Gesellschaft | Impfung

Verwunderter Messner

Gesundheitslandesrat Hubert Messner verteidigt die Präventionskampagne gegen das RSV-Virus und widerspricht der Vita-Landtagsabgeordneten Renate Holzeisen und SALTO.
Messner Hubert
Foto: Seehauserfoto
  • In Bezug auf den kürzlich veröffentlichten Artikel „Umstrittenes Medikament“ von Christoph Franceschini auf Salto.bz gilt es, einige wesentliche Punkte klarzustellen und die Fakten richtigzustellen:

  • Hintergrund der Präventionskampagne

    Die Präventionskampagne „Ich schau auf dich“ gegen das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) wurde – nachdem die Landesregierung mit Beschluss vom 22. Oktober 2024 die Voraussetzungen dafür geschaffen hat – am 30. Oktober 2024 im Landeskrankenhaus Bozen von gleich 4 Medizinerinnen und Medizinern des Südtiroler Sanitätsbetriebs (Sanitätsdirektor Widmann, Primare Staffler und Battisti, Direktorin des Hygienedienstes Spertini) vorgestellt. Ziel dieser Kampagne ist es, die Fälle von schwerer Bronchiolitis und Atemwegskomplikationen bei Neugeborenen und Kleinkindern deutlich zu verringern. Ab dem 5. November 2024 gibt es die Möglichkeit, dass das Medikament Nirsevimab, ein monoklonaler Antikörper, kostenlos zum Schutz der Kleinsten verabreicht werden kann.

  • Wissenschaftliche Grundlage und Wirksamkeit

    Die Zulassung von Nirsevimab-Beyfortus in Europa erfolgte durch die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) im November 2022, in Italien wurde das Medikament durch die italienische Arzneimittelbehörde AIFA (Agenzia Italiana del Farmaco) 2023 zugelassen – stets auf der Grundlage entsprechender wissenschaftlicher Studien. Seit 2024 ist das Medikament in Italien erhältlich, Hersteller ist die Arzneimittelfirma Sanofi-Aventis.
    Das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) kann bei Säuglingen und Kleinkindern unter einem Jahr schwere Atemwegserkrankungen verursachen, darunter Lungenentzündung und Bronchiolitis. 

  • RSV-Impfung:: „Ein wichtiger Schritt, um die Belastung des Gesundheitssystems zu reduzieren“ Foto: Vaccinazione
  • Diese Infektionen führen häufig zu Krankenhausaufenthalten und können ernsthafte Komplikationen verursachen. Die wissenschaftlichen Studien haben gezeigt, dass Nirsevimab die Wahrscheinlichkeit einer Hospitalisierung (Krankenhauseinweisung) aufgrund von RSV-Infektionen um bis zu 77 % und die Notwendigkeit einer ärztlichen Behandlung um bis zu 80 % reduziert.

  • Sicherheit und Empfehlungen

    Auch die Entscheidung, Nirsevimab flächendeckend anzubieten, basiert auf umfangreichen wissenschaftlichen Studien und ausdrücklichen Empfehlungen von Fachgesellschaften wie der „Società italiana di pediatria“ (Sip) und der „Società italiana di neonatologia“ (Sin). 
    Im Artikel auf Salto verweist Frau Abgeordnete Renate Holzeisen auf eine angeblich kritische Stellungnahme des Istituto Superiore della Sanità (ISS). Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass das ISS darin nicht die Anwendung von Nirsevimab grundsätzlich ablehnt

  • Landtagsabgeordnete Renate Holzeisen: „Personen, die sonst keine Gelegenheit auslassen, wissenschaftliche Arbeiten von renommierten Institutionen wie dem ISS anzuzweifeln“ Foto: SALTO
  • Es ist schon verwunderlich, wenn Personen, die sonst keine Gelegenheit auslassen, wissenschaftliche Arbeiten von renommierten Institutionen wie dem ISS anzuzweifeln, dann Aussagen desselben Instituts, wenn sie ihnen zupasskommen, aus dem Zusammenhang reißen und diese plötzlich als Hauptargument für ihre Zwecke herhalten müssen“, stellt Gesundheitslandesrat Hubert Messner fest. „Für uns hat die Gesundheit und Sicherheit der Neugeborenen und Kleinkinder oberste Priorität – dafür arbeiten wir Tag für Tag und zwar auf der Basis wissenschaftlicher Studien und nachgewiesener Evidenzen.“

  • Gesundheit der Kleinsten als oberste Priorität

    Die Einführung von Nirsevimab als Teil der Präventionskampagne gegen RSV ist ein wichtiger Schritt, um schwere Atemwegserkrankungen zu verhindern und die Belastung des Gesundheitssystems zu reduzieren“, so Landesrat Messner.
    Silvia Spertini, Direktorin des Dienstes für Hygiene und öffentliche Gesundheit im Sanitätsbetrieb, unterstreicht ergänzend: „Die Zahlen der Wintersaison 2023–2024 sprechen für sich: Fast 200 Kinder jünger als ein Jahr wurden in Folge des RS-Virus ins Krankenhaus eingeliefert. Wir müssen dafür sorgen, dass sich diese Zahlen in diesem Jahr nicht wiederholen. Daher appellieren wir an die Eltern, ihre Kinder vor dieser gefährlichen Infektion zu schützen und die angebotene Prophylaxe in Anspruch zu nehmen.“

  • Mit Verlaub Herr Landesat Messner,

    wir veröffentlichen Ihre „Richtigstellung“ gerne, wenn auch der Großteil des Gesagten bereits im SALTO-Artikel steht. Lassen Sie mich aber noch einmal auf den entscheidenden Punkt hinweisen: Im Artikel steht keineswegs, dass das Istituto Superiore della Sanità (ISS) die Anwendung von Nirsevimab grundsätzlich ablehnen würde, sondern, dass sich das oberste Beratungsorgan des Gesundheitsministerium kritisch gegen eine flächendecken Verabreichung dieses Medikament ausspricht. 
    Wörtlich heißt es im Schreiben des ISS-Präsidenten: „occorrerebbe valutare con attenzione se il basso livello di rischio dei bambini sani giustifichi adeguatamente il ricorso "a tappeto" ad un trattamento che, per quanto sulla base degli studi clinici appaia sufficientemente sicuro, non può essere ovviamente considerato del tutto privo di rischi.“

    Christoph Franceschini

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Wolfgang Ellmenreich Do., 07.11.2024 - 16:54

Im Unteritel des ursprünglichen Artikels steht , Frau Hozeisen meinte das ISS spreche sich gegen eine Anwendung des Impfstoffs aus, was so nicht stimmt. Dagegen verteidigt Herr Messner sein Impfprogramm gegen den Eindruck, den der ursprüngliche Artikel vermittelt und vermitteln will. Dann verteidigt Herr Franceshini wieder seinen Artikel gegen... ja was jezt eigentlich? Also Herr Messner und das ISS sind sich einig, dass Impfung hilft, nur Frau Holzeisen versteht, was sie verstehen will und Herr Franceschini schreibt, was sie versteht. Also soweit, so gut, oder?

Do., 07.11.2024 - 16:54 Permalink
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Frei Erfunden Do., 07.11.2024 - 18:33

Antwort auf von Wolfgang Ellmenreich

man kann aus der stellungnahme des ISS entnehmen, dass derzeit keine offensichtliche evidenz für eine flächendeckende verabreichung des medikamentes gegeben ist.
Allerdings erscheint mir, in anbetracht der viel dringenderen problematiken des sanitätssystems, hier eine gegenkampagne zu starten, nicht sinnvoll, wohl eher populistisch und spießig.

Do., 07.11.2024 - 18:33 Permalink
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Manfred Klotz Fr., 08.11.2024 - 07:28

Antwort auf von Frei Erfunden

Ihre Behauptung ist falsch. Die oberste Gesundheitsbehörde sagt es gilt zu ÜBERLEGEN, ob eine flächendeckende Anwendung sinnvoll ist („occorrerebbe valutare con attenzione se…“). Die beiden Vereinigungen der Kinderärzte und Neonatologen (Messner ist ja selbst auch Neonatologe) haben sich für die flächendeckende Anwendung ausgesprochen. Wer hätte denn die geforderte Überlegung anstellen sollen, wenn nicht die Fachärzte? Und wenn diese übereinstimmend zum Schluss gekommen sind, dass eine generelle Anwendung (die ja nicht verpflichtend ist) sinnvoll ist, dann ist jede weitere Diskussion wohl zwecklos. Außer man ist der Meinung, man muss so lange fragen, bis das Ergebnis der eigenen Vorstellung entspricht.

Fr., 08.11.2024 - 07:28 Permalink
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Salto User
Oliver Hopfgartner Sa., 09.11.2024 - 08:34

Antwort auf von Manfred Klotz

Weil die Kinderärzte nicht das Gesamtbild sehen, sie sind in einem Interessenskonflikt und gebiast.

Wenn du einen Onkologen fragst, ob die kosten für ein neues Chemotherapeutikum übernommen werden sollen, das für eine Zielgruppe Vorteile bringt, wird er auch ja sagen.

Eine Fachgesellschaft für ein Fachgebiet muss sich nicht um die Finanzierung des gesamten Gesundheitswesens kümmern. Die schauen nur auf den medizinischen Nutzen. Die Wahrheit ist aber, dass der medizinische Nutzen nicht für alle Zielgruppen gleich ist und bei gewissen Gruppen das Kosten-Nutzen-Verhältnis negativ sein kann.

Daher rät ISS auch von der flächendeckenden Impfung ab. Ich habe die Zahlen angeschaut und die Sache überschlagsmäßig durchgerechnet. Daher halte ich die Argumentation vom ISS für sinnvoll und nachvollziehbar. Laut meiner Berechnung müssen wir für ca 94.000€ impfen, um eine Hospitalisierung eines nicht Frühgeborenen zu verhindern - wenn wir den deutschen Marktpreis und 20€ Kosten für Logistik/Verabreichung annehmen.

In einer normalen Welt würde man eine Landtagsafrage in folgendem Stil stellen:
1. Wie viele RSV-assoziierter Hospitalisierungen gab es in den letzten 3 Jahren? wie viele dieser kinder hatten risikofaktoren wie Frühgeburt oÄ?
2. Wie viel kostete der durchschnittliche Krankenhausaufenthalt erneut aufgeteilt in Kinder mit/ohne Risikofaktoren?
3. Laut Statistik wissen wir, wie viele Kinder wir impfen müssen, um eine Hospitalisierung zu verhindern. Wie viel kostet uns die Impfung dieser Anzahl von Kindern im Vergleich zu den Hospitalisierungskosten.
4. Offenlegung von Interessenskonflikten: hat der LR in den letzten 10 Jahren Honorare des Herstellers erhalten und entsprechend einen Interessenskonflikt?
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Falls sich daraus für gesunde Kinder kein positives Kosten-Nutzen-Verhältnis ergibt, ist völlig klar, dass der Sanitätsbetrieb dann die Finanzierung dieses Medikaments überdenken muss. Sollte der Landesrat Honorare dieser Firma erhalten haben, wäre ein Festhalten an der flächendeckenden Finanzierung trotz negativem Kosten-Nutzen-Verhältnis womöglich sogar korruptions- bzw. amtsmissbrauchverdächtig, falls er involviert war und diese Entscheidung nicht allein von den Gremien des Sanitätsbetriebs getroffen worden ist.

So eine Anfrage wäre auch sinnvoller als im Landtag herumzuschreien, da sie sachlich ist und dieses emotionale Thema auf die Faktenlage herunterbricht.

Sa., 09.11.2024 - 08:34 Permalink
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Peter Gasser Sa., 09.11.2024 - 09:28

Antwort auf von Oliver Hopfgartner

Sind Sie Buchhalter oder Arzt?

Für den Arzt gilt: ‘Insbesondere bei Säuglingen können sich nach einer Ansteckung mit RSV schwere Verläufe mit einer Entzündung der unteren Atemwege (Bronchiolitis) entwickeln. Anzeichen sind ein beeinträchtigter Allgemeinzustand, Atembeschwerden und Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme. Eine Überempfindlichkeit der Bronchien kann zurückbleiben. Auch eine Lungenentzündung zählt zu den möglichen Komplikationen einer Erkrankung an RSV. Bei Kleinkindern sind RSV-bedingte Mittelohrentzündungen häufig.Schwere Verläufe müssen oft im Krankenhaus behandelt werden. In Deutschland ist das RS-Virus die häufigste Ursache für eine Behandlung von Säuglingen im Krankenhaus. In seltenen Fällen kann eine Ansteckung mit RSV auch zum Tod führen”.

Also vorbeugen, statt abwarten - außer man ist Buchhalter, dem das eine geschädigte und das andere tote Kind bedeutungslos ist im Vergleich zur schwarzen Null... (sag ich mal als Laie)

Sa., 09.11.2024 - 09:28 Permalink
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K V Sa., 09.11.2024 - 13:02

Antwort auf von Peter Gasser

"Sind Sie Buchhalter oder Arzt?"

Typisch schwarz/weiß alla PG. Natürlich sollte jede öffentlich finanzierte medizinische Maßnahme hinsichtlich Kosten und Nutzen abgewogen werden. Alles andere wäre unverantwortlich der Gesellschaft gegenüber, solange die Mittel begrenzt sind.

Sa., 09.11.2024 - 13:02 Permalink
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Peter Gasser Mo., 11.11.2024 - 08:37

Antwort auf von K V

Da gibt es einige Krankheiten, die haben nur wenige Menschen in Europa: der Kosten-Nutzen-Faktor der Entwicklung von Medikamenten für diese einige hundert Menschen ist verheerend negativ —> also leiden und sterben lassen —> das Ende der Solidar-Gemeinschaft —> diese Menschen haben eben Pech... genauso wie die betroffenen Säuglinge in diesem konkreten Fall dann.

Ich darf anderer Meinung sein, und den Arzt dem Buchhalter gegenüber höher und vorrangig gewichten.

Mo., 11.11.2024 - 08:37 Permalink
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K V Mo., 11.11.2024 - 10:31

Antwort auf von Peter Gasser

Sie werden es vielleicht nicht glauben, aber es gibt Ärzte, die die Kosten im Blick haben, genauso wie Buchhalter, denen Menschenleben nicht egal sind. Genauso gibt es sehr viele Grautöne und nicht nur schwarz und weiß.

Mo., 11.11.2024 - 10:31 Permalink
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Manfred Klotz Mo., 11.11.2024 - 07:16

Antwort auf von Oliver Hopfgartner

Das ISS rät nicht von der flächendeckenden Impfung ab, sondern fordert auf zu überlegen, ob eine flächendeckende Impfung sinnvoll ist. Mag sein, dass bei dieser Aufforderung der Kostenfaktor eine Rolle spielt, aber diejenigen, die die Überlegungen angestellt haben weil sie als Fachleute vom ISS dazu aufgefordert wurden, haben das Hauptaugenmerk auf den gesundheitlichen Aspekt gelegt. Ich verstehe den Aspekt Kosten bei terminalen Erkrankungen und halte auch nichts vom so genannten accanimento terapeutico, aber nicht im Zusammenhang mit Kleinkindern.
Was würdest du Eltern sagen (die ja laufend ihre Abgaben für das Gesundheitssystem zahlen), wenn ihr Kind erkrankt, weil das Gesundheitswesen die Impfung nicht anbietet oder nur bestimmten Kindern vorbehält (denn nicht flächendeckend läuft auf das hinaus)? Mit "zu teuer" wirst du sie wohl nicht abservieren, oder? Prävention kostet nur dem ersten Anschein nach viel Geld. Durch mangelnde Prävention nötige Therapien sind um ein Vielfaches teuer, abgesehen von den damit verbundenen menschlichen Dramen. Du schreibst vom Kosten-Nutzen-Verhältnis bei gesunden Kindern. Wir sprechen von einer Impfung. Das ist ein Paradoxon, falls dir das nicht auffällt.
Besonders krass empfinde ich deine Unterstellung der Käuflichkeit, die schlägt dem Fass wirklich den Boden aus.

Mo., 11.11.2024 - 07:16 Permalink