Politik | Beschlussantrag

Führungskräftegesetz unter Druck

Intransparente Personalwahl, Sprünge für Spitzengehälter, wenig für die Basis: Andreas Leiter Reber und Sandro Repetto entzünden die Debatte um das Führungskräftegesetz.
Repetto und Leiter Reber
Foto: David Orrú/ SALTO
  • Immer wieder versetzt die Besetzung von Spitzenposten in der Landes- und Gemeindeverwaltung in Staunen. Jüngst verklagte Gesundheitsbezirksleiterin Irene Pechlaner die Landesverwaltung erfolgreich auf 240.000 Euro, da sie den Wettbewerb um den Generalsekretärsposten gegen Florian Zelger verlor, obwohl er über keinen gültigen Eintrag ins Führungskräfteregister verfügte. 

    Für Aufregung sorgt aber nicht nur häufig Intransparenz bei der Vergabe von Spitzenposten, sondern auch der unverhältnismäßige Gehaltszuwachs bei den Führungskräften, während sich die unteren Gehaltsebenen mit Peanuts zufriedengeben müssen, erklärt Andreas Leiter Reber. Einer der Hauptgründe: das Landesgesetz Nr. 61 von 2022

    Noch in dieser Woche fordern der Landtagsabgeordnete der Freien Fraktion und der PD-Landtagsabgeordnete Sandro Repetto mit ihrem Beschlussantrag (138/4), dass jenes unruhestiftende Personalgesetz, das in Südtirol als „Neues Führungskräftegesetz“ bekannt ist, „zurück in die Werkstatt kommt“. Ziel müsse der Umbau des Gesetzes  sein, erklären Leiter Reber und Repetto und zwar für mehr Transparenz und für den Ausgleich des ökonomischen Ungleichgewichts.

  • Im gleichen Boot?

    Die aktuelle Personalordnung des Südtiroler Landtags ermögliche Intransparenz und Unstimmigkeiten. Für die höchsten Ämter unseres Landes seien, so Leiter Reber, öffentliche und reguläre Wettbewerbe nicht verpflichtend. Die Generalsekretärin oder der Generalsekretär wird vom Landtagspräsidenten, dem Präsidium vorgeschlagen. Auch für die Berufung von Amtsdirektorinnen und -direktoren sind keine öffentlichen Wettbewerbe vorgeschrieben. Diese werden vom Generalsekretär angehört und ebenso vom Landtagspräsidenten, dem Präsidium vorgeschlagen. Hier verorten die Landtagsabgeordneten Leiter Reber und Repetto vor allem den Nährboden des Unmuts.

    Für die offene Gehaltsschere zwischen Angestellten und Führungskräften im öffentlichen Dienst holt Leiter Reber weit aus: Einst, im Jahr 1992, saßen Führungskräfte und Bedienstete „im gleichen Boot“. Nach einem Urteil des Verfassungsgerichts von 2019, das die damalige Regelung beanstandete, wurde 2022 das Landesgesetz Nr. 61 vom 21. Juli mit 18 Für- und 11 Gegenstimmen verabschiedet.

     

    Es geht nicht um eine Neiddebatte

     

    Der Zündstoff: Mit dem „neuen Führungskräftegesetz“ spitzten sich die Unterschiede zwischen Basis und Spitze zu. Während die unteren und mittleren Einkommen in den letzten Jahren Gehaltssprünge von maximal 12 Prozent erfuhren (circa 3.600 Euro brutto pro Angestellten), stiegen die Bezüge in den obersten Führungsebenen laut Leiter Reber um 25 bis 30 Prozent, also um 25.000 bis 43.000 Euro pro Jahr. Medienberichte bestätigen ähnliche Größenordnungen.

    An der Spitze steht die neue Funktions- und Gehaltsebene A5. Drei Personen im Landesdienst erreichen – bei Gewährung der Zulage – ein Gesamtbrutto von bis zu 240.000 Euro. Laut Abgeordnetem Leiter Reber zeigt sich hier ein Missverhältnis: Während der Generaldirektor der Landesverwaltung Tausende Mitarbeitende und Milliardenbudgets verantwortet, führt der Generalsekretär des Landtags ein Haus mit rund 90 Beschäftigten und deutlich kleinerem Etat – ein Gefälle, das politisch erklärt werden müsse.

  • Gehaltssprung: Seit dem Neuen Führungskräftegesetz 2022 verzeichnen insbesondere die Führungskräfte im öffentlichen Dienst laut Leiter Reber beträchtliche Gehaltssprünge. Foto: DO/SALTO
  • Auch Gemeinden stehen unter Druck

    Das Gesetz wirkt über die Landesverwaltung hinaus – insbesondere auf die Gemeindesekretäre. Für mittlere Gemeinden werden 31 Prozent Mehrgehalt beziffert, das bedeutet rund 33.000 Euro brutto mehr im Jahr. Erschwerend kommt hinzu, dass die Gehälter der Gemeindesekretäre nicht von den Vereinbarungen zur Gemeindefinanzierung durch das Land berücksichtigt werden, was vor allem kleinere Gemeinden vor beträchtliche Herausforderungen stellt.

  • Was jetzt gefordert wird

    Die Forderung der Freien Faktion und des PD setzt an mehreren Hebeln an: Das Präsidium soll binnen 60 Tagen eine Neuregelung für die „Verwaltungs- und Führungsstruktur“ sowie der Personalordnung des Südtiroler Landtags vorlegen. Dies beinhaltet die Einführung von angemessenen und transparenten wettbewerblichen Auswahlverfahren. Parallel wird die Landesregierung aufgefordert, einen neuen Gesetzesentwurf zu erarbeiten, um ökonomische Schieflagen zu korrigieren – entweder durch Begrenzung von Zulagen oben oder durch gezielte Anhebungen auf den unteren Ebenen. Für die Gemeinden steht zudem die Forderung nach finanzieller Kompensation im Raum, um die gestiegenen Personalkosten nicht aus dem Alltagsbetrieb herauspressen zu müssen.

    Es geht nicht um eine Neiddebatte“, hebt Leiter Reber explizit hervor, sondern um Vertrauen: Bürgerinnen und Bürger würden erwarten, dass Leistung, Verantwortung und Bezahlung nachvollziehbar zusammenpassen. Solange Prozent- und Eurobeträge so auseinanderlaufen, werde die Frage nach Verhältnismäßigkeit nicht verstummen. Die Politik müsse nun liefern – mit klaren Einstufungen, transparenten Verfahren und einer Finanzierung, die Kommunen handlungsfähig hält.