Politik | Interview

„Wir müssen reagieren“

Landwirtschaftslandesrat Arnold Schuler zum absurden Fall einer Hofschließung in Eppan und zu Einzelfällen, die den Bauernstand in Verruf bringen.

Herr Landesrat Schuler, mancher Bauer ist schlauer als die Politiker?
Arnold Schuler: Es gibt leider Bauern, die geschickt jene Lücken nutzen, die das Gesetz lässt.

Der Eppaner Fall eines Jungbauern, der einen neuen Hof schließt, dessen Fläche zu 92 Prozent in Branzoll liegt, der aber die Hofstelle in Eppan errichtet, macht das Südtiroler Höfegesetz doch lächerlich?
Man muss hier unterscheiden. Die gesetzlichen Voraussetzungen sind in diesem Fall sicher gegeben. Das Höfegesetz sieht vor, dass es zur Neuschließung eines Hofes gewisse Flächen braucht, die hier auch vorhanden sind. Es ist gesetzlich nicht vorgesehen, dass die Flächen alle in einer Gemeinde sein müssen. Das wäre auch kaum möglich, weil es viele Überschneidungen zwischen Nachbargemeinden gibt. Man hat aber gesagt, die Flächen müssen eine funktionelle Einheit bilden. Und die Flächen müssen in einer bestimmten Erreichbarkeit liegen.

Das ist doch der springende Punkt: Die Gemeinden Eppan und Branzoll liegen 20 Kilometer auseinander, sie grenzen nicht einander und der Bauer hat mit dem Traktor zwei Stunden Fahrzeit hin und zurück. Wie kann das eine funktionelle Einheit sein?
Das ist eine Ermessensfrage. In meinen Ämtern sagt man mir, dass das die Grenze ist, wo man die Entfernung noch akzeptieren kann. Es gibt mehrere solche Fälle, wo seit Generationen die Grundstücke so gelagert sind. Vor allem im Vinschgau wo durch die Realteilung die Grundstücke weit auseinanderliegen.

Damit wird es aber einfach: Anstatt 2 Hektar kaufe ich nur 1.000 Quadratmeter Grund im teuren Überetsch. Den Rest kaufe ich um einen Pappenstiel entlang er Brennerautobahn in Salurn und dann baue ich mir einen schönen Hof in Eppan oder Kaltern.
Die Frage ist, ob wir auf solche Fälle reagieren müssen. Meine Antwort ist Ja. Denn das sind solche Sondersituationen, die dem Image der gesamten Bauernschaft schaden. Diese Fälle werfen ein schlechtes Licht auf das Instrument geschlossener Hof, das in den allermeisten Fällen absolut gut funktioniert. Der geschlossene Hof ist durchaus ein Erfolgsmodell. Ein Modell, das durch solche Aktionen ins schiefe Licht gerückt wird. Hier müssen wir reagieren. Die Gretchenfrage aber ist, was kann man tun?

Solche Fälle schaden dem Image der gesamten Bauernschaft.

Zum Beispiel in das Höfegesetz schreiben, dass die Hofstelle dort errichtet werden muss, wo der Großteil des Grundes liegt. Einfacher geht’s doch nicht?
Das klingt zwar gut, doch so einfach ist es nicht. Es gibt vielfach auch Flächen, die unter Schutz stehen, die in Bannzonen liegen oder die sich einfach nicht eignen eine Hofstelle zu errichten. Dagegen gibt es außerhalb eine kleine Fläche, die verbaubar ist. So einfach ist es also nicht. Man könnte aber, die Mindestfläche von Neuschließungen allgemein erhöhen, um solche Situationen in Zukunft zu vermeiden.

Die Politik wird doch imstande sein, diese Lücken im Gesetz zu schließen?
Das werden wir versuchen. Etwa in dem man die Mindestfläche zur Hofschließung nochmals erhöht. Aber auch damit schließt man diese Tricks noch nicht aus. Es ist ein sehr komplexer Bereich.

Oder will die Politik keine Änderung?
Nein, wir wollen schon. Die Diskussion ist nicht neu und wir werden auf jeden Fall versuchen, hier etwas gesetzlich zu ändern.

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Salto User
Manfred Gasser Fr., 10.10.2014 - 14:00

"SO EINFACH IST ES ALSO NICHT"
Wie ich diesen Satz hasse!!
Mit dem, Herr Schuler, was ihre Beamten und Sie verdienen, soll es auch nicht leicht sein! Denn "leicht" können doch alle, oder?

Fr., 10.10.2014 - 14:00 Permalink
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Oskar Egger Fr., 10.10.2014 - 22:34

Antwort auf von Manfred Gasser

Nein, natürlich ist es nicht leicht, und wenn man nebenher noch eine Landwirtschaft zu betreiben hat, ist es noch schwerer. Schon mein Vater pflegte zu sagen: "man kann nicht mit dem A...gleichzeitig auf zwei Kirchtürmen sitzen", andere formulieren das so "man kann nicht auf zwei Hochzeiten tanzen".

Fr., 10.10.2014 - 22:34 Permalink
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Ein Leser Fr., 10.10.2014 - 16:12

Ich zitiere mich selbst aus einem anderen Kommentar:
1. Das Landeshöfegesetz gibt nur die objektiven und subjektiven Voraussetzungen zur Bildung eines neuen geschlossenen Hofes vor. Nirgends wird man darin etwas über etwaige Baumöglichkeiten oder wo diese stattfinden dürfen finden.
2. Jegliche Baumöglichkeit in Südtirol, ob geschl. Hof oder nicht, wird über das Landesraumordnungsgesetz geregelt. Dieses wiederum weist den Gemeindebaukommissionen die Aufgabe zu, die Bautätigkeit im jeweiligen Gemeindegebiet zu regeln. Nirgendwo im Landesraumordnungsgesetz steht geschrieben, dass die Höfekommission oder Landeshöfekommission die Auswahl für die Lage der Hofstelle treffen.

Das Gesetz, das anzupassen wäre, da es die Baumöglichkeiten regelt, ist das Raumordnungsgesetz.

Fr., 10.10.2014 - 16:12 Permalink
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Manfred Gasser Fr., 10.10.2014 - 16:22

Antwort auf von Ein Leser

Ich verstehe ja nicht viel, aber laut Landesraumordnungsgesetz ist es doch verboten auf landwirtschaftlicher Fläche ein Wohnhaus zu bauen, für mich jedenfalls. ich müsste den Grund erst umwidmen lassen, oder?
Bei einer Hofstelle für einen geschlossenen Hof ist das aber irgendwie anders, denke ich mal.
Also hat doch das Höfegesetz etwas mit der Bautätigkeit auf einem geschlossenen Hof zu tun, und korrigieren Sie mich bitte, wenn ich da ganz falsch liege.

Fr., 10.10.2014 - 16:22 Permalink
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Ein Leser Fr., 10.10.2014 - 17:40

Antwort auf von Manfred Gasser

Richtig. Landesraumordnung besagt (vereinfacht), dass im lw. Grün Wohnkubatur nur an der Hofstelle eines tatsächlich bewirtschafteten geschl. Hof erbaut werden darf.
Somit ist die Hofschließung, die durch das Höfegesetz geregelt ist, eine Voraussetzung dafür. Da das Interview hier auf einen anderen Artikel desselben Autors folgt, in dem die Art der Baumöglichkeit (zu Recht!) kritisiert wurde, ist hierfür eine entsprechende Änderung des Raumordnungsgesetzes anzudenken. Warum? Da dies das einzige Gesetz ist (und auch sein soll), wo die Baumöglichkeiten, aber auch deren Art und Weise regelt bzw. regeln sollte.

Fr., 10.10.2014 - 17:40 Permalink
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Manfred Gasser Fr., 10.10.2014 - 21:59

Antwort auf von Ein Leser

Aber welchen Einfluss hat die Baukommission der Gemeinde auf den Ort, die Art und Weise und die Grösse dieser Hofstelle? Wird auch das im Höfegesetz geregelt, und wenn nicht, könnte man das im Höfegesetz regeln?
Oder noch anders, hätte in dem beschriebenen Fall die Gemeinde einfach Nein sagen können, also den Bau verbieten?

Fr., 10.10.2014 - 21:59 Permalink
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Ein Leser Sa., 11.10.2014 - 12:13

Antwort auf von Manfred Gasser

Dass eine Regelung getroffen werden muss, damit solche schlauen "Systemausnutzereien" nicht mehr stattfinden, sind wir uns sicher alle einig.
Wenn das Raumordnungsgesetz sagt ich kann eine Hofstelle errichten, dann soll es auch regeln, wo diese gebaut wird.
Es ist nicht sinnvoll, dies in einem anderen Gesetz zu machen. Wieso sollte ich mich durch x verschiedene Gesetze wühlen müssen, um an die notwendigen Informationen zu kommen? Einfache, klare Gesetze sind gefordert, die ein Thema schlüssig behandeln. Baugeschichten eben nur im Raumordnungsgesetz.

Sa., 11.10.2014 - 12:13 Permalink
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magda baur So., 12.10.2014 - 20:33

Bitte nicht nur hier reagieren, sondern auch im Erbrecht! Die Enterbung der weichenden Erben muss endlich aufhören. Seit dem germanischen Recht ist immer noch die Beibehaltung der ursprünglichen Größe des Hofes über die Rechte der Kinder gestellt. Jetzt ist es endlich Zeit, dies zu ändern. Des Öfteren haben italienische Verfassungsrechtler die Ungleichbehandlung der Erben gleichen Grades aufs Schärfste kritisiert. Im übrigen Italien gibt es den geschlossenen Hof nicht und deshalb hat sich die italienische Verfassungsjurisprudenz dafür nicht interessiert. Die ganze Gleichberechtigungsdiskussion ist damit am geschlossenen Hof vorbei gegangen. Die Erben gleichen Grades sollten sich in einer Plattform zusammenschließen und endlich ihre Rechte gegenüber der starken Bauernbundlobby konsequent vertreten.

So., 12.10.2014 - 20:33 Permalink
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Ein Leser Mo., 13.10.2014 - 16:26

Antwort auf von magda baur

Frau Baur, ich entnehme Ihren Äußerungen einen gewissen Ärger oder Frust. Dennoch bitte ich Sie nicht falsche Behauptungen zu verbreiten:

Es ist richtig, dass es im restlichen ital. Staatsgebiet das Institut des geschl. Hofes nicht gibt. Falsch ist, dass sich die Verfassungsjurisprudenz nicht (oder deshalb nicht) dafür interessiert.
In jedem Verfahren kann die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit einer Norm, die im ital. Staatsgebiet zur Anwendung kommt, aufgeworfen werden. Seit der Wiedereinführung des Höferechts im fernen Jahr 1945 und der Neuauflage im Jahr 2001, war das Höfegesetz und auch die besondere Erbregelung mehrmals Gegenstand von Verfassungsklagen. Dennoch wurde die besondere Erbregelung immer als verfassungskonform betrachtet.

Andersherum: Es wird seit 1945 viele weichende Erben gegeben haben, die diese gesetzliche Regelung als ungerecht und verfassungswidrig erachtet haben. Darunter waren einige, die dies auch gerichtlich und beim Verfassungsgerichtshof feststellen lassen wollten. Wieso ist die besondere Erbregelung heute noch in Kraft?

Mo., 13.10.2014 - 16:26 Permalink
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Hans P. Mo., 13.10.2014 - 19:51

Schuler... wir sind nur mehr enttäuscht, tragisch! Aber man hätte wissen müssen, wenn ein Bauer über andere Bauern richten soll.

Mo., 13.10.2014 - 19:51 Permalink