Politik | Autonomiestatut

"E la frittata è fatta"

Während sich der Südtiroler Landtag für eine Kompetenzübertragung von der Region auf die Provinz ausspricht, stimmt man im Trentino geeint dagegen. Was nun?

“Der 9. Juni war ein schwarzer Tag für die Autonomie des Trentino und Südtirols.” Mit dieser Aussage lässt Riccardo Dello Sbarba am Mittwoch Nachmittag aufhorchen. In einem Facebook-Eintrag erklärt der Grüne Landtagsabgeordnete seine Schwarzmalerei: “In den beiden Landtagen von Trient und Bozen wurde am 9. Juni über denselben Verfassungsgesetzentwurf abgestimmt. Während der Trentiner Landtag den Entwurf einstimmig mit NEIN ablehnte, sprach man sich Südtirol mit einer Mehrheit von 28 zu 4 Stimmen dafür aus.” Sobald klar wird, worum es in dem Gesetzentwurf geht, zeigt sich die Brisanz des Abstimmungsergebnisses.

Der Verfassungsgesetzentwurf mit der Nummer 1778 wurde von den Südtiroler Senatoren Karl Zeller, Hans Berger und Francesco Palermo im Februar ausgearbeitet. Sie wollen ihn in Rom einbringen und riefen den Landtag daher zu einer Stellungnahme auf. Der Betreff: “Änderungen am Sonderstatut der Region Trentino-Südtirol zur Übertragung an die autonomen Provinzen Trient und Bozen der regionalen Zuständigkeit für die Ordnung der örtlichen Körperschaft”. Kurz gesagt, es geht um die Übertragung von Kompetenzen von der Region an die beiden Provinzen. Das Autonomiestatut soll dahingehend abgeändert werden, dass Trient und Bozen zukünftig primäre Gesetzgebungsbefugnisse für die Ordnung der örtlichen Körperschaften, sprich der Gemeinden, erhalten sollen.


Die Zweifel waren berechtigt

Bereits während der Sitzung am Dienstag meldete Riccardo Dello Sbarba Bedenken an. Er wies darauf hin, dass es für diese Änderung am Statut auch die Zustimmung des Trentiner Landtags und des Regionalrats brauche. “Mit diesen wurde aber nicht einmal geredet”, so Dello Sbarba. Seine Forderung daher: “Das Anliegen ist verfrüht und wird nicht mit der nötigen Sorgfalt angegangen. Man sollte gerade jetzt die Trentiner nicht brüskieren und eine einseitige Änderung des Statuts anpeilen.” Ganz anders die Meinung von SVP-Fraktionssprecher Dieter Steger: “Wir müssen die Gelegenheit ergreifen, um im Parlament einen Schritt weiter zu kommen, jetzt, wo es ein gutes Einvernehmen mit Rom gibt. Es ist nicht gesagt, dass die Trentiner nicht zustimmen werden”. Doch genau das ist schließlich passiert.

Nach langer Diskussion votierte der Trentiner Landtag entgegen Stegers Optimismus am Dienstag einstimmig gegen den Gesetzentwurf der Südtiroler Parlamentarier. Für den Landtagsabgeordneten Nerio Giovanazzi war klar, was die SVP vorhabe: “Tenta di togliersi una palla dal piede: affondare la Regione e staccarsi da Trento.” Die Befürchtung, die Region werde durch die Abänderung des Autonomiestatus ausgehöhlt, war durch die Bank zu hören. Mit 27 Nein wurde der Verfassungsgesetzentwurf schließlich abgelehnt.


Unnötige Alleingänge

“E la frittata è fatta: mentre tutta Italia attacca le autonomie, le due autonomie sorelle nella nostra Regione si spaccano tra loro, so das Fazit von Riccardo Dello Sbarba. Und dieser Bruch sei vorhersehbar gewesen. “Ein Gesetzentwurf zur Abänderung des Statutes, unterzeichnet nur von den Südtiroler Senatoren, ist von vornherein zum Scheitern verurteilt.” Er hatte dem Landtag vor der Abstimmung einen Vorschlag gemacht: Sich mit den Trentinern an einen Tisch setzen und einen gemeinsamen Entwurf ausarbeiten. Doch sein Appell verhallte. Im Gegenteil, wie Dello Sbarba in einer Anekdote aus dem Landtag erzählt.

So sei ihm von Roberto Bizzo mit Unverständnis zugeflüstert worden: “Votare contro una legge firmata da Palermo, ma come puoi?” Was Bizzo nicht zu wissen schien: Vor mehr als zwei Wochen teilte Francesco Palermo mit, dass er seine Unterschrift auf dem Gesetzesentwurf zurückgezogen habe. “Die Reformen müssen gemeinsam gemacht werden”, so der Senator in einem Blogeintrag vom 21. Mai. “Auch wenn dabei das Risiko besteht, dass sie gar nicht gemacht werden. Im Trentino muss erst einmal eine Diskussion stattfinden, während ich in Südtirol darauf warte, dass die Arbeiten im Autonomiekonvent aufgenommen werden. Erst wenn wir einen vereinten Weg eingeschlagen haben, werde ich meine Unterschrift wieder unter den neuen, gemeinsam ausgearbeiteten Gesetzesentwurf setzen”, so Palermo.

Riccardo Dello Sbarba ist indessen überzeugt: “Der Alleingang der Südtiroler Parlamentarier hat Gift in die intra-regionalen Beziehungen gespritzt.” Und das auch noch ganz unnötigerweise. Denn ohne die Zustimmung des Regionalrats habe der Gesetzentwurf sowieso keine Zukunft, so Dello Sbarba. Angesichts der Ablehnung der Trentiner Landtagsabgeordneten ist eine Übereinkunft aber in unerreichbare Ferne gerückt.