Politik | Landtag

Schweigende Mehrheit

Die Südtiroler Freiheit hat ein altes Streckenpferd aus der Versenkung geholt: Die Abschaffung des Regierungskommissariats. Die Regierungsmehrheit stimmte nicht mit.
Landtag
Foto: Seehauserfoto
  • Die Südtiroler Freiheit hat den Antrag bereits mehrmals eingebracht. „Ich habe sieben Anträge dazu gefunden“, erklärt SVP-Fraktionssprecher Harald Stauder in der Aula des Landtages. Sven Knoll hingegen verweist auf die vergangene Legislatur: „Der Beschluss wurde nie umgesetzt, deshalb bringen wir das Thema jetzt erneut im Landtag vor“.
    Sven Knoll ist Ertsunterzeichner eines Antrages seiner Fraktion, mit dem die Abschaffung des Regierungskommissariats eingeleitet werden soll. Der Beschlussantrag Nr. 7/23 eingebracht am Tag vor Weihnachten 2023 trägt zwar den Titel „Abschaffung des Regierungskommissariats“, doch in Wirklichkeit ist genau das nicht so einfach. Deshalb heißt es im beschließenden Teil: 

    „Die Südtiroler Landesregierung wird aufgefordert, weiterhin mit dem Ministerrat und der italienischen Regierung Verhandlungen über die Abschaffung des Regierungskommissariats in Bozen aufzunehmen und eine Übertragung dieser Zuständigkeit, nach dem Vorbild des Aostatales, an das Land Südtirol zu erwirken.“

    Wie Knoll erklärte, sei dieser Antrag bereits in der vergangenen Legislatur vom Landtag angenommen worden. Weil bisher aber nicht passiert sei, habe man den Antrag jetzt erneut eingebracht.
    Das letzte Mal hat die SVP dem Antrag zugestimmt und wir sehen deshalb auch keine Notwendigkeit, immer wieder dasselbe zu sagen“, ergänzte Harald Stauder. Der SVP-Fraktionssprecher erklärte, dass man deshalb auch an dieser Abstimmung nicht teilnehmen werde, um ein Zeichen zu setzen. Man stehe nach wie vor klar und deutlich hinter der beim letzten Mal geäußerten Meinung - dies bis auf Widerruf.
    Landtagspräsident Arnold Schuler erklärt auf Nachfrage , dass angenommene Beschlussanträge keinesfalls mit Ende der Legislatur verfallen und deshalb der Antrag immer noch seine Gültigkeit habe. 

  • Regierungskommissariat: Gespräche in Rom zur Abschaffung aufnehmen. Foto: Regierungskommissariat
  • Doch die Einbringen wollen trotzdem am Beschlussantrag festhalten. Die Argumentation der Südtiroler Freiheit: Seit dem letzten Beschlussantrag habe es sowohl in Südtirol als auch in Rom einen Regierungswechsel gegeben, deshalb sei es angebracht, die Abstimmung noch einmal durchzuführen. gehabt. „Der Landtag kann mit diesem Beschluss einen Auftrag erneuern, nachdem der vorherige seit 10 Jahren nicht umgesetzt worden ist“, meinte Bernhard Zimmerhofer. 
    Als zuständiges Mitglied der Landesregierung unterstrich Landesrätin Rosmarie Pamer, dass sie zur Ankündigung des SVP-Faktionssprechers nichts hinzufügen kann. Man werde an der Abstimmung nicht teilnehmen.
    Der Beschlussantrag wurde schließlich mit 10 Ja-Stimmen und 5 Enthaltungen angenommen. Die 19 Abgeordnete der Regierungsmehrheit haben dabei – wie angekündigt – an der Abstimmung nicht teilgenommen.

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Manfred Klotz Fr., 07.06.2024 - 07:55

Antwort auf von Sergio Fratucello

Das ist pure Schaumschlägerei von Knoll. Der Antrag hat überhaupt keinen Sinn. Selbst bei Übertragung der Kompetenzen des Präfekten auf die REGION, nicht auf die Autonome Provinz (wie eben im Aostatal), würden die Kosten und Funktionen immer gleich bleiben. Die Präfektur ist ja nichts anderes als eine "Filiale" des Innenministeriums.

Fr., 07.06.2024 - 07:55 Permalink
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Manfred Klotz So., 09.06.2024 - 07:16

Antwort auf von pérvasion

Die STF schreibt selbst "nach dem Vorbild des Aostatales"... dort ist die Präfektur beim Präsidenten des Regionalrates angesiedelt. Sollte die Regierung Meloni der Abschaffung der Regierungskommissariats zustimmen (was angesichts der Ausrichtung der Regierung eher unwahrscheinllich ist), dann ist es schwer vorstellbar, dass sie Kompetenzen, die aktuell direkt von Rom abhängen (und Rom seinen Einfluss direkt geltend machen kann) in die Hand der deutschen Minderheit gibt. Abgesehen von der Tatsache, dass die Zusammenlegung der beiden Regierungskommissariate von Bozen und Trient mit Ansiedelung in Trient (das nun mal der Hauptort der Region ist), unter dem Gesichtspunkt der Einsparungsmaßnahmen vielleicht der einzige Grund sein könnte, zur Abschaffung des Regierungskommissariats zu schreiten. Aber dann eben ohne Südtiroler "Beteiligung".

So., 09.06.2024 - 07:16 Permalink
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Hartmuth Staffler Do., 06.06.2024 - 21:51

In Aosta/Aoste gibt es, im Gegensatz zu Südtirol, kein Regierungskommissariat und auch keine faschistischen Ortsnamen mehr. Das verdankt Aosta/Aoste dem Umberto von Savoien, der vom 5. Juni 1944 bis zum 9. Mai 1946 Regent von Italien und nach der Abdankung seines Vaters Vittorio Emanuele vom 9. Mai bis zum 18. Juni 1946 auch König war. In dieser kurzen Zeit hat er vor allem auf Aosta/Aosta geschaut, das seit jeher ein Lehen der Savoier war und wo sie auch ihren Sommersitz hatten. Südtirol hat ihn nicht interessiert, wohl auch weil die Südtiroler beim Referendum vom 2. Juni 1956, mit dem in Italien die Monarchie abgeschafft und der Kurzzeit-König ins Exil geschickt wurde, nicht mitwählen durften. Er hatte daher keinen Grund, sich bei den Südtirolern beliebt zu machen.

Do., 06.06.2024 - 21:51 Permalink
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Manfred Klotz Fr., 07.06.2024 - 07:57

Antwort auf von Hartmuth Staffler

Regierungskommissariate gibt es in keiner Region, denn dort heißt der lokale Ableger des Innenministeriums Präfektur. Das ändert aber nichts an den Kompetenzen. In Aosta wurden die Kompetenzen der Präfektur mit der des Regionalratspräsidenten zusammegelegt, aber die Funktionen und Struktur gibt es immer noch. Daher hat Knolls Antrag überhaupt keinen Sinn.

Fr., 07.06.2024 - 07:57 Permalink
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Manfred Klotz So., 09.06.2024 - 07:29

Antwort auf von pérvasion

Haben Sie mitbekommen, dass sich die SVP gar nicht dazu geäußert hat? Weshalb glauben Sie hat man den Saal verlassen, wenn man doch die Möglichkeit gehabt hätte dagegen zu stimmen? Oder nochmals dafür wie schon in Vergangenheit. Damals war man aus politischen Gründen dafür, um die eigene patrotische Flanke zu befriedigen (deshalb stimmt man jetzt nicht dagegen), heute stimmt man nicht dafür, um nicht die politische Agenda, d.h. die Verhandlungen mit Rom, zu stören.
Knolls Anliegen hat deshalb keinen Sinn, weil es eine reine Provokation ist und die Regierung - Sie wissen, dass Südtirol die Abschaffung des Regierungskommissariats nicht im Alleingang beschließen kann? - vor einer als sezessionistisch angesehenen Gruppierung sicher nicht einknickt.
Wenn man in dieser Angelegenheit etwas erreichen möchte, dann ohne Aufsehen zu erregen, denn eine rechte, nationalistische Regierung wird niemals ihre "Filiale" aufgeben, da man ihr das als Schwäche ankreiden würde.

So., 09.06.2024 - 07:29 Permalink
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M A Fr., 07.06.2024 - 07:41

Bedeutet das, dass der angenommene Antrag über die Auflösung der IDM aus der letzten Legislatur auch noch aufrecht ist oder gilt das in diesem "speziellen" Fall nicht?

Fr., 07.06.2024 - 07:41 Permalink
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Hartmuth Staffler Fr., 07.06.2024 - 07:49

Der Antrag der STF war, wie Christof Franceschini im Untertitel dieses Beitrages ganz richtig geschrieben hat, ein "Streckenpferd". Es geht darum, das anachronistische Amt des Regierungskommissars endlich zur Strecke zu bringen, und diese Forderung kann man nicht oft genug wiederholen.

Fr., 07.06.2024 - 07:49 Permalink
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△rtim post Fr., 07.06.2024 - 08:06

Die SVP schadet durch ihr Verhalten nicht nur inhaltlich dem eigenen Anliegen. Vielmehr. Sie delegitimiert den Landtag und entmächtigt sich vor allem selbst als Vertretung, wenn sie immer mehr eigene Politikfelder der Volks- und Bürgerrechte einfach der STF überlässt und aus welchen Gründen (des Koalitionsfriedens mit FDI) auch immer, dafür sogar die Abstimmung verlässt.
Man darf gespannt sein, wie die SVP ihr Anliegen da noch in Rom glaubhaft vertreten kann/will.

Fr., 07.06.2024 - 08:06 Permalink
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Robert Zagler Fr., 07.06.2024 - 11:18

...ein Zeichen setzen????
Man mag über den Beschlussantrag streiten, sinnvoll oder nicht!
...aber ein klares NEIN wäre sinnvoller. ...wenn mir die Fragestellung nicht passt, bzw. sinnlos erscheint, müsste ich bei der nächsten Volksabstimmung auch zu Hause bleiben, anstatt klare Kante zu zeigen!

Fr., 07.06.2024 - 11:18 Permalink