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Der „Renaturierungs-Tunnel“

Das Hickhack um den Neubau der Luegbrücke nimmt immer absurdere Züge an. Die NEOS berufen sich in ihren Forderung nun sogar auf das EU-Renaturierungsgesetz.
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Foto: ASFINAG
  • Der Streit um den Neubau der Luegbrücke im nördlichen Wipptal zieht sich nun bereits seit Jahren hin. Die Anrainer-Gemeinden, insbesondere Gries am Brenner unter seinem Bürgermeister Karl Mühlsteiger, sehen sich in einem gerechten Kampf mit einer übermächtigen Behörde – die ASFINAG –, welche über die Rechte der Bevölkerung „drüberfährt“

  • Karl Mühlsteiger: Der Bürgermeister der Gemeinde Gries am Brenner wehrt sich seit Jahren mit Händen und Füßen gegen einen Neubau der Luegbrücke. Foto: Salto.bz

    Für seinen Widerstand wird der Wipptaler Don Quijote in den sozialen Foren und Kommentaren gefeiert, die Autobahngesellschaft hingegen als geldgieriges Monster verteufelt. Die Tiroler Landesregierung beschränkt sich mehr oder minder auf das „Zusehen“, einige Parteien wie die NEOS zeigen sich hingegen solidarisch mit Mühlsteiger und fordern ebenfalls die Tunnellösung. Diese ist mittlerweile vom Tisch bzw. wie Stefan Sigele, Geschäftsführer der ASFINAG Alpenstraßen GmbH, dies im Gespräch mit SALTO unmissverständlich klarstellte. So wird es laut ihm keinen Tunnel geben und die Brücke wird gebaut – ob nun mit dem Einverständnis oder gegen den Willen von Bürgermeister Mühlsteiger.

  • Nach der Genehmigung des EU-Renaturierungsgesetzes sehen die NEOS allerdings einen Hoffnungsschimmer am Horizont bzw. einen dankbaren Aufhänger, um Oppositionspolitik zu betreiben. Von der zuständigen Umwelt- und Verkehrsministerin Leonore Gewessler fordern sie nämlich mehr Mut zur Umsetzung auch im Hinblick auf die Luegbrücke. Gewessler solle die Stopp-Taste drücken, im Wipptal ein erstes Wiederherstellungsverfahren einleiten und eine Tunnellösung im Sinne der Natur umsetzen. Denn insbesondere der Fichtenwald, in dem die Luegbrücke steht, sei ein geschädigtes Ökosystem.

  • Spätestens seitdem bekannt geworden ist, dass ab 1. Jänner 2025 die Luegbrücke über verschiedene Zeiträume hinweg nur mehr einspurig befahrbar sein wird, macht man sich auch hierzulande Sorgen bzw. mehren sich die Befürchtungen, dass einerseits das Wipptal und das Eisacktal noch mehr im Verkehr ersticken wird, als dies ohnehin der Fall ist, da es anders als in Österreich in Italien kein Abfahrverbot gibt, und andererseits befürchtet man, dass die Verkehrsteilnehmer auf die anderen Grenzübergänge im Vinschgau und Pustertal ausweichen könnten. 

  • Selbstredend konstruiert

    Und die ASFINAG? Die österreichische Autobahn-Gesellschaft zeigt sich wenig beeindruckt. „Die diese Woche erfolgte Abstimmung in Brüssel betreffend Renaturierung im Zusammenhang mit der Luegbrücke zu bemühen, ist selbstredend ziemlich konstruiert“, meint dazu Christoph Pollinger. Auf den Stand der Dinge und das Enteignungsverfahren gegen die Gemeinde Gries am Brenner angesprochen, erklärt der ASFINAG-Pressesprecher, dass für die Verwirklichung des Vorhabens eine Inanspruchnahme zusätzlicher Grundflächen – dauerhaft im Wege eines Erwerbs oder einer Dienstbarkeitseinräumung bzw. temporär – erforderlich ist. Mit Ausnahme der Gemeinde Gries am Brenner habe mit allen anderen Grundeigentümern eine gütliche Einigung erzielt werden können. „Nach unzähligen Versuchen einer gütlichen Einigung war die letzte Option die Einleitung eines Enteignungsverfahrens. Letzte Woche fand dazu die mündliche Verhandlung statt. Nach Einschätzung unserer Kollegen vor Ort ist die Verhandlung gut und vor allem konstruktiv verlaufen. Die Gutachter haben unsere Einschätzungen bezüglich der Notwendigkeit der benötigten Flächen sowie der Dimension dieser Flächen bestätigt. Eine gütliche Einigung konnte erwartungsgemäß nicht erzielt werden. Jetzt wird bzw. muss die Behörde, sprich das Land Tirol, die Entscheidung treffen“, so Pollinger. 

     

    „Der schlechte Erhaltungszustand der Brücke erlaubt jetzt keine Verzögerungen mehr bei der Umsetzung des Projekts Generalerneuerung Luegbrücke.“

     

    Was die Tunnellösung betrifft, so habe die ASFINAG sämtliche Varianten, auch die Tunnelvarianten, untersucht und evaluiert und sei eindeutig zum Ergebnis gekommen, dass die Brückenlösung die Bestvariante darstelle. Alle anderen Varianten würden zu einer Mehrbelastung der Bevölkerung führen. Darüber hinaus sei im Auftrag des Landes Tirol ein internationales Sachverständigen-Fachgremium unter Konrad Bergmeister beauftragt worden, eine Beurteilung der Gegenüberstellung von Brücke und Tunnel zu erstellen. „Auch dieses Gutachten bestätigt die Expertenmeinung der ASFINAG. Der schlechte Erhaltungszustand der Brücke erlaubt jetzt keine Verzögerungen mehr bei der Umsetzung des Projekts Generalerneuerung Luegbrücke“, stellt die ASFINAG klar. 

  • Luegbrücke im nördlichen Wipptal: Laut NEOS ist der FIchtenwald, in dem die Brücke steht, ein geschädigtes Ökosystem. Foto: ASFINAG
  • Maßnahmenbündel wird geschnürt

    Und die Brücke selbst? Wie die ASFINAG mitteilt, hat im vergangenen April die Brückenhauptprüfung vor Ort stattgefunden. Derzeit werden die aufgenommenen Daten ausgewertet und auf Veränderungen gegenüber den letzten Inspektionen verglichen. Für die Formulierung weiterführender Maßnahmen werden durchgeführte statische Untersuchungen und Information aus dem laufenden Monitoring einfließen. Im Laufe des Sommers werden die Ergebnisse vorliegen. Derzeit wird davon ausgegangen, dass im Regelfall ab 2025 eine einspurige Verkehrsführung für den gesamten Verkehr für Fahrzeuge bis 44 Tonnen erforderlich wird. Daher arbeitet die ASFINAG mit Beteiligung von Land Tirol und BMK derzeit an einem Maßnahmenbündel für die Zeit.