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„Das ist reine Meinungsmache“

Sonderklasse der Bozner Goetheschule für Kinder ohne Deutschkenntnisse gestoppt: Bildungsdirektor Gustav Tschenett verurteilt die öffentliche Debatte zum Fall und legt Zahlen vor, die das Gegenteil beweisen.
Gustav Tschenett
Foto: Seehauserfoto
  • Die geplante Sonderklasse für Kinder ohne Deutschkenntnisse in der Bozner Grundschule „Johann Wolfgang von Goethe“ ist endgültig gestoppt. Die zuständige Schuldirektion wird die Zusammenstellung der Schulklassen wiederholen müssen – entsprechend dem Grundsatz der Ausgewogenheit, wie es der Beschluss der Landesregierung Nr. 112 im Jahr 2023 vorsieht. 

    Das stellte heute die Landesschuldirektorin Sigrun Falkensteiner in einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz zu Sonderklassen in der Aula der Landesfachschule für Sozialberufe Hannah Arendt in Bozen klar. Damit reagiert die Bildungsdirektion auf die tagelange Diskussion in den Südtiroler Medien um die Sonderklasse der Goetheschule. 

  • Gustav Tschenett: „Es ist also eine ganz normale Situation.“ Foto: Seehauserfoto

    „Es ist gesellschaftspolitisch nicht förderlich, wenn über Kinder wie über Fußball gesprochen wird“, erklärt Bildungsdirektor Gustav Tschenett am Ende der Veranstaltung sichtlich verärgert. Der Untertitel der Pressekonferenz „Fakten versus Meinungen“ dürfte deshalb nicht zufällig gewählt worden sein. „Es ist der Auftrag der Schule, Diskriminierung aufgrund von Sprache oder kultureller Herkunft zu unterbinden, Inklusion und den Respekt vor Vielfalt zu fördern“, sagt Falkensteiner. „Das hat die Landesregierung in Beschlüssen festgelegt.“

    Zudem würden Aussagen über eine Entfremdung in Südtiroler Schulen nicht der Realität entsprechen. „Beispielsweise weisen in den ersten Klassen der Goetheschule rund die Hälfte der Kinder gute oder sehr gute Deutschkenntnissen vor, die andere Hälfte weniger oder kaum Deutschkenntnisse“, so Falkensteiner. Diese Daten werden bei der Anmeldung der Kinder erhoben. „Darauf aufbauend planen wir die Stellen für die Sprachförderung an den Schulen.“ An der Goetheschule sind in diesem Schuljahr 7 Stellen dafür ausgewiesen worden.

    Landeshauptmann Arno Kompatscher und Bildungslandesrat Philipp Achammer signalisieren bei der Pressekonferenz der Landesregierung heute jedenfalls die volle Unterstützung für die deutsche Bildungsdirektion. Zudem merkte Kompatscher im Interview mit der Tageszeitung Dolomiten an, dass das Koalitionsprogramm zweisprachigen Unterricht an italienischen Schulen vorsehe, also etwa Geografieunterricht in deutscher Sprache. Dieses Modell wird bereits an einigen italienischsprachigen Schulen umgesetzt. Ob die flächendeckende Einführung von dem italienischen Bildungslandesrat Marco Galateo (Fratelli d’Italia) angestrebt wird, wäre überraschend. 

  • Pressekonferenz der Bildungsdirektion: Der Auftrag der Schule sei unter anderem die Inklusion, deshalb sind Sonderklassen nicht möglich. Foto: Seehauserfoto
  • Spracherwerb an Südtirols Schulen

    Wie die Lernstandserhebung im Bereich Lesen von dem Kompetenztest 2023 zeigt, erzielen deutschsprachige Kinder an Bozner Schulen keine schwächeren Leistungen als deutschsprachige Kinder anderer Südtiroler Schulen. Bei der Pressekonferenz wurden hierfür Klassenmittelwerte einer dritten Klasse der Goetheschule und einer Vergleichsklasse einer Grundschule im Westen des Landes präsentiert. „Es ist also eine ganz normale Situation“, betont Bildungsdirektor Tschenett. Dass in gemischten Klassen das Leistungsniveau sinke, sei daher „reine Meinungsmache“

    Im letzten Schuljahr hatten knapp 9 Prozent der Schülerinnen und Schüler an Südtirols deutschsprachigen Schulen einen Migrationshintergrund. In den letzten Jahren ist dieser Prozentsatz laut der Deutschen Bildungsdirektion mit leichten Schwankungen gestiegen. Zum Vergleich: An den italienischsprachigen Schulen lag dieser Anteil im vorigen Schuljahr bei 23,9 Prozent, bei den ladinischsprachigen Schulen bei 7 Prozent. 

    Aufgrund dieser Entwicklung stockte das Land auch die Stellen für die Sprachförderung an deutschsprachigen Schulen auf, waren es im Schuljahr 2019/20 noch 69 Stellen, sind es für das neue Schuljahr 149 Stellen und damit mehr als doppelt so viele. Alleine in den Grund- und Mittelschulen Bozens sind 28,21 Stellen für die Sprachförderung vorgesehen.

    Zudem sei keine Abwanderung von Schülerinnen und Schülern aus der Gemeinde Bozen bemerkbar: Im Schuljahr 2023/24 haben 78 Kinder und Jugendliche aus Bozen eine Grund- oder Mittelschule in einer Nachbargemeinde besucht. 92 Kinder und Jugendliche hingegen sind aus einer Nachbargemeinde nach Bozen gefahren, um dort die Grund- oder Mittelschule zu besuchen. 

  • Andrea Abel: „Die Einsprachigkeit in der schulischen Bildung ist kein didaktisches Konzept, sondern hat einen historischen Ursprung in der Bildung der Nationalstaaten im 19. Jahrhundert.“ Foto: Seehauserfoto

    Auch Andrea Abel, Professorin für germanistische Sprachwissenschaft der Freien Universität Bozen und Leiterin des Instituts für angewandte Sprachforschung der Eurac, rät auf der Pressekonferenz von Sonderklassen im Schulsystem ab. Dafür gebe es keine wissenschaftliche Evidenz – im Gegenteil, separater Unterricht erhöhe die Wahrscheinlichkeit eines frühzeitigen Schulabbruchs und beeinträchtige die sozialen Beziehungen von Kindern, wie eine Wiener Studie aus dem Jahr 2022 zeigt. Zudem stelle die Mehrsprachigkeit an der Schule aus wissenschaftlicher Sicht einen kognitiven, sozialen und kulturellen Mehrwert dar. 

    „Die Einsprachigkeit in der schulischen Bildung ist kein didaktisches Konzept, sondern hat einen historischen Ursprung in der Bildung der Nationalstaaten im 19. Jahrhundert“, so Abel. Sie spricht sich für eine kontinuierliche Förderung der Bildungssprache in allen Fächern und für alle Schülerinnen und Schüler aus. „Selbstverständlich ist die zunehmende Heterogenität an den Schulen eine Herausforderung, wir brauchen einen Ausbau der personellen, zeitlichen und räumlichen Ressourcen und die Didaktik zu Mehrsprachigkeit in der Aus- und Weiterbildung sollte verstärkt werden.“ 

    Hier habe das Bildungssystem in Südtirol bereits einiges an Vorarbeit geleistet, betont Landesschuldirektorin Falkensteiner: „Ich möchte hier eine Lanze für alle unsere Lehrpersonen und Schulführungskräfte brechen, die sich schon seit Jahren gemeinsam mit der Wissenschaft auf den Weg gemacht haben.“ 

    Die Sprachförderlehrkräfte unterrichten vier bis zehn Stunden pro Woche Kinder ohne ausreichend Deutschkenntnisse außerhalb der Klasse. Zudem steht den Schulen frei, die Schulklassen im Fach Deutsch nach Leistungsgruppen aufzuteilen. Außerdem unterstützen Netzwerkstellen den Übergang von Kindergarten und Grundschule auch auf sprachlicher Ebene. 

    Nicht zufrieden dürfte damit ein nigerianischer Staatsbürger gewesen sein, der die Pressekonferenz mit einem minutenlangen Monolog unterbrochen hat, um auf die Bozner Wohnungsnot hinzuweisen. 

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Robert Zagler Di., 03.09.2024 - 20:19

„Es ist gesellschaftspolitisch nicht förderlich, wenn über Kinder wie über Fußball gesprochen wird!“

...ich möchte aber nicht, dass mein Kind in einer Fußballmannschaft spielt, in dem in der Mehrheit Handballer mitspielen, ...es wird das ganze Jahr gegen den Abstieg kämpfen!

Di., 03.09.2024 - 20:19 Permalink
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G. P. Di., 03.09.2024 - 20:25

Na ja, es ist allseits bekannt, dass man Zahlen so und so lesen kann und Zahlen sehr viel Interpretationsspielraum bieten. Zwei Beispiele:

1. "Im letzten Schuljahr hatten knapp 9 Prozent der Schülerinnen und Schüler an Südtirols deutschsprachigen Schulen einen Migrationshintergrund."
So weit, so gut und ziemlich unproblematisch. Die Prozentzahl und auch Tschenett sagen aber nicht, dass in vielen Schulen der Prozentsatz halt unter 1 liegt, in anderen Schulen aber auch 50 % und mehr beträgt. Und da IST es dann ein Problem.

2. "Zudem sei keine Abwanderung von Schülerinnen und Schülern aus der Gemeinde Bozen bemerkbar: Im Schuljahr 2023/24 haben 78 Kinder und Jugendliche aus Bozen eine Grund- oder Mittelschule in einer Nachbargemeinde besucht. 92 Kinder und Jugendliche hingegen sind aus einer Nachbargemeinde nach Bozen gefahren, um dort die Grund- oder Mittelschule zu besuchen."
Tschenett sagt aber nicht, welche 78 Kinder abgewandert und welche 92 Kinder zugewandert sind (deutsch, italienisch, mit Migrationshintergrund, Sprachkenntnisse). Wenn jetzt 78 deutschsprachige Bozner Kinder in die Nachbargemeinden abgewandert sind und 92 Kinder ohne deutsche Sprachkenntnisse zugewandert sind, dann IST das sehr wohl ein Problem.

Die Schuldirektion verhält sich beim Lesen der Daten so ähnlich, wie die Statistik sagt, wenn ein Jäger einmal links und einmal rechts am Hasen vorbeischießt, dann ist der Hase im Durchschnitt tot.

Di., 03.09.2024 - 20:25 Permalink
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Salto User
Manfred Gasser Di., 03.09.2024 - 20:53

Es wurde zu diesem Fall ja schon viel geschrieben, ich hätte da noch eine Frage an die Verantwortlichen, wieviele dieser 149 Stellen südtirolerweit, bzw. 28,21(wie kommt man bloss auf solche Zahlen?) Stellen in Bozen sind bei Schulbeginn besetzt?

Di., 03.09.2024 - 20:53 Permalink
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Johannes Engl Di., 03.09.2024 - 21:09

Es wird hier zu Unrecht nur von den vielen Migrationskindern gesprochen. Fakt ist, dass zumindest gleich viele italienischsprachige, einheimische Kinder in die deutsche Schule eingeschrieben werden. Damit wird das Problem zumindest verdoppelt.
Ich habe den Eindruck, dass das Problem den "Migranten" angehängt wird, damit man in der Koalition in der Landesregierung keinen Anstoß erregt.

Di., 03.09.2024 - 21:09 Permalink
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Julia Pircher Di., 03.09.2024 - 22:31

Antwort auf von Johannes Engl

Genau das ist mir auch aufgefallen. Aber es steht ja dann weiter unten, dass die Hälfte nicht gut deutsch kann. Also Migranten und Italiener zusammen machen immerhin 50% aus? Und das ist ja dann das Problem. Ein Italiener der nicht deutsch kann ist ja einem Migranten gleichzusetzen… und wenn Mehrsprachigkeit von Vorteil ist (wie jetzt von Experten zitiert), dann müsste die sprachliche Apartheid in Südtirols Schulen endlich ein Ende haben. Und nicht nur Geografie an italienischen Schulen..

Di., 03.09.2024 - 22:31 Permalink
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Hartmuth Staffler Di., 03.09.2024 - 21:15

In Deutschland hat man für sprachunkundige Kinder (in Deutschland sind es meistens Migranten) Willkommensklassen eingerichtet, weil die Experten das empfohlen haben. In Bozen hat man eine Willkommensklasse verboten, weil die Experten davon abgeraten haben. Wie praktisch, dass es Experten für jeden Zweck gibt, man muss nur immer die passsenden aussuchen.

Di., 03.09.2024 - 21:15 Permalink
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nobody Di., 03.09.2024 - 21:34

So ist es. Könnte da nicht auch mal (wie sonst üblich) plagiiert werden? Abgesehen davon: Das Schönreden und Bagatellisieren von Problemen ist SVP-Monopol. Und zur freien Presse: Was sagen die Eltern der Kinder dazu? Übrigens: Steger und Stauder sehen das anders (und andere hohe VPler haben nicht die Schneid, Farbe zu bekennen). Auch dieses Thema wird für die Partei ein Schuss, der nach hinten los gehen wird und die Partei spaltet.

Di., 03.09.2024 - 21:34 Permalink
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richter a Mi., 04.09.2024 - 04:29

Endlich einmal vernünftige Worte seitens der Schulbehörden. Vielen Dank auch an Frau Professor Abel, die es auf den Punkt gebracht hat. Wir sind es allen unseren Kindern schuldig, unabhängig von ihrem Hintergrund.
Nörgler und Schwarzseher gibt es leider überall.

Mi., 04.09.2024 - 04:29 Permalink
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Elisabeth Garber Mi., 04.09.2024 - 07:09

Das praxis-ferne Trio muss m.M.n. sagen, was die Mächtigen in der SVP wollen, sonst wären sie ,zeitnah' vom Fenster/Futtertrog weg, weshalb auch alles gemixt & intransparent, mit Zahlenspielen garniert, referiert/gerechtfertigt wird.
,Die Wissenschaft spricht eine andere Sprache.' hörte man im gestrigen Mittagsmagazin von der Schulamtsleiterin.
*Fakt ist aber, dass es die Praxis ist, welche eine ganz andere Sprache spricht.

Mi., 04.09.2024 - 07:09 Permalink
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Josef Fulterer Mi., 04.09.2024 - 07:40

Kompatscher, Achammer, Steger & Co., "erinnern an den bekannten einfältigen Spitz," der aufgeregt bellend + umher springend, die Entenmutter unbedingt daran hindern wollte mit ihren Entchen in das Wasser zu gehen.

Mi., 04.09.2024 - 07:40 Permalink
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Peter Gasser Mi., 04.09.2024 - 08:19

Die Soldaten und Soldatinnen stehen bis zur Hüfte im Wasser, salutieren und brüllen: “Alles im Trockenen”, während Eltern, Kindern und Lehrern, besonders den Lehrern das Wasser langsam über den Nabel steigt, “”Es ist also eine ganz normale Situation””.

.

Weiterhin werden die Begriffe “Integration” und “Inklusion” nicht korrekt definiert und verwendet.
Bei der “Inklusion” darf jeder sein wie er ist und die Umgebung passt sich an ihn an: das Kind darf also bei seiner Sprache bleiben und muss die Unterrichtssprache gar nicht lernen, der Lehrer passt sich an die Sprache des Kindes an.

Mi., 04.09.2024 - 08:19 Permalink
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Oliver Hopfgartner Mi., 04.09.2024 - 09:07

Ein Drama in zwei Akten:

1. Die Wissenschaft sagt....

2. Wie die Studie an E I N E R Wiener Schule zeigt...

Die Frage ist immer, wie man sowas umsetzt. Wäre der Wille da, würde so eine Klasse ziemlich sicher erfolgreich sein. So lange das Verhältnis passt und wenige schlecht deutsch sprechende Schüler in einer Klasse sind, ist das integrative Modell meiner Meinung nach wirklich überlegen. Wenn das Verhältnis kippt, halte ich Spezialklassen für eine ernsthaft in Betracht zu ziehende Option. Man braucht halt auch das passende Personal dafür.

Mi., 04.09.2024 - 09:07 Permalink
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Stereo Typ Mi., 04.09.2024 - 11:29

Lobenswert ist zumindest, dass sich die Deutsche Bildungsdirektion mal ausführlich zu einem Thema äußert. Sonst herrscht immer seltsame Ruhe - außer bei den Stellenwahlen oder wenn es darum geht, ein Schuljahr zu eröffnen bzw. abzuschließen.

Mi., 04.09.2024 - 11:29 Permalink
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Saltosan Mi., 04.09.2024 - 11:38

"Dieses Modell wird bereits an einigen italienischsprachigen Schulen umgesetzt."
Meine beiden Kinder haben eine italienische Volks- und Mittelschule besucht die projektspezifisch auf das Erlernen der beiden Landessprachen abzielte und ab der 2. Volksschulklasse kam englisch als Fach hinzu. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Die Klassen waren homogen, eigentlich genau so wie es jetzt die Goetheschule gemacht hat.
Schade, denn die Nutznießer wären die Schülerinnen und Schüler und deren Familien, aber auch die Schulen mit ihren PISA-Studien.
Der Beschluss der Landesregierung Nr. 112 vom Jahr 2023 ist ein Rückschritt in die Vergangenheit in der Politiker sich richtig austoben können.

Mi., 04.09.2024 - 11:38 Permalink
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Andreas Berger Mi., 04.09.2024 - 11:59

Ich fand den Auftritt der Bildungsdirektion auch sehr wenig überzeugend... G. P. und andere Kommentatoren haben es bestens auf den Punkt gebracht.

Mi., 04.09.2024 - 11:59 Permalink
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Andreas Berger Mi., 04.09.2024 - 12:00

Ich fand den Auftritt der Bildungsdirektion auch sehr wenig überzeugend... G. P. und andere Kommentatoren haben es bestens auf den Punkt gebracht.

Mi., 04.09.2024 - 12:00 Permalink
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Profil für Benutzer Martin Piger
Martin Piger Mi., 04.09.2024 - 12:19

Ich habe mir die Mühe gemacht und diese Wiener Studie studiert. Mir erschliesst sich nicht, wie diese Studie für das geplante Projekt der Goethe-Schule relevant sein soll. In der Studie geht es um gewollte Benachteiligung und Ausgrenzung bestimmter Bevölkerungsgruppen, um diese dauerhaft auszugrenzen.
In unserem Fall geht es um vorübergehende Trennung, um sei es den Muttersprachlern, bzw. den Sprachkundigen in Deutsch, sei es den Sprachunkundigen die für ihre aktuelle Situation bestmögliche schulische Ausbildung zukommen zu lassen, um sie bei Erreichen der kritischen Levels an Deutschkenntnissen der vormals Sprachunkundigen unter dem eine befriedigende Verständigung nicht möglich ist, wieder zusammenzuführen. Dass die Idee der Frau Holzner diskriminierend, rassistisch und was sonst noch alles sein soll ist für mich eigentlich diffamierend. Und wenn Herr Dr. Achammer vom Zauberlehrling spricht kann er da ja wohl nur sich selbst gemeint haben. Und wenn Herr Tschenett von Fakten spricht, die er der Meinungsmache entgegenstellen will, muss man sich vor Augen halten, dass hier allgemeine Daten präsentiert werden, die sich dadurch eigentlich nur für relativ freie Interpretation eignen. Es geht hier aber ganz konkret vor allem um die Goethe-Schule; folglich sollten die zu erörternden Daten so detailliert, wie nur möglich präsentiert werden. Wie man weiss, der Teufel steckt im Detail.

Mi., 04.09.2024 - 12:19 Permalink
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richter a Mi., 04.09.2024 - 15:03

Antwort auf von Martin Piger

Zitiere: "Wie die Lernstandserhebung im Bereich Lesen von dem Kompetenztest 2023 zeigt, erzielen deutschsprachige Kinder an Bozner Schulen keine schwächeren Leistungen als deutschsprachige Kinder anderer Südtiroler Schulen"

Diese Aussage ist also allgemein gehalten und nicht spezifisch auf die „Goethe Schule“ bezogen?
Ich glaube, es braucht eine ehrliche und konstruktive Diskussion, und Ideologie hat an der Schule nichts zu suchen.

Mi., 04.09.2024 - 15:03 Permalink
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Martin Piger Mi., 04.09.2024 - 16:10

Antwort auf von richter a

Lieber richter a, falls Ihr Beitrag als Antwort auf meinen zu verstehen ist, reiche ich einen Präzisierung nach. Die Lernstandserhebung im Lesen ist bekanntermassen die schwächste und am wenigsten aussagekräftige. Interessant wäre die im Schreiben und noch mehr im Sprechen. Wenn die Umgangssprache im Pausenhof italienisch ist, ist anzunehmen, dass italienische Grammatik Eingang in den Sprachgebrauch deutschsprachiger Schüler findet, das wäre eigentlich nur normal und folgerichtig, beispielweise "die Haus", "der Katze", etc. Also der Hinweis auf die Lernstandserhebung im Lesen ist relativ wenig aussagekräftig. Lesen kann man sogar auch ohne zu verstehen, was man liest und ist vorwiegend reproduktiv.
Die beiden anderen allgemeinen Daten sind die 9 % der Kinder mit Migrationshintergrund, aber auf ganz Südtirol gerechnet und nicht auf die Goetheschule. Unterschlagen wird dabei ebenso vollkommen, dass es nicht um Migrantenkinder geht, sondern um Kinder, die so wenig Deutsch können, dass eine normale Kommunikation unmöglich ist, also auch Kinder italienischer Muttersprache ohne ausreichende Deutschkenntnisse. Zu klären wäre auch, ob es Kinder mit Migrationshintergrund gibt, die aber mittlerweile italienische Staatsbürger sind und wo diese auf der Statistik Platz finden.
Ebenso wäre wichtig zu sehen, welche Kinder von der Goetheschule ins Umland abwandern und welche vom Umland in die Goetheschule kommen. Es kann sein, dass deutschssprechende Kinder abwandern und deutschsprechende in gleichem Masse zuwandern, dann wäre in diesem Punkt die Argumentation des Schulamtes bestätigt. Werden diese Details aber verschwiegen, kann man annehmen, dass man unterlässt Fakten zu nennen, die die eigene Argumentation Lügen strafen würden.
Wenn ehrliche und konstruktive Diskussion gefragt ist, bin ich dabei. So war auch mein voriger Beitrag gehalten. Leider Gottes scheint mir aber das Verhalten der Südtiroler Bildungs- und Schuldirektion von Ideologie getragen zu sein. Inklusion wird als absoluter Wert hochgehalten und so wird riskiert, dass eben diese angestrebte Inklusion verpasst wird. Praktisch hat das Schulamt beschlossen, was Inklusion ist und wie sie erreicht wird. Wenn jemand andere Ideen hat, wie Inklusion erreicht werden kann, wird der als "Meinungsmache" oder Populist verunglimpft. Das Wort Diskriminierung wird ohne mit der Wimper zu zucken sinnentfremdet verwendet, um die eigene Position zu decken.
Ich weiss nicht, ob die Statistiken nicht genauer erhoben wurden oder ob das Schulamt uns die genauere Aufschlüsselung der Daten vorenthält. Oder hat Frau Luther in ihrem Beitrag es unterlassen die vorher genannten wichtigen Detaildaten zu nennen? Auf jeden Fall taugen die im Artikel von Frau Luther zitierten Daten nicht, um von Fakten zu sprechen, die die Position des Schulamtes stützen würden.

Mi., 04.09.2024 - 16:10 Permalink
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richter a Mi., 04.09.2024 - 21:21

Antwort auf von Martin Piger

lieber Herr Pieger, wir haben nicht alle Daten, um eine objektive und faktenbasierte Diskussion zu führen. Ich bin auch kein Pädagoge, daher macht es wenig Sinn, mit mir über Daten zu sprechen. Sie wissen sicherlich viel mehr darüber.

Was mich primär stört, ist, dass Kinder, die Deutsch lernen wollen (was grundsätzlich sehr zu begrüßen ist), in Sonderklassen gesteckt werden, die mit negativen Stigmata verbunden sind. Auch wenn die Wiener Studie dies nicht eineindeutig nachweisen konnte, liegt es aus Sicht des gesunden Menschenverstands auf der Hand. Das hat pädagogisch verheerende Folgen, nicht nur für die Diskriminierten, sondern auch für die "Regulären", die Diskriminierung als akzeptabel erleben.
Zweitens sprechen wir hier immer nur über eine einzige Schule, meistens zu Beginn des Schuljahres. Vielleicht gibt es in Bozen eine weitere Schule, die jedoch keinen Aufruhr verursacht.
Und drittens, wie Frau Professor Abel gesagt hat: Schulen in einem mehrsprachigen Umfeld bieten einen enormen Mehrwert, den ich den Kindern auf keinen Fall vorenthalten möchte.
Das alles erscheint mir wie ein Sturm im Wasserglas und mehr als ein parteiinterner Machtkampf in der SVP auf Kosten der Kinder. Es würde mich nicht wundern, die Frau Direktorin demnächst als Kandidatin bei JWA oder der STF zu sehen.

Mi., 04.09.2024 - 21:21 Permalink
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K V Mi., 04.09.2024 - 21:39

Antwort auf von richter a

"Es würde mich nicht wundern, die Frau Direktorin demnächst als Kandidatin bei JWA oder der STF zu sehen."

Da täuschen Sie sich gewaltig. Die Direktorin hat mit diesen Parteien und deren Politik nichts gemein und wird sich mit Sicherheit darüber ärgern, dass sie von den rechten Politikern vereinnahmt wird.

Mi., 04.09.2024 - 21:39 Permalink
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Manfred Gasser Mi., 04.09.2024 - 16:19

Antwort auf von richter a

Geht es denn wirklich nur um die deutschsprachigen Kinder? Wäre es nicht sinnvoll auch ein wenig an die nicht-deutschsprechenden Kinder zu denken, und wie diese in einer deutschen Klasse dem Unterricht folgen sollen? Ich denke bei 9% Anteil ist das noch kein Problem, und diese Kinder werden in einigen Monaten, mit Hilfe der eigenen Sprachlehrer gut in der Klasse integriert sein. Aber wie soll das bei 30-40 oder sogar 50% funktionieren?

Mi., 04.09.2024 - 16:19 Permalink
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richter a Mi., 04.09.2024 - 15:28

zitiere Frau Professor Abel # Zudem stelle die Mehrsprachigkeit an der Schule aus wissenschaftlicher Sicht einen kognitiven, sozialen und kulturellen Mehrwert dar#

Ich will nur das Beste für mein Kind, und was die Schule betrifft, ist die Goethe-Schule die richtige Wahl. Das wird vielleicht nicht allen gefallen, aber eines Tages wird mir mein Kind dafür danken, weil es weltoffen aufwächst, sich weniger fremd fühlt und sich seiner deutschen Sprache bewusster ist.

Mi., 04.09.2024 - 15:28 Permalink
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gorgias Mi., 04.09.2024 - 16:30

Schule sah sich aus öffentlichen Druck gezwungen auf bewärtes Mittel zur Förderung von Parallelgesellschaften zu verzichten.

Hat ja so gut in Deutschland mit den Kindern von Arbeitskräften aus der Türkei funktioniert. Bei uns will man es nochmal wissen, darf aber nicht.

Der stationäre Handel ist seit Jahrzehten in der Krise und muss in Deutschland mit öffentlichen Mittel gestützt werden.

Bei uns baut man noch schnell ein Rießeneinkaufszentrum.

Es darf niemand sagen, dass wir hier in Südtirol vor Anachronismen halt machen würden.

Mi., 04.09.2024 - 16:30 Permalink
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Profil für Benutzer Ludwig Thoma
Ludwig Thoma Mi., 04.09.2024 - 19:21

Wie genau manche Leute über mRNA basierte Impfstoffe, Ukrainekrieg, Nahostkonflikt und den Spracherwerb von nicht Muttersprachlern Bescheid wissen, ist beachtlich.

Mi., 04.09.2024 - 19:21 Permalink