Umwelt | Ulten

Es fehlt das Vertrauen

„Ulten hat bereits genug getan!“, „Was ist mit der Sicherheit?“ und „Wird für uns der Strom billiger?“ Das waren nur einige Fragen, die bei der Bürgerversammlung in Ulten aufgeworfen wurden. Eine Annäherung zwischen Alperia und den Bürgern scheint schwierig.
Sabina Frei Stefan Schwarz
Foto: Bürgerrat Ulten
  • „Wir wissen es nicht“, war am vergangenen Samstag (12. Oktober) gleich mehrmals zu hören. Getätigt wurden diese Aussagen unter anderem von den Vertretern der Alperia und dem politischen Vertreter der Gemeinde Ulten, Bürgermeister Stefan Schwarz, und zwar bei der Bürgerversammlung, die im Vereinshaus von St. Walburg abgehalten wurde. Wie berichtet, plant der Kraftwerksbetreiber Alperia im Ultental ein Pumpspeicherkraftwerk, das den Arzkar- mit dem Zoggler-Stausee verbinden soll. Begründet wird das Projekt mit dem Umstieg auf die erneuerbaren Energien und dem Bedarf an großen Speicherkapazitäten, wie sie im Klimaplan 2040 vorgesehen sind.

  • Pumpspeicherkraftwerk Ulten: Das Projekt des Kraftwerksbetreibers Alperia sieht eine Verbindung zwischen dem Arzkar- und dem Zoggler-Stausee vor. Foto: Alperia
  • Unmittelbar nachdem die ersten Informationen an die Öffentlichkeit gelangt waren, regte sich Widerstand im Tal. Der Grund dafür liegt in der Vergangenheit bzw. darin, wie seinerzeit mit der Bevölkerung umgesprungen wurde: Zwischen 1949 und 1969 wurden sechs Stauseen errichtet, welche die Landschaft massiv verändert haben: Wertvoller Kulturgrund ging verloren und bei der Bevölkerung wurde das Vertrauen massiv erschüttert. 

    Im vergangenen Januar wurde das Alperia-Projekt im Rahmen einer Gemeinderatssitzung vorgestellt, zu der sogar Landeshauptmann Arno Kompatscher anreiste, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Mehr als 500 Bürger – viele mussten aufgrund von Platzmangel vor dem Saal warten – waren erschienen und machten ihrem Ärger deutlich Luft. In der Folge meldeten sich Ultner Bürger und Vertreter von Umweltverbänden zu Wort, die sich gegen den Bau des Kraftwerkes aussprachen.

  • Bürgerrat

    Auf Basis eines Beschlusses des Ultner Gemeinderates wurde ein Bürgerrat eingerichtet. Die 43 Mitglieder wurden per Zufall aus der Bevölkerung ausgelost und werden sich im Rahmen von vier Sitzungen mit dem Projekt auseinandersetzen. Mehrere Experten, wie beispielsweise aus den Bereichen Geologie und Hydrologie, werden dem Gremium zur Seite stehen. Am 14. Dezember 2024 sollen die Ergebnisse im Rahmen einer Bürgerversammlung präsentiert werden. Informationen über den Fortgang der Arbeiten werden laufend auf der Webseite des Bürgerrates veröffentlicht.

  • Zur Veranstaltung am vergangenen Wochenende hat die Gemeindeverwaltung und der Ultner Bürgerrat eingeladen, um die Bevölkerung über den Stand der Dinge zu informieren und auf Fragen zu antworten. Die Stimmung im Saal lässt sich mit reserviert bis ablehnend beschreiben, was sich insbesondere an einer Szene besonders deutlich zeigte: Auf die Frage eines Anwesenden, ob die bestehenden Staumauern einer Sanierung bedürften bzw. welche Bauarbeiten dies mit sich bringen würde, erklärte der Alperia-Ingenieur Georg Premstaller, dass die Mauern regelmäßig monitoriert würden, sie in einem guten Zustand seien und deshalb keine Sanierungsarbeiten vorgesehen sind. Es folgte Gelächter im Saal, was Sabina Frei vom Moderations-Team mit den Worten kommentierte: „Wir verstehen, dass es wenig Vertrauen gibt!“ 

  • Georg Premstaller und Martin Campestrini: Die beiden Alperia-Projekt-Verantwortlichen standen der Bevölkerung Rede und Antwort. Foto: Bürgerrat Ulten

    Auch den Technikern, Georg Premstaller und Martin Campestrini, gelang es nicht, obwohl sie sich sichtlich bemühten, diese Vertrauensbasis zu schaffen. Wie den Wortmeldungen zu entnehmen war, sind einige der Meinung, dass Ulten genug geleistet habe und es nicht noch ein Kraftwerk brauche. Weitere Themen betrafen die Sicherheit, Zerstörung der Natur, Versiegen der Trinkwasserquellen und welchen Nutzen die Ultner davon haben sollten. Auch letztere Frage soll im Bürgerrat gemeinsam mit der Alperia behandelt werden. Die Ergebnisse dieses Gremiums werden der Bevölkerung und der Politik am 14. Dezember präsentiert. Im Herbst 2025 schließlich soll ein Referendum abgehalten werden, das allerdings nur für die aktuelle Regierungsperiode gültig ist und nur unter der Voraussetzung, dass mindestens 30 Prozent der wahlberechtigten Ultner Gemeindebevölkerung an der Befragung teilnehmen. Andere Projektwerber sind von dieser politischen Festlegung nicht betroffen, das heißt: Fällt die Bürgerbefragung negativ aus, zieht Alperia ihr Projekt zurück und baut kein Pumpspeicherkraftwerk. Einem anderen Projektwerber würde es dann freistehen, ein eigenes Projekt einzureichen – das Referendum hätte darauf keinen Einfluss, oder um es mit den Worten von Bürgermeister Schwarz zu sagen: „Alles würde wieder von vorne beginnen.“

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Günther Stocker Mo., 14.10.2024 - 11:05

Ich denke dass die Ultner zu Recht kein Vertrauen in die Alperia - in dieses Projekt haben. Die Politik bestimmt in Alperia - die SVP ... und das führt zu nichts gutem!!

Mo., 14.10.2024 - 11:05 Permalink
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Martin Sitzmann Mo., 14.10.2024 - 12:13

Vertrauen kriegt man nicht einfach so geschenkt, Vertrauen muss man sich verdienen und erarbeiten. Am einfachsten, indem man ehrlich kommuniziert und alle Karten offen auf den Tisch legt - das gilt für Alperia genauso wie für alle anderen aktuellen Themen im Land.
Und wer beim Lügen, beim Verbreiten von Halbwahrheiten und beim Unterschlagen von Unangenehmem erwischt wird, verspielt das mühsam erarbeitete Vertrauen im Nu.

Mo., 14.10.2024 - 12:13 Permalink
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K V Mo., 14.10.2024 - 13:22

Unabhängig davon ob man der Alperia vertrauen kann,

"Ulten hat bereits genug getan!“

um in Südtirol Strom zu produzieren. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen und das sollte respektiert werden, vor allem in einem Land, das selbst deutlich mehr Strom produziert als es braucht.

Mo., 14.10.2024 - 13:22 Permalink
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Josef Fulterer Mi., 16.10.2024 - 08:07

Wenn das Pump-Speicher-Kraftwerk gebaut wird, ist ...
Das "mit den Stauseeen landschaftlich schwer geschädigte Ultental," ist mit "dauernden Benefits bei der Stromverteilung zu entschädigen!"

Mi., 16.10.2024 - 08:07 Permalink