr., 26.04.2024 - 22:22

Geschwurbel vom Feinsten.

Anders gesagt: Für die Tonne.
Biomülltonne? Nein, aus dieser ganzen Fäkalsprach-Orgie könnte nicht mal durch Kompostierung etwas Nützliches rauskommen.
Also fürs Plumpsklo.
Ein Level wie in noch nicht trockengelegten Mösern. Humor? Maximal Moor. Not more.

Fr., 26.04.2024 - 22:22 Permalink