Politik | Sicherheit

„Keine Alarmisten“

Sicherheit durch Nachbarn? La Civica sammelt Unterschriften zur Erprobung einer Nachbarschaftswache. Wie das aussehen soll, klärte sie heute auf einer Pressekonferenz.
La Civica
Foto: La Civica
  • Über 300 Unterschriften konnte „La Civica per Bolzano“ in einer Unterschriftenaktion, die vor rund einem Monat ihren Anfang fand, für die Erprobung einer Nachbarschaftswache in Bozen sammeln. Um die 500 italienischen Gemeinden hätten bereits aktive Nachbarschaftswachen und diese erwiesen sich gerade gegen Einbrüche und Betrügereien als sehr wirksam. Nun wolle man dieses Konzept auch probeweise in der Landeshauptstadt einführen, um die Sinnhaftigkeit zu evaluieren. „Wir sind keine Alarmisten“, stellt Fraktionssprecher Roberto Zanin klar. Vergleiche mit der DDR wie er sie teilweise zu hören bekomme, seien völlig aus der Luft gegriffen. Es gehe nicht darum einen Polizeistaat zu fördern, sondern darum ein Instrument der Sicherheit zu erproben.

  • Nachbarschaftswache

    Das von La Civica per Bolzano vorgeschlagene Projekt der Nachbarschaftskontrolle sei ein organisiertes System der aktiven Beteiligung, bei dem die Bürger mit der Polizei zusammenarbeiten, um verdächtige kriminelle Aktivitäten zu beobachten und über, von der Polizei ernannte, verantwortliche Personen an die lokalen Behörden weiterzuleiten. Es sei nicht als Selbstjustiz zu verstehen, wo Bürger auf eigener Initiative Festnahmen durchführen und ebenso nicht als Aufforderung zum Denunziantentum, sondern vor allem als ein Kommunikationssystem. Eine Nachbarschaftswache trage zu einer Abschreckung von Kleinkriminalität und Stärkung der Solidarität zwischen Nachbarn bei. Der Vorschlag der Civica sei im Dezember beim Stadtrat auf taube Ohren gestoßen.

  • Für ein solidarisches Bozen?: Für rund einen Monat sammelte La Civica Unterschriften für eine experimentelle Nachbarschaftswache Foto: SALTO
  • Hauptsächlich gehe es um Beobachtung und Meldung. Derartige Wachen würden dafür sorgen, einen „gelasseneren“ Alltag leben zu können. Der Unterschied zur „normalen“ Kontrolle durch Bürger, die verdächtige Vorfälle beziehungsweise Personen melden, sei der einer größeren Organisiertheit und einer direkteren Kommunikation mit den Behörden. Die Nachbarn seien kommunikativ vernetzt, etwa über WhatsApp, und würden somit Informationen schnell weiterleiten können. Es sei auch als präventive Maßnahme zu verstehen, welches zwar nicht jegliche Sicherheitsprobleme in den Begriff bekommen könne, aber für eine beruhigtere Wahrnehmung der Sicherheit in der eigenen Nachbarschaft sorge. 

    Die gesammelten Unterschriften würden in den nächsten Tagen der Gemeinde vorgelegt werden. Daraufhin sei das Ziel, ein Programm zu erarbeiten, welches in „kritischen“ Stadtvierteln für ein „solidarisches und sicheres“ Bozen getestet werden soll.

    Am 29. Mai findet in Meran eine Informationsveranstaltung statt. In der Passerstadt soll die Wache demnächst probeweise eingeführt werden, der Bürgermeister Dario Dal Medico hat bereits das geplante Absichtsprotokoll mit dem Regierungskommissar unterzeichnet. Unter anderem der Quästor Paolo Sartori sowie der Stadtrat für Sicherheit von Verona, eine Stadt, in der die Nachbarschaftswache bereits seit längerem gut funktioniere, werden an der Veranstaltung teilnehmen. Die Civica hoffe, dass Bozens Bürgermeister Renzo Caramaschi, bei dem sie auf eine „ideologische Mauer“ gestoßen wären, ebenfalls an der Veranstaltung teilnimmt, um die Meinung von Sicherheitsexperten zu hören.

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Andrea Terrigno Mo., 27.05.2024 - 09:53

Ich denke, dass so etwas recht schnell in eine immer stärker auf Kontrolle ausgerichtete Gesellschaft ausartet. Es wird von der Bevölkerung immer weniger Zivilcourage und Selbstverantwortung verlangt, die Schaffung von Zivilpatrouillen stellt nur eine scheinbar höhere Sicherheit dar. Gegen Einbrecherprofibanden nutzt so etwas eher wenig, und wenn eine Gewalttat auf der Straße geschieht, sollte eben stärker auf Prävention, Zivilcourage und die (hoffentlich) dafür ausreichend ausgebildeten Ordnungshüter gesetzt werden.
Eine gut versorgte Struktur von Streetworkern sähe ich sehr lieber auf den Straßen, also solche spießbürgerlich eingefärbten Ronde.
Ich frage mich eher nach den Ursachen der Verrohung von Teilen unserer Gesellschaft, was leben wir unseren und der anderen Eltern Kinder vor? Wo bleibt die Authentizität, der Konflikt und der daraus entstehende Dialog? Wo bleibt das eigenständige Denken, welches uns vom impulsiven Handeln emanzipiert?

Mo., 27.05.2024 - 09:53 Permalink