Politik | Wohnreform

Land startet Mietwohnmodell

Mit neuen Richtlinien fördert das Land künftig gemeinnützige Mietwohnprojekte. Ziel ist mehr leistbarer Wohnraum in ganz Südtirol.
Ulli Mair
Foto: Fabio Brucculeri/LPA
  • Nach der Verabschiedung der Wohnreform 2025 Anfang Juni hat die Landesregierung heute (1. Juli) die Richtlinien für den gemeinnützigen Mietwohnungsbau genehmigt. Für Wohnbaulandesrätin Ulli Mair ist das ein „Paradigmenwechsel“ in der Südtiroler Wohnbaupolitik – und ein Schritt hin zu mehr leistbarem Wohnraum. „Es freut mich, dass die Landesregierung diesen Beschluss heute fassen konnte“, sagte Mair bei der anschließenden Pressekonferenz. Damit werde ein zentraler Bestandteil der neuen Wohnbaupolitik konkretisiert: ein gemeinnütziger Mietwohnungsbau, der nicht an das öffentliche Vergaberecht gebunden ist, aber dennoch klare soziale Zielsetzungen verfolgt.

    Die Reform sieht vor, dass das Land künftig bis zu 55 Prozent der realen Planungs- und Baukosten übernimmt – unter der Bedingung, dass sich die Bauträger verpflichten, die Wohnungen mindestens 30 Jahre lang zu einem deutlich reduzierten Mietzins zu vergeben. Danach bleiben die Wohnungen dauerhaft konventioniert. „Was bisher nur im Altbau möglich war, wird künftig auch im Neubau ermöglicht“, erklärte Wohnbau-Landesrätin Mair. Besonders wichtig sei ihr dabei, dass nicht nur klassische Mietwohnungen entstehen: „Wir wollen auch Wohnformen wie Arbeiterwohnheime, Studentenwohnheime oder Mehrgenerationenhäuser fördern – gerne auch in gemischten Projekten.“

  • Gemeinnütziger Wohnbau: In Brixen wurde vor Kurzem das Pilotprojekt vorgestellt, das den Bau von 30 Wohnungen vorsieht, die unter dem Landesmietzins vermietet werden sollen. Foto: LPA/Wolfgang Meraner Architekt
  • Fokus: flexiblere Angebotspolitik

    Die Erfahrung habe gezeigt, so Mair, dass sich viele junge Südtiroler „nicht von Anfang an ein Leben lang an einen Standort binden oder verschulden möchten“. Es brauche darum Alternativen zur Eigentumswohnung. „Junge Leute sind flexibler und mobiler – wir brauchen mehr Mietwohnungen, die diesen Lebensrealitäten gerecht werden.“ Mair sprach in diesem Zusammenhang von einem „Gamechanger“ für den Südtiroler Wohnungsmarkt. Gemeinnütziger Wohnbau soll als dritte Säule neben dem privaten und dem sozialen Wohnbau etabliert werden. Ziel ist es, mit Hilfe von privaten Trägern – etwa Stiftungen, Genossenschaften oder kirchlichen Körperschaften – rasch leistbaren Wohnraum zu schaffen, ohne den bürokratischen Hürden des öffentlichen Bauwesens. Besondere Anreize gibt es auch für Leerstände: Steht ein Gebäude seit mehr als zehn Jahren leer, kann der Beitrag um weitere zehn Prozent erhöht werden. Damit soll gezielt dem Leerstand entgegengewirkt werden – ein Problem, das viele Gemeinden betrifft. Die Mietkosten sind klar definiert: Sie müssen mindestens fünf Prozent unter dem regulären Landesmietzins liegen. „Wir wollen garantieren, dass es in Südtirol künftig neben dem freien Mietmarkt auch einen bezahlbaren Mietmarkt gibt“, betont Mair.

  • Wohnbaulandesrätin Ulli Mair: „Wir wollen garantieren, dass es in Südtirol künftig neben dem freien Mietmarkt auch einen bezahlbaren Mietmarkt gibt.“ Foto: LPA/Fabio Brucculeri
  • Interesse ist hoch

    Die Projekte können entweder auf bestehenden Flächen der Bauträger realisiert werden oder auf Gemeindegrund, der im Rahmen des Oberflächenrechts zur Verfügung gestellt wird. Auch alte, nicht bebaute Wohnbauzonen könnten reaktiviert werden. Die Frist für Einreichungen endet heuer ausnahmsweise erst Ende Oktober. „Das Interesse ist groß – und zwar flächendeckend im ganzen Land“, so Mair. Bereits Ende Juli soll die erste Stiftung – „Stiftung Wohnen Südtirol“ gegründet werden, die künftig nicht nur ein Projekt verwirklichen will, sondern gleich mehrere. „Wir wollen eine echte und spürbare Veränderung in der Wohnbaupolitik erreichen“, sagt Ulli Mair. Wie erfolgreich das Modell sein wird, dürfte sich in den kommenden Monaten zeigen – sobald die ersten konkreten Ansuchen eingehen. 

    „Als Finanzlandesrat sehe ich das Ganze mit einem lachenden und einem weinenden Auge“, ergänzte Landeshauptmann Arno Kompatscher. Er zeigte sich zuversichtlich, dass in den kommenden Jahren zahlreiche derartige Projekte auf den Weg gebracht werden. Das bedeute allerdings auch, dass entsprechende finanzielle Mittel bereitgestellt werden müssten. „Da werden wir im Haushalt tief in die Tasche greifen müssen“, so Kompatscher abschließend.

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Karl Gudauner Di., 01.07.2025 - 16:04

Ja, klar, da braucht es eine großzügige Finanzierung. Damit die bereitgestellt werden kann, sind wahrscheinlich noch die Rahmenbedingungen genauer zu definieren. Sonst nisten sich da wieder private Profiteure ein. Die öffentliche Hand sollte selbst als privatwirtschaftlicher Marktakteur eine entsprechende Struktur auf die Beine stellen. Etwa mit dem WOBI, in Anlehnung an das Erfolgsmodell "Neue Heimat Tirol", oder vielleicht über die Schattengesellschaft Euregio Plus. Und schließlich ist dafür zu sorgen, dass neu geschaffener Mietwohnbestand dauerhaft in der Verfügungsgewalt von Land und oder Gemeinden bleibt.

Di., 01.07.2025 - 16:04 Permalink
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Herta Abram Di., 01.07.2025 - 16:32

Antwort auf von Karl Gudauner

Ja da heißts obacht geben, damit die Politik das Feld nicht weiter Privaten überlässt! Und Beratung zulässt!
Z.B.: Von Michael Obrist, ein in Wien lebender südtiroler Architekt. Obrist geht der Frage nach, wie Wohnen ökologisch und sozial nachhaltig werden kann:
https://www.rainews.it/tgr/tagesschau/audio/2025/01/politik-muss-wohnen…

Di., 01.07.2025 - 16:32 Permalink
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Oliver Hopfgartner Mi., 02.07.2025 - 06:02

Antwort auf von Herta Abram

Es geht um simple marktmechanismen. Private Unternehmen funktionieren, weil die privaten Unternehmer ein starkes Eigeninteresse daran haben, ein Projekt gut zu kalkulieren und effektiv umzusetzen. Bei Politikern und Beamten trifft das nicht zu, deswegen sind öffentliche Wohnprojekte auch so oft Kostenfallen oder korruptionsanfällig.

Sinnvoller fände ich da private, auf Genossenschaftsmodellen basierende Projekte, weil da wieder die Marktprinzipien gelten und nicht geleugnet werden können.

Mi., 02.07.2025 - 06:02 Permalink
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Stefan S Mi., 02.07.2025 - 08:39

Antwort auf von Herta Abram

Komplex erscheint es nur weil die Politik fast nur noch vom Lobbyismus getrieben ist und die daraus resultierenden Regelungen allein schon von der Formulierung so sperrig sind wie das Uralgebirge. Das Raumordnungsgesetz in Südtirol oder die Mietpreisbremse in D stehen sinnbildlich für diese verfehlte Politik.

Mi., 02.07.2025 - 08:39 Permalink
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Oliver Hopfgartner Mi., 02.07.2025 - 08:43

Antwort auf von Herta Abram

Eben WEIL es komplex ist, würde es nicht funktionieren, wenn die Politik selbst als Marktakteur auftritt, eben weil das Wissen, die Kompetenz und vor allem das langfristige Denken fehlt.
Auch ein Blick nach Österreich zeigt die Probleme und die Korruption in solchen Einrichtungen, hier ein Beispiel: https://www.heute.at/s/wirbel-um-sozialwohnung-fur-spo-nationalrat-3013…
Daher wäre ich sehr vorsichtig, wenn es um die Frage geht, inwieweit der Staat bzw. das Land selbst aktiv werden sollen oder nicht.

Mi., 02.07.2025 - 08:43 Permalink
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Manfred Gasser Mi., 02.07.2025 - 08:59

Antwort auf von Oliver Hopfgartner

Also das langfristige Denken in der Privatwirtschaft ist auch nur ein Gedanke, wie verdiene ich die nächsten Jahre noch mehr. Und genau dagegen braucht es öffentliche Bauträger, wo langfristiges Denken etwas anders ausgelegt wird.
P.S. Mein Beispiel der Privatwirtschaft ist ungefähr genau so aussagekräftig wie Ihr Hinweis zur Korruption in öffentlichen Einrichtungen. Gibt es beides, und wird es immer geben, ist aber doch kein Grund alles schlecht zureden, oder?

Mi., 02.07.2025 - 08:59 Permalink
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Karl Gudauner Mi., 02.07.2025 - 13:30

Antwort auf von Oliver Hopfgartner

Ein positives Beispiel findet sich in Tirol mit der "Neuen Heimat Tirol", einer privatwirtschaftlich agierenden Gesellschaft, die zu 50% dem Land und zu 50% der Stadt Innsbruck gehört. Wohnungen, die sie baut, werden sowohl zu einem leistbaren Mietzins vermietet als auch zum Kauf angeboten. Sie ist Eigentümerin von ca. 17.000 Wohnungen und baut sowohl Sozialwohnungen als auch Wohnungen für den Mittelstand. Es geht also, wenn Struktur und Fachexpertise passen.

Mi., 02.07.2025 - 13:30 Permalink
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opa1950 Mi., 02.07.2025 - 13:44

Antwort auf von Karl Gudauner

Die von ihnen Struktur und Fachexpertise wird es in Südtirol unter der Leitung von Mair niemals geben. Eher geht es in Südtirol nur noch für Wohnungen für die schlauen Ausländer als für Wohnungen für Einheimische Südtirolerinen und Südtiroler mit ihren Familien,denn viele Familien können sich unter diesen Umständen keine Wohnung mehr leisten. Viele sind sogar froh wenn sie es schaffen Ende Monat die Miete zu bezahlen. Ausländer mit gefälschtem Einkommen bezahlen 50 Euro Miete , die Ausrede vom WOBi: wir dürfen nicht kontrollieren. Aber bei Einheimischen wird genau kontrolliert. Der Einheimische muss bezahlen,auch wenn die Familie unter diesen Konditionen leidet. Das WOBi ist mittlerweile ein Wohltätigkeitsverein für die schlauen Ausländer und Immigranten geworden.

Mi., 02.07.2025 - 13:44 Permalink
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Factum Est Di., 01.07.2025 - 19:45

„Kirchliche Körperschaften“? Das WOBI hatte bereits in der Vergangenheit ganze Häuser der Kirche angemietet. Aufgrund der Vorgängerin von Mair, der Rechtsanwältin aus dem Pustertal, welche sich Immer wieder als Arbeitnehmerin einbringt, wurden diese Verträge bei Auslaufen nicht verlängert. Frau Mair sollte auch wissen dass neue Verträge nicht von kirchlichen Amtsträgern gemacht werden sondern von den Präsidenten des jeweiligen Pfarrgemeinderäten. Diese wollen dann mitunter marktschreiend schon Jetzt Verträge mit den Mietern abschliessen um beim Überweisen der Summen nach Bozen zu glänzen.

Di., 01.07.2025 - 19:45 Permalink
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Werner Rizzi-L… Mi., 02.07.2025 - 20:16

Wenn Brixens Ex-Bürgermeister, die als Kommunalpolitiker geübten Machenschaften neuerdings als LR für Raumordnung landesweit praktiziert, ist es zumindest in diesem Metier wohl vorbei, mit Südtirols Demokratie. Mittlerweile bestimmen in der ehemaligen Bischofstadt Privat-Interessenten skrupellos über das Eigentum von Grund und Boden der Nachbarn! Von wem sie das wohl gelernt haben?

Mi., 02.07.2025 - 20:16 Permalink