Gesellschaft | Sanitätsreform

"Kleine bleiben in der SVP auf der Strecke"

Erster Parteiaustritt infolge der Sanitätsreform. Warum der Sterzinger SVP-Stadtrat Hermann Gögl nach der Mahnwache am Donnerstag seine Partei verlässt.

Herr Gögl, Sie verlassen die Südtiroler Volkspartei?
Hermann Gögl: Ja, ich habe beschlossen, die Partei zu verlassen und meine Entscheidung bereits dem Koordinierungsausschuss, dem Bürgermeister und dem Obmann mitgeteilt.

Am Donnerstag eine beeindruckende Mahnwache vor dem Krankenhaus Sterzing, am Freitag Abend ein klärendes Treffen des Wipptaler Bezirksausschusses mit Landesrätin Martha Stocker und Parteiobmann Philipp Achammer und nun Ihr Schritt. Warum?
Weil ich einfach erkennen musste, dass die Solidarität der Partei mit den Kleinen nicht mehr da ist. Als kleiner Bezirk müssen wir immer extrem die Prügel einstecken. Es heißt zwar immer, wir werden in die Entscheidungsprozesse mit eingebunden, doch wenn dann entschieden wird, bleiben immer wir auf der Strecke. Das ist mit meinen Vorstellungen nicht mehr vereinbar und deshalb muss ich die Konsequenzen ziehen.

Reden Sie generell oder geht es um die Sanitätsreform und das Krankenhaus Sterzing?
Ich rede auch generell, da es bereits in der Vergangenheit viele Beispiele für diese Vorgehensweise gab. Doch Auslöser waren nun vor allem die Reform und das Vorgehen der Partei. Unser Obmann spricht zwar immer noch von einer offenen Diskussion, doch am Freitag Abend hat uns Landesrätin Stocker dann ganz klar gesagt, dass es keinen Spielraum mehr gibt. So abservieren kann man uns dann auch nicht. Denn wenn man ohnehin nicht diskutieren kann, braucht man uns auch nicht als Zuschauer ins Theater holen. Dann soll man einfach sagen, wir haben uns entschieden und Schluss.

"Wir sollen hier die Volksvertreter sein, aber sind den Entscheidungen in der Partei vollkommen ausgeliefert. Wie sollen wir uns denn da bitte in sechs Monaten bei den Gemeinderatswahlen hinstellen, was sollen wir den Leuten dann sagen? Mitreden dürften wir nicht, aber gerade stehen dafür sollen wir dann schon."

Stimmt es, dass Stocker und Achammer den Bezirksausschuss auch wegen der Buhrufe und Auspfiffen auf der Kundgebung kritisiert haben?
Es wäre wohl zu direkt zugegangen, hat es geheißen. Doch da waren 3000 Menschen mit dabei – von 18.000 Einwohnern im gesamten Wipptal. Und klarerweise war die Stimmung entsprechend angespannt. Sie können eine so große Menge zwar insofern kontrollieren, dass es kein Problem mit Gewalt gibt, und es ist auch wirklich alles sehr friedlich abgelaufen. Doch was dann skandiert wird, können wir natürlich nicht in der Hand haben.

Das Krankenhaus Sterzing hat der bei der Bevölkerung eine hohen emotionalen Wert und Sie müssen hier in den nächsten Monaten Wahlkampf führen. Auch ein Problem?
Klarerweise. Wir sollen hier die Volksvertreter sein, aber sind den Entscheidungen in der Partei vollkommen ausgeliefert. Wie sollen wir uns denn da bitte in sechs Monaten bei den Gemeinderatswahlen hinstellen, was sollen wir den Leuten dann sagen? Mitreden dürften wir nicht, aber gerade stehen dafür sollen wir dann schon. Das sind wirklich schwerwiegende Sachen, die derzeit passieren.

"Wenn man ohnehin nicht diskutieren kann, braucht man uns auch nicht als Zuschauer ins Theater holen. Dann soll man einfach sagen, wir haben uns entschieden und Schluss."

Und Sie glauben, Ihr Parteiaustritt kann daran etwas ändern?
Mein Parteiaustritt wird daran kaum etwas ändern, aber vielleicht provoziert ja die daraus erwachsende Diskussion ein Nachdenken. Aber für mich ist es einfach ein persönlicher Schritt, weil ich wie gesagt nicht mehr einverstanden bin, dass in dieser Partei alle Entscheidungen nur mehr zahlenmäßig getroffen werden und es kein Verständnis mehr für die kleinen Räume, das Territorium gibt. So kann es nicht gehen.

Sie sitzen bereits in der zweiten Amtsperiode in Strerzings Stadtregierung. Auch das Vergangenheit?
Nein, Stadtrat werde ich hoffentlich noch ein Weilchen bleiben.

Als freier Stadtrat?
Das werden wir nun sehen.

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Profil für Benutzer Oskar Egger
Oskar Egger Di., 14.10.2014 - 15:26

Ja, ich meine, Herr Gögl, das ist ein kluger Anfang. Wenn andere nun ihrem Beispiel folgen, geht irgendwann diesem System die Luft aus, denn es ist ein Irrtum zu meinen, das System verändere sich von selbst.

Di., 14.10.2014 - 15:26 Permalink