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Zuwanderung, die Zukunft der Wirtschaft

Gestern Abend fand die Jahreshauptversammlung des Unternehmerverbandes statt. Im Zentrum der Veranstaltung standen die Themen Integration und Innovation.
Hauptversammlung Unternehmerverband
Foto: Unternehmerverband
  • Alles, was Rang und Namen in Südtirols Wirtschafts- und Politikwelt hat, fand sich gestern im Hotel Sheraton in Bozen ein. Von Vertretern der Landesregierung, über Funktionäre des HGV und der Polizei bis hin zu Unternehmern aus dem produzierenden Gewerbe, war jeder Sektor vertreten. Der Abend der Vollversammlung begann mit einer Begrüßungsrede des Präsidenten des Unternehmerverbands Südtirol, Heiner Oberrauch. „Unser Auftrag ist ein ganzheitlicher, ein gesellschaftspolitischer, er geht über den rein wirtschaftlichen Aspekt hinaus“, begann er seine Rede. Der Verband habe aus einem ganz bestimmten Grund das Thema „Integration und Innovation stärken Zukunft!“ als Kernthema der Versammlung gewählt. Aktuell sehe sich der Sektor mit drei großen Herausforderungen konfrontiert: Dekarbonisierung, Digitalisierung und dem demografischen Wandel. Bei den ersten beiden „Ds“ könnten die Unternehmen durch die Innovationskraft und den technologischen Fortschritt einen wesentlichen Beitrag leisten, so Oberrauch. Was hingegen den demografischen Wandel betrifft, sei dies jedoch nicht ausreichend. „In den kommenden 10 Jahren verlieren wir 85.000 potenzielle Mitarbeiter:innen und es kommen nur 55.000 nach“, analysierte der Oberalp-Chef. Deshalb müsse gehandelt werden, einerseits indem man die Gesellschaft und vor allem auch die Jugend stärker in die Arbeitswelt miteinbezieht und anderseits mit „qualifizierter Zuwanderung.“ In diesem Zusammenhang hob der Präsident hervor, dass beim Thema Migration zu oft der positive Aspekt vergessen und nur auf das Negative wie Kriminalität geachtet werde. Auf die förderlichen Gesichtspunkte einer qualifizierten, gesteuerten und kontrollierten Einwanderung müsse mehr Augenmerk gelegt werden. Am Ende sprach Oberrauch noch einen Wunsch an die (nicht mehr ganz so) neue Landesregierung aus. „Mein Wunsch ist, dass der Industrie mehr Wertschätzung entgegengebracht wird – im Interesse unseres ganzen Landes.“ 

     

    „Die Politik ist hier sehr langsam.“

  • Präsident Oberrauch: „Unser Auftrag ist ein ganzheitlicher, ein gesellschaftspolitischer, er geht über den rein wirtschaftlichen Aspekt hinaus“ Foto: Unternehmerverband
  • Nach diesem Referat kam der Adressat der letzten Worte auf die Bühne. In seinen Grußworten lobte Landeshauptmann Arno Kompatscher die „mutige“ Wahl des Themas. So vertritt auch er die Meinung, dass Migration durchaus eine Chance für Südtirol und seine Wirtschaft ist. Auch die Schwierigkeiten, die Oberrauch genannt hatte, bestätigte Kompatscher und bedankte sich bei den Unternehmern für den Wohlstand, den das produzierende Gewerbe ins Land bringen würde. Im selben Atemzug nutzte der Landeshauptmann die Gelegenheit, um für die anstehenden EU-Wahlen zu werben: „Wir brauchen Europa dringend“, ließ er verlauten. Ein funktionierendes Europa sei nämlich auch Garant für Südtirols Wirtschaft. 

  • Rettung aus dem Ausland

    Gespanntes Publikum: Die Reihen der Ehrengäste waren reich besetzt. Foto: Unternehmerverband

    Im Anschluss an die Grußworte der oben genannten Herren sah die Tages- beziehungsweise Abendordnung einen Vortrag des Leiters des Clusters Bildung, Innovation, Migration am Institut der deutschen Wirtschaft Köln Prof. Axel Plünnecke vor. Auch der Experte sprach die Schwierigkeiten an, auf die seine Vorredner aufmerksam gemacht hatten. Vor allem ging er aber auf das von Oberrauch angesprochene Thema Integration als Lösung des Arbeitskräftemangels ein. Auch ihm zufolge könne der technologische Fortschritt beim Problem des demografischen Wandels helfen, jedoch seien auch die dementsprechenden Berufe wie Informatiker stark gesucht. „Wir sehen heute, dass Zuwanderung sehr stark bei der Fachkräftesicherung hilft. In Deutschland schon seit gut zehn Jahren“, so der Professor. Er stellte ein Beispiel vor: Die PISA-Daten für Mathematik sind im Westen in den vergangenen zehn Jahren stark abgestürzt. Sowohl in Europa als auch in den USA. In Asien hingegen sind die Studienergebnisse weit besser. Das Besondere ist jedoch, dass die Vereinigten Staaten ihr Defizit durch Zuwanderer mit Hochschulabschluss ausgleichen. In Italien ist dieser Wert vergleichsweise klein.

    Eine gute Möglichkeit, um potenzielle Fachkräfte aus dem Ausland ins Inland zu holen, sind Plünnecke zufolge die Hochschulen. In Deutschland würden zum Beispiel etwa 30 bis 40 Prozent der Hochschulabsolventen aus dem Ausland in ihrer neuen Heimat in den Arbeitsmarkt einsteigen. Dies fördere auch ein Netzwerk, wodurch weitere Studenten aus den diesbezüglichen Ländern an die Universitäten kommen. Wichtig sei auch die Standort- und Sozialpolitik, damit sich die Zuwanderer wohlfühlen, hierbleiben und sich eine Arbeit suchen. Nicht zuletzt sei auch die Bearbeitung der entsprechenden Ansuchen bezüglich Visums und so weiter von essenzieller Bedeutung, damit die „neuen“ Fachkräfte schnellstmöglich ihren Job antreten können. Konkret könne man die Art der erklärten Immigration fördern, indem man beispielsweise auf gezielte Werbung in den jeweiligen Zielländern setzt, zum Beispiel online.

  • Wirtschaft versus Politik

    Einen weiteren wichtigen Punkt des Abends bildete eine Podiumsdiskussion zwischen der Soziallandesrätin Rosmarie Pamer und Unternehmerverbandspräsident Oberrauch, moderiert von SWZ-Chefredakteur Christian Pfeifer. Auf dessen erste Frage an Pamer, wie die Politik denn ein positiveres Verständnis für Zuwanderung bei der Bevölkerung schaffen kann, antwortete diese, dass man, vor allem auch in der Politik, von der negativen Stimmungsmache, zu Wahlkampfzwecken etwa, absehen muss und die positiven Aspekte hervorgehoben werden müssen. Hierbei zähle sie auch auf die Unterstützung von Unternehmen und Wirtschaftstreibenden. „Wir müssen klare Botschaften senden!“, so die Passeiererin. Oberrauch zufolge würden die Unternehmer bereits viel für Integration tun, so etwa bei der Hilfe beim Suchen von Wohnungen oder bei Bürokratiefragen. Thematisiert wurde auch das Wohnen, denn wo soll man auswärtige Arbeitskräfte unterbringen? Pamer weiß, dass sich etwas tun muss, zeigte sich aber zuversichtlich, dass in den kommenden Jahren in Sachen Wohnungsbau viel passieren wird. Der Oberalpmann appellierte in diesem Zusammenhang an die Politikerin. Auch Unternehmen seien bereit, Unterkünfte für ihre Mitarbeiter zu schaffen, es bedürfe jedoch auch des Baugrundes. Er nutzte diese Gelegenheit auch für eine Kritik: „Bei meiner Antrittsrede vor drei Jahren war das Wohnen auch schon Thema. Die Politik ist hier sehr langsam“, stichelte der Unternehmer. Pamer sprach anschließend noch von der Relevanz von gelungener Integration. Oberrauch wies noch darauf hin, dass es wichtig sei, sich in anderen Ländern zu engagieren, um den Wirtschaftsraum Südtirol zu bewerben und somit Arbeitskräfte zu gewinnen. „Wenn Unternehmen keine Mitarbeiter mehr im Inland finden, lagern sie die Produktion aus“, so der Bozner. 

  • Dankeschön: Zehn Mitglieder wurden geehrt. Foto: Unternehmerverband
  • Ehrengruß und Ehrungen

    Bevor am Ende noch einige Mitglieder für Ihre ehrenamtliche Tätigkeit im Verband geehrt wurden sprach der frisch gebackene Confindustria Präsident Emanuele Orsini seine Abschiedsworte via Onlinezuschaltung aus. Er äußerte sich hauptsächlich über aktuelle Herausforderungen der italienischen Wirtschaft, darunter etwa die das Erhalten der PNRR-Gelder oder die Investments in unsicheren Zeiten. Er hob jedoch auch hervor, dass die Wirtschaft hierzulande, trotz der genannten Schwierigkeiten, zu den angesehensten der Welt zählen würde. 

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Josef Fulterer Fr., 31.05.2024 - 08:15

Die Unterstützung der Betriebe ist wirtschaftlich gesehen, eine Geld- + Wert-Vernichtung von 3 zu 1 €.
Weitaus besser wäre es, die Mitarbeiter + die Betriebe weniger zu schröpfen, statt mit hohen Kosten die Steuern ein zu treiben, -s i e- mit Umfang-reichen ausgedehnten Bürozügen zu verwalten, um dann die gütige Hand der Landesrät:Innen in ein schönes helles Licht zu rücken.

Fr., 31.05.2024 - 08:15 Permalink
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Martin Tarshito Sa., 01.06.2024 - 15:21

Wer weiß, vielleicht bringen demnächst Bootsflüchtlinge zwar weiterhin keine Ausweis-Papiere mit übers Wasser aber irgendein Papier, das sie als "Fachkraft" ausweist.
Und wenn nicht, wird die integrationswillige Politik zusammen mit den transportwilligen NGOs hoffentlich auch ein Programm erarbeiten, das es den Zuwandernden ermöglicht, sich in der Landessprache sowie zeitgleich in den entsprechenden Fachberufen turbomäßig zu qualifizieren.
Eine andere Möglichkeit, den Fachkräftemangel zu lindern, besteht vielleicht auch darin, die übermäßige Anzahl an soziologischen und artverwandten Akademiker*innen in praxisnahe Berufe umzuschulen.
Ob es hingegen damit getan sein wird, vor den Wahlen die positiven Seiten der Migration hervorzuheben?!
Vielleicht sollten einfach auch weniger vermeintlich besser qualifizierte Studierenden nach Brüssel und ähnliche Drehscheiben der Politik gehen, sondern einen praxisnahen Beruf vor Ort ausüben.
Ich weiß, das würde zwar nicht das demografische Problem lösen, vermutlich aber ehrlicher, sozialer und glaubwürdiger rüber kommen.

Sa., 01.06.2024 - 15:21 Permalink
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Josef Fulterer Fr., 07.06.2024 - 22:21

Fachkräfte, möglichst mit Hochschulabschluss aus dem Ausland ...?
Die Kosten bis zum Eintritt in die Schule, die Ausgaben für Pflicht- + Oberschulen, den Fachausbildungen + der Universitäts-Ausbildung, darf ein Entwicklungsland tragen ...???
... zumindest die anfallenden Steuern für die Migranten, sollten dem Herkunftsland überwiesen werden!

Fr., 07.06.2024 - 22:21 Permalink