Sternsinger 2025
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Gesellschaft | Fritto misto

Wir bringen euch Frieden und Diversität

Blackfacing ist out, Inklusion ist in: Die Sternsinger machen’s vor.
  • Meine Tochter war letzte Woche als Sternsinger unterwegs und hatte nachher viel zu berichten. Von älteren Menschen in einsamen Wohnungen („Bleibs decht no a bissl bei mir!“), von Unmengen an Süßigkeiten und großen Geldscheinen, von Türen, die auf – und dann schnell wieder zugingen. Was sich hingegen nicht zugetragen hat auf ihren Runden, sind Versuche, einen der Könige mit schwarzer Schuhcreme einzufärben oder Ausrufe der Betrübnis darüber, dass keines der drei Mädels auf das Klischee vom „Schwarzen“ getrimmt worden war: Kraushaarperücke, dunkle Schminke, Goldringe an den Ohren, wir erinnern uns. Vor gar nicht langer Zeit noch die Norm, kommt einem diese Karikatur eines schwarzen Königs heute zum Glück kaum mehr unter und scheint auch nicht vermisst zu werden. Dachte ich – bis mich ein Kommentar in der Tageszeitung Dolomiten eines Besseren belehrte: „Immer seltener findet sich ein schwarzer König unter den Weisen aus dem Morgenland“, bedauerte dort ein Redakteur. Zwar wisse er, dass das sogenannte Blackfacing, also sich als weiße Person auf Afroamerikaner zu schminken, eine „Unsitte“ sei, aber im Fall der Könige sei der Sachverhalt ein anderer, denn: „Der schwarze Weise ist ein Zeichen für Inklusion, nicht für Ausgrenzung. Schade, dass dies viele Menschen nicht verstehen (wollen).“

  • Sternsinger im Jahr 2025: Der alte Brauch hat bis heute Tradition, um Gelder für notleidende Menschen zu sammeln. Foto: privat
  • Zu diesen uneinsichtigen Menschen, jawohl, gehöre ich. Ich kann schlecht beurteilen, wie groß die Sehnsucht nach einem wandelnden rassistischen Klischee, das an der Haustür läutet, in der Südtiroler Bevölkerung ist. Mein Umfeld kommt meines Wissens gut ohne klar, und auch sonst haben mich noch keine Zuschriften oder Petitionen diesbezüglich erreicht; der Wunsch danach scheint also die wenigsten umzutreiben. Was ich hingegen ganz gut beurteilen kann (Studium, Lektüre, Erfahrung), ist die total verquaste Verwendung des Begriffs Inklusion im obigen Zitat. Hier hätte Freund Google helfen können, der uns verrät: Inklusion bedeutet, dass jeder Mensch die Möglichkeit erhalten soll, sich umfassend und gleichberechtigt an der Gesellschaft zu beteiligen. Völlig unabhängig von individuellen Fähigkeiten, ethnischer Herkunft, Geschlecht oder Alter. Inklusion ist nicht, wenn ich so tue, als wäre ich ein (schlecht verkleideter) Vertreter einer sogenannten Randgruppe. Inklusion ist, wenn die Randgruppe (ja, schrecklicher Begriff) tatsächlich dabei ist, mitmacht. Ganz ohne Schminke und gern auch in einer anderen Rolle als jener des Melchior.

    Wie wunderbar das funktionieren kann, zeigt ein Beispiel aus Lajen. Dort ist Hannes, 12 Jahre alt, seit drei Jahren fixe Besetzung bei den Sternsingern. Hannes ist nicht schwarz, Hannes hat das Down-Syndrom. Wirklich, nicht verkleidet. Somit stellt auch er eine Randgruppe dar, die man normalerweise bei den (weißen, vermehrt weiblichen, mit üblichem Chromosomensatz versehenen) Sternsingern nicht antrifft. Das stößt bei manchen Menschen zunächst auf Verwunderung (“Konn der des?“), wie seine Mutter berichtet, ist dann aber meist schnell vergessen, weil es eigentlich keine Rolle spielt. Hannes freut sich, seinen Spruch aufzusagen, freut sich, wenn ordentlich Scheine in der Box landen und freut sich, wenn die ganze Truppe abends zur Belohnung Pizzaessen geht. So wie die anderen Sternsinger halt auch. Und die Bevölkerung, die dem schwarzgeschminkten König keine Träne nachweint, wenn Sie mich fragen, die bekommt zu Glück- und Segenswünschen obendrauf noch wohltuend vor Augen geführt, wie vielfältig unsere Gesellschaft ist. Und dass jede*r darin ihren oder seinen Platz finden soll. Das ist dann wirkliche Inklusion. Frohes 2025!