Politik | Landtag

Kaschierte Hilflosigkeit

Die Wohnungsnot kommt in Südtirol nicht aus den Schlagzeilen: Wie viel Leerstand es genau gibt, weiß aber niemand. Madeleine Rohrer fordert deshalb schnelle Maßnahmen.
Sterzing
Foto: Seehauserfoto
  • Die Grüne Landtagsabgeordnete Madeleine Rohrer fordert die Landesregierung in einem Beschlussantrag auf, Südtirols Gemeinden in Sachen Leerstand besser zu unterstützen. Tatsache sei, dass es noch keinen Überblick gibt und die Gemeindestuben mit der Erhebung leerstehender Immobilien überfordert zu sein scheinen. 

    „Mit anderen Worten: Es wird noch Jahre dauern.“

    Rohrer verlangt darüber hinaus ein Leerstandsmanagement, um die Ursachen für Leerstand zu finden und Lösungen zu erarbeiten. „Gemeinden schaffen es in der Regel nicht, aus eigener Kraft eine solche Managementstruktur auf die Beine zu stellen“, erklärt die Landtagsabgeordnete. Die Ursachen für leerstehende Immobilien seien vielfältig: „Vielleicht gibt es einen Erbschaftstreit oder fehlt den Eigentümer*innen gerade das Geld, um die Wohnung zu sanieren? Damit ungenutzte Wohnungen wieder von Familien, jungen Menschen und Arbeitnehmer*innen bewohnt werden können, braucht es mehr als nur ein Erheben und Zählen.“

    ASTAT hat kürzlich erstmals die Analyse der Wohnungssituation in Südtirol anhand der Gemeindeimmobiliensteuer (GIS) der Jahre 2020 bis 2022 durchgeführt. Aus der GIS-Datenbank geht hervor, dass es im Jahr 2022 in Südtirol knapp 300.000 Wohnungen mit insgesamt rund 530.000 Einwohner*innen gibt. 

    Mit 58,6 Prozent sind mehr als die Hälfte der registrierten 292.724 Wohnungen als Wohnsitz der Eigentümer*innen eingetragen. Nach Steuersatzklassen analysiert folgen die vermieteten Wohnungen (10,4 %), die Wohnungen mit erhöhten Steuersätzen wie Zweitwohnungen oder ungenutzte Wohnungen (10,2 %) und Wohnungen für touristische Zwecke (7,0 %)

  • Madeleine Rohrer: „Es wird noch Jahre dauern, bis es ein klares Bild gibt.“ Foto: Seehauserfoto

    Wie viele leerstehende Wohnungen es in Südtirol gibt, ist zum heutigen Zeitpunkt also nicht eindeutig klar. Die vom Gesetz für Raum und Landschaft vorgesehene Erhebung des Leerstands wurde von den Gemeinden noch lange nicht abgeschlossen. Zum 19. April 2024 haben 72 Gemeinden die Vereinbarung mit dem Land zur Förderung der Ausarbeitung der Gemeindeentwicklungsprogramme unterzeichnet, wie die Antwort auf eine Landtagsanfrage (Nr. 138 / 2024) der Grünen ergibt. Ab Unterzeichnung der Vereinbarung haben die Gemeinden 36 Monate Zeit, also ganze drei Jahre, für die Erstellung des Gemeindeentwicklungsprogramms und damit für die Erhebung des Leerstands. „Mit anderen Worten: Es wird noch Jahre dauern, bis es ein klares Bild über die leerstehenden Gebäude und der vorhandenen ungenutzten oder aufgelassenen erschlossenen Flächen in allen Südtiroler Gemeinden gibt“, stellt Rohrer fest. Mit ersten handfesten Zahlen sei demnach im Jahr 2026 zu rechnen. 

    Im Beschlussantrag fordert die ehemalige Meraner Verkehrsstadträtin eine Sensibilisierungskampagne und einen Lehrgang für Leerstandsmanagement, als Zielgruppe macht sie politisch Verantwortliche und das Verwaltungspersonal in den Gemeinden aus. Außerdem sei ein Pilotprojekt sinnvoll, das interessierte Gemeinden in der Organisation und Finanzierung der Neu- und Nachnutzung leerstehender Immobilien unterstützt. Auch leerstehende Gebäude im Eigentum des Landes müssten im Monitoringbericht über Leerstand aufgelistet werden, der 2026 veröffentlicht werden soll. 

    Dass ein solcher Monitoringbericht erstellt wird, hat der Landtag im Jahr 2022 auf Vorschlag der Grünen beschlossen. Man darf gespannt sein, ob die Landesregierung sich daran hält.