Politik | SVP Bozen

„Misstrauen gegenüber Ökosozialen ist groß“

Klare Prioritäten für ein Regierungsprogramm, doch kein eindeutiges Ja oder Nein zu Benko: Ergebnisse des Bozner SVP-Koordinierungsausschusses.


Keine Kehrwende der Bozner Volkspartei in Sachen Benko-Projekt. Wer sich am Montag Abend klare Antworten des Koordinierungsgremium für oder gegen das städebauliche Projekt erwartete, wurde enttäuscht. „Zu diesem Thema kann sich jeder Gemeinderat frei entscheiden. Die Frage der Regierbarkeit der Stadt hängt für uns von ganzen anderen Voraussetzungen ab“, erklärte Stadtobmann Dieter Steger am späten Abend. Welche Prioritäten das sind, gaben die Mitglieder des Ausschusses ihrem Obmann gestern für die weiteren Verhandlungen mit. „Bisher haben vor allem andere ihre Forderungen und Vetos vorgebracht, jetzt sind wir dran“, erklärte Steger zehn Tage vor Ablauf der Frist für eine Regierungsbildung.

Neu sind die Punkte, die die Mitglieder der Volkspartei prioritär in einem Regierungsprogramm haben wollen, freilich nicht. Deutlicher als je zuvor wird das Thema Sicherheit forciert: höhere Präsenz der Stadtpolizei, Kameras an neuralgischen Punkten, Maßnahmen gegen aggressive Bettelei.  „Hier können wir nicht viele Abstriche machen, denn diese Thema wird zumindest von unserer Wählerschaft sehr stark gespürt“, sagt Steger. Standfest bleibt die Volkspartei bei ihrer Forderung nach steuerlichen Entlastungen für Bozens BürgerInnen. GIS und Irpef-Zuschlag müssen herunter, im Gegenzug muss auch die Gemeinde einer Spending Review unterzogen werden, lautet die Losung. Dass es kein Einsparungspotential ohne Qualitätseinbußen gibt, wie im ökosozialen Lager bereits gewarnt wurde, lässt Steger nicht gelten: „Wir brauchen nur die Doppelgleisigkeiten hernehmen, die zum Beispiel zwischen SEAB und Umweltämtern oder zwischen dem Betrieb für Sozialdienste und Ämtern für Sozialplanung bestehen“, sagt er.

Als weitere wesentliche Punkte für die Entwicklung der Stadt in den kommenden fünf Jahren gibt die Bozner SVP einen Stopp für die weitere Verbauung von landwirtschaftlichem Grün, einen Fahrplan für das Bozner Bahnhofsareal – „die wichtigste Entwicklungsperspektive für Bozen“, so Steger – sowie das Thema Mobilität vor: mit der Umsetzung des Tunnels an der SS12 von Leifers in Richtung Kampill sowie der Planung des Hörtenbergtunnels.

Entscheidung innerhalb dieser Woche

Die Chancen, mit den Ökosozialen weiterhin gemeinsame Sache zu machen, sind damit nicht gerade gestiegen. Nicht nur, weil es weiterhin keine klare Positionierung zu Benko gibt oder Themen wie Steuersenkungen und Überwachungskameras nicht gerade einem gemeinsamen Weltbild entspringen. Vor allem aber verspürte der SVP-Stadtobmann am Montag Abend in den eigenen Reihen eine „brutale Skepsis gegenüber den Ökoszialen – selbst von Leuten, die in der Hinsicht eher offen sind“, wie er meint. Also gibt es geringe Chancen auf eine Fortsetzung der gemeinsamen Arbeit? „Wir lassen die Verhandlungen sicherlich nicht platzen, denn wir sind eine Regierungspartei und spüren die Verantwortung, dass es in der Stadt eine Regierung geben wird“, antwortet Steger. Doch sollte innerhalb dieser Woche keine Einigung gefunden werden, brauche es einen Plan B, also eine alternative Koalition. Sollte sich auch diesbezüglich keine Lösung finden, bleibt auch in Bozen nur mehr der Plan C – sprich eine kommissarische Verwaltung plus Neuwahlen.

Doch davon will Bozens Bürgermeister noch nichts wissen. Luigi Spagnolli zeigte sich nach dem gestrigen Treffen seiner Partei zuversichtlich, dass ab Dienstag am Verhandlungstisch wieder konstruktiv an einer Wiederauflage der bisherigen Koalition weitergearbeitet wird:

„Credo che i presupposti ci siano, confido nella volontà di mantenere, tra i valori di chi amministra la città, quei principi di sensibilità nei confronti delle fasce deboli e di attenzione nel dare risposte ai problemi, soprattutto dei nuovi problemi della popolazione, che sono più presenti nella sinistra che altrove.“

 

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Mensch Ärgerdi… Di., 16.06.2015 - 09:46

Ging es nach den Linken, müssten wir wahrscheinlich noch mehr Steuern zahlen. Aber wehe ein Unternehmer hat auch etwas davon! Mehr als Kopf schütteln kann man da wirklich nicht...

Di., 16.06.2015 - 09:46 Permalink
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Michael Schlauch Di., 16.06.2015 - 10:11

Antwort auf von Mensch Ärgerdi…

Wer wäre denn das "wir" welches "wahrscheinlich" noch mehr Steuern zahlt? Es geht nicht um die Frage, ob Steuersenkung oder nicht, sondern für wen - wer hat am Ende mehr Geld im Portemonnaie? Und wenn das am Ende nur das obere Drittel der Bevölkerung ist, welches nebenbei auch Immobilien besitzt und/oder weniger auf öffentliche Dienstleistungen angewiesen ist, dann ist die Frage keine typisch Linke, sondern betrifft jeden, der sich für die Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft ausgesprochen hat. Dazu hat sich auch PD und SVP in Vergangenheit bekannt - zumindest in der Theorie, wie man sieht.

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Mensch Ärgerdi… Di., 16.06.2015 - 11:04

Antwort auf von Michael Schlauch

Man sollte nicht vergessen, dass solange wir in keiner Diktatur mit ein und Abreiseverbot leben, es für das obere Drittel ein leichtes ist einfach abzuwandern, wie es immer mehr für viele Betriebe der Fall ist. Regierungen drängen ihrerseits immer mehr auf Privatisierungen. Am Ende hat doch Otto Normalverbraucher das Nachsehen. Und man komme mir nicht mit altruistischen oder philanthropischen GGedanken, denn die Srammwählerschaft dieser Parteien besteht zum gutem Teil aus öffentlichen Bediensteten die ihre eigene Einnahmequelle schützen wollen.
Es soll ja auch nicht von ein Extremen anderen kommen, ein gesunder Mittelweg ist gefragt.

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Michael Schlauch Di., 16.06.2015 - 13:40

Antwort auf von Michael Schlauch

Das mit der Abwanderung der Reichen, um Privatisierung und Steuererleichterungen zu rechtfertigen, ist ein alter Hut. Die Änderung des Lebensmittelpunktes und damit des steuerlichen Wohnsitzes ist ebenfalls mit nicht unerheblichen sozialen und finanziellen Kosten verbunden. Dann würde ja auch das Argument gelten, die Armen könnten wegen dem Sozialabbau auswandern und dann fehlen dem Land die billigen Arbeitskräfte. Dass sie das weder hier, noch im Süden, nicht einfach können, wer weiß, liegt wohl nicht auch an Ein- und Auswanderungsverboten, die angeblich nur in Diktaturen existieren? Wenn schon alle Beamten "links" wählen würden, müsste sich nach dieser Logik jeder zu ihnen hinzugesellen, dessen Arbeitsplatz direkt oder indirekt an Subventionen, Wirtschaftshilfen und staatlichen Aufträgen hängt. Dass es in ganz Europa aber auch konservativ regierte Länder mit eine Staatsquote von über 50% gibt, allen voran Südtirol, weist wohl eher darauf hin, dass hinter dieser Diskussion in Wirklichkeit nicht die Frage steht, ob umverteilt wird, sondern wie. Berechtigt also die Frage, ob bei den "Steuersenkungen für die Familien" ganz bewusst verschweigt wird, von welcher Art von Steuersenkungen und welcher Art von Familien es sich da handelt und ob man Politik nicht lieber gesamtwirtschaftlich betrachten möchte, um sicherzustellen, dass auch wirklich bei der einfachen Bevölkerung mehr vom Einkommen übrig bleibt - das hängt nämlich noch von ganz anderen Faktoren ab, und nicht zuletzt von der Qualität der öffentlich zur Verfügung gestellten Dienstleistungen z.B im Bereich Bildung, Forschung, Transport, Prävention, Jobvermittlung usw.

Di., 16.06.2015 - 13:40 Permalink
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Mensch Ärgerdi… Di., 16.06.2015 - 15:22

Antwort auf von Michael Schlauch

Ich sprach auch in erster Linue von Unternehmen, deren Abwanderung nach Rumänien, Bulgarien usw. vorallem aus Norditalien ist offensichtlich, aber das gillt auch für (ehrliche) reiche Menschen. Wo die armen gerade alle einwandern scheint mir noch offeoffensichtlicher, Staatsbürger bekommen ja Hilfe vom Staat oder haben zumindest Anspruch darauf, wieso sollten sie gehen?
Die Frage der Umverteilung ist genau der Punkt. Dazu der Artikel aus der Zeit. Auch die deutschen Grünen hab er erkennen müssen, dass ein linksradikaler Weg eine Sackgasse ist. Zum Glück, würde ich sagen.

Di., 16.06.2015 - 15:22 Permalink
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Michael Schlauch Di., 16.06.2015 - 16:27

Antwort auf von Mensch Ärgerdi…

Ganz richtig, Umverteilung ist genau der Punkt. Politik, die die Umverteilung von unten nach oben fördert, wird den Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft nicht gerecht. Auch einige deutsche Grünen haben das erkannt, werden aber gerade von denen überstimmt, die auf einer Rhetorik hereinfallen, die jede Form von Sozialpolitik gleich als "linksradikal" abstempelt. Vermögenssteuer hat nichts mit Linksradikalität zu tun. Es gab sie bereits in Preußen, Weimar und wurde schließlich 1952 unter der damaligen CDU-FDP (!) beschlossen. Zum Glück, würde unsere Vorgängergeneration sagen.

Di., 16.06.2015 - 16:27 Permalink
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Mensch Ärgerdi… Di., 16.06.2015 - 17:02

Antwort auf von Michael Schlauch

Mag schon sein, dass es vielleicht auch vor 3000 Jahren im altem Babylon eine Vermögenssteuer gab, man muss eben auf den gesamten Steuerdruck schauen. Die linksradikale Mentalität hat eben zu nichts gebracht, will man bei Wahlen gewinnen, oder mindestens gut abschneiden, muss man eben ein wenig volksnäher arbeiten. Zum philosophischen Gedankenaustausch bleibt immer noch das künstlerische Kaffeehaus.

Di., 16.06.2015 - 17:02 Permalink
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Ein Leser Di., 16.06.2015 - 16:36

Abwanderung von Unternehmen ist auch bei uns ein immer wichtigeres Thema und damit zusammenhängend der Verlust von Arbeitsplätzen und Steuereinnahmen.
http://salto.bz/article/11062015/verschwindende-industrie
Pustertal mit Abwanderung nach Osttirol oder Wipptal - Nordtirol.
Grundsätzlich bin ich also schon dafür, dass die Gemeinde effizient und sparsam arbeiten soll und Entlastungen für die Betriebe geschaffen werden, mit Schwerpunkt auf jene, die neue Arbeitsplätze schaffen.
Dann haben alle was davon.

Di., 16.06.2015 - 16:36 Permalink