Gesellschaft | Second Hand

Alles schon gesagt, alles schon gehört?

Kaum eine Woche, in der die deutschen Medien nicht über Frei.Wild sprechen. Ein kürzlich erschienener Blogbeitrag in Die Zeit rechnet mit dem neuen Buch über die Band ab.

Kritik an Frei.Wild – alles schon gesagt, alles schon gehört? Die Deutschrock-Band aus dem Südtiroler Eisacktal polarisiert auch nach jahrelangen Diskussionen nach wie vor. Erst vor kurzem erschien das Buch “Frei.Wild – Südtirols konservative Antifaschisten”. Der Jugendforscher Klaus Farin begleitete die Band auf einer Tour und schrieb seine Eindrücke nieder. Die Welt interviewte den Autor vor einigen Wochen. “Sind Frei.Wild netter als die Böhsen Onkelz?” fragte Welt-Journalist Michael Pilz sich und Klaus Farin. In einem langen Gespräch bekommt der Autor die Möglichkeit, über die Band, seine Einstellung zu Musik und Politik sowie den Vorwürfen gegen Frei.Wild zu sprechen. Er erteilt der Gruppe eine Absolution: “Sie sind eine konservative Band, politisch irgendwo zwischen CDU und CSU anzusiedeln.” Doch sehen das weit nicht alle so. Einer, das Werk auf seine schwarze Liste setzt, ist Nico Werner. Er ist Autor beim Blog “Störungsmelder”. Dieser setzt sich kritisch mit rechtsextremen Phänomenen auseinander. Regelmäßig veröffentlicht man Blog-Beiträge auf der Internetseite des deutschen Wochenmagazins Die Zeit. Werners Fazit:

Das Buch ist PR, […] es beschönigt und verfolgt damit einen Zweck: die Band gegen Kritik zu immunisieren.

Werner verurteilt die schlechte journalistische Herangehensweise des Autors: Suggestivfragen an die Bandmitglieder und ein begriffliches Chaos, das sich durch das gesamte Buch ziehe, ohne dabei zentrale Konzepte wie Rassismus und Nationalismus zu diskutieren.

“Selbst das Wort Jude darfst du in Deutschland nirgendwo mehr nennen, dabei ist es doch eine der Weltreligionen überhaupt und ein ganz normales Wort.” So wird Frei.Wild-Sänger Philipp Burger im Buch zitiert. Der Verfasser des Blog-Beitrags zeigt sich entsetzt: “Himmelschreiend, aber wieder von Farin nicht kommentiert: Plattenmillionäre tun in einem Lied so, als stünden sie kurz vor der Deportation ins Konzentrationslager und der Sänger sieht in der Kritik an einer solchen Geschmacklosigkeit ein angebliches Verbot, das Wort ‘Jude’ zu benutzen.”

Unter dem Titel “Freispruch für Frei.Wild” rechnet Nico Werner mit dem “anbiedernden und unkritischen Buch” ab. Für die “Selbstbestätigung der Frei.Wild-Fans sei es durchaus geeignet, als “Bildungsmaterial” tauge es hingegen nichts. Werner zieht einen Vergleich zur deutschen PEGIDA-Bewegung:

Frei.Wild sind politischer Kommerzrock und keine politische Bewegung, doch beide Phänomene sind Ausdruck der gleichen gesellschaftlichen Entwicklung. Der derzeit wirkmächtigste Rassismus fängt seine Sätze an mit „Ich habe nichts gegen Migranten, aber“. Und genau hierfür bieten Frei.Wild einen kulturellen Ausdruck und manchmal sogar Vorlagen. Auf der 2013er Frei.Wild-DVD skandierten die Fans „Lügenpresse auf die Fresse“. Ein Jahr später wurde der Spruch zum Schlachtruf der Pegida-Märsche.

Der Beitrag “Freispruch für Frei.Wild” erschien am 24. Juni im Blog “Störungsmelder” in der Onlineausgabe von Die Zeit. Den vollständigen Text lesen Sie hier.