Kultur | Auszeichnung

Der Oswald vom Gampenpass

Der Georg-Büchner-Preis 2024 geht an den in Tscherms geborenen Lyriker Oswald Egger. Eine Gratulation mit einem auditiven Textbeispiel aus seiner Herkunftsgegend.
Oswald Egger
Foto: SALTO
  • „Mit Oswald Egger zeichnet die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung einen Schriftsteller aus, der seit seiner ersten Veröffentlichung im Jahre 1993 die Grenzen der Literaturproduktion überschreitet und erweitert“, lobt die Jury den aus dem Burggrafenamt stammenden Autor Oswald Egger, anlässlich dessen Preisträgerschaft zum Georg-Büchner-Preis 2024. Egger arbeite „an einem Werkkontinuum, das Sprache als Bewegung, als Klang, als Textur, als Bild, als Performance begreift und sich in der Fortschreibung und Veränderung des Sprachgebrauchs“ entwickle. „Seine Prosagedichte und Textgewebe widersetzen sich der raschen Lektüre, laden zum assoziierenden Entschlüsseln von Bedeutungen ein und unterminieren spielerisch Erklärungssysteme, die wir zu kennen glauben“, heißt es weiter und: „Eggers Wortkosmos fußt in der Mehrsprachigkeit und den Landschaften seiner Südtiroler Herkunft.“ Stimmt das wirklich? Mitunter.
     

    Wie geht man damit um, dass man nicht ohne Bilder denken kann? 


    Über viele Jahre hat Egger mit wichtigen Mitstreitern und Mitstreiterinnen die Bücherwürmer Lana zu einem wichtigen Dreh- und Angelpunkt für deutschsprachige Literatur gemacht: mit Lesungen, Autorenbegegnungen, einer Lyrik-Bibliothek, Stipendien, Schreibaufenthalten, der Zeitschrift Der Prokurist und einigem mehr. Vieles lief über ihn. Später auch gegen ihn. Etwa die Idee eines Literaturhauses in den 1990er Jahren. Mittlerweile lebt Egger schon seit Jahren auf der Raketenstation Hombroich bei Neuss in der Düsseldorfer Gegend. 
    Und seine Herkunftsgegend? Wie hat sie ihn – abgesehen von den Bücherwürmern – literarisch geprägt? Egger beansprucht beispielsweise ja auch „derjenige Autor zu sein, der die Gampenstrasse und den Pass am besten kennt.“ Er betonte dies jedenfalls, als er sein Buch Val di Non bei einer Lesung mit Gespräch vor knapp über sechs Jahren im kleinen Gasthaus am Gampenpass vorstellte. Genau in jener Wirtschaft, die einst von seinen Eltern geführt wurde und weshalb er „viele Geschichten und beinahe jedes Detail entlang der Straße“ kenne. In seinem bei Suhrkamp erschienen Buch Val di Non hat er dieser Gegend auf jeden Fall ein Denkmal gesetzt, indem er geheimnisvoll experimentell in die Landschaft führt, eine Egger`sche Erinnerungsreise unternimmt, die vom Berg ins Tal und in die Zukunft mäandert. „Wie geht man damit um, dass man nicht ohne Bilder denken kann? So wie man nicht an einen Berg denken kann, ohne an ein Tal gleichzeitig zu denken“, meinte Egger bei seinem Besuch im alten Gasthaus 2018 und unterstrich, dass diese Landschaft als „Substrat, im Untergrund“, in ihm weiterlebe. 

  • Textbeispiel aus dem Buch "Val di Non", gelesen vom Autor am 30.3.2018 im Gasthof am Gampenpass.

  • Und nun der wichtige und mit 50.000 Euro anständig dotierte Georg-Büchner-Preis! Er wird seit 1951 an herausragende Schriftstellerinnen und Schriftsteller vergeben, „die in deutscher Sprache schreiben, durch ihre Arbeiten und Werke in besonderem Maße hervortreten und die an der Gestaltung des gegenwärtigen deutschen Kulturlebens wesentlichen Anteil haben“, heißt es in der Satzung der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Als eine der wichtigsten literarischen Auszeichnungen in Deutschland, ging er unter anderem an Max Frisch, Ingeborg Bachmann, Friederike Mayröcker, sowie zuletzt an Lutz Seiler, Lyrikpreis Meran-Preisträger 2000. Oswald Egger gewann in Meran übrigens zwei Jahre nach Seiler. 
    In Anlehnung an seine Kenntnisse zur Gegend am Nonsberg hat SALTO Egger auch schon mal ironisch als Oswald vom Gampenpass bezeichnet – in Anlehnung an die historische Figur Oswald von Wolkenstein. Nach geheimen Informationen aus Literaturkreisen in Lana, habe ihm diese Zuschreibung durchaus Freude bereitet. Gratulation zum Preis!

  • Der Verlag gratuliert: Die letzte Veröffentlichung bei Suhrkamp: Entweder ich habe die Fahrt am Mississippi nur geträumt, oder ich träume jetzt Foto: Suhrkamp Verlag
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△rtim post Sa., 20.07.2024 - 13:22

Gratulation Oswald 🥂
Lass dich als "Olympiasieger" (Neue Südtiroler Tageszeitung: "Am Olymp") von Mattarella, Meloni, Kompatscher ... feiern👏 und auszeichnen🥇
Damit hat das Nonstal neben Peter Strudel nun einen weiteren bekannten Vertreter.

Sa., 20.07.2024 - 13:22 Permalink
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Thomas Strobl Sa., 20.07.2024 - 22:52

Antwort auf von △rtim post

Mutig die Entscheidung, ja. So mutig wie die von Jens-Günther R. (71), wenn er sich für den Kegel-Abend in das rosa Sakko zwängt, das man ihm in einer Butike in Bibbione Pineta aufgeschwatzt hat. Kein Zufall, dass beide Kommentatoren feststellen, Eggers Texte seien sich im Grunde selbst genug: Für den einen bräuchten sie eigentlich keine Preise, für den anderen keine Leser; und in DEM Fall wäre ja auch alles gut...

Sa., 20.07.2024 - 22:52 Permalink