Krimi mit Fragezeichen
„Wir sehen uns vor Gericht“. Ab dem 27. Juli soll die mittlerweile fast schon legendäre Drohung von Handelskammer-Präsident und Athesia-Direktor Michl Ebner gegenüber Landeshauptmann Arno Kompatscher Realität werden. Ging es in den ersten Juni-Wochen allerdings noch um den Plan Kompatschers, der Brennercom das gesamte Südtiroler Glasfaserkabelnetz abzukaufen und in die neue Südtiroler Energiegesellschaft einzubringen, entscheidet sich bei den nun anstehenden Gerichtsterminen noch weit mehr: Ist der Beschluss des Brennercom-Verwaltungsrates, die Beteiligung von Land, Selfin und Stadtwerken Brixen für erloschen kraft Gesetz zu erklären rechtens oder nicht?
„Wir freuen uns darauf, dem Gericht die eigenen Argumente sachlich darlegen zu können und blicken dem ersten Gerichtstermin zuversichtlich entgegen“, ließ die Telekommunikationsgesellschaft am Dienstag über ihr „Schwesterunternehmen“ Dolomiten verkünden. Am Abend davor war bekannt geworden, dass zumindest die Stadtwerke Brixen bis zum Verhandlungstermin am 27. Juli vorerst wieder Brennercom-Aktionäre sind. Eine einstweilige Aussetzung des Brennercom-Verwaltungsratsbeschlusses, die noch keinerlei Rückschlüsse auf den tatsächlichen Ausgang des gerichtlichen Streits zulässt. Auch Insider warten nun gespannt darauf, ob vor allem der vorerst rausgeworfene Aktionär Land noch Trümpfe im Ärmel hat – wie etwa einen bislang nicht bekannt gemachten Beschluss, mit dem die Brennercom-Beteiligung als strategisch eingestuft wurde. „In der ganzen medienwirksamen Erregung über die angebliche Volksenteignung ist die Landesverwaltung bislang eine schlüssige Erklärung schuldig geblieben, warum sie die gesetzlich vorgesehene Frist verstreichen haben lassen“, meint ein Beobachter.
Hat Arno Kompatscher noch einen Trumpf im Ärmel?
Bekanntlich hätten alle nicht-strategischen öffentlichen Beteiligungen laut einem Staatsgesetz mit Beginn 2015 abgegeben werden müssen. Doch bislang lieferte das Land weder einen Hinweis auf einen Beschluss, mit dem eine gesetzliche Grundlage für die Aufrechterhaltung der Beteiligung geschaffen wurde, noch eine Begründung, warum das Staatsgesetz in der Causa Brennercom keine Anwendung findet. „Man kann nur hoffen, dass sie noch bessere Argumente in petto haben, als Karl Zellers Hinweis auf ein Dekret aus dem Jahr 2013, wonach das Breitbandnetz für die nationale Sicherheit strategische Bedeutung hat“, heißt es unter Juristen.
Nicht minder rätselhaft scheint zumindest in einigen Punkten die Vorgangsweise der Gegenseite: Eine der offensichtlichsten Fragen: Warum haben der Brennercom-Verwaltungsrat und die großen privaten Aktionäre der Gesellschaft die ganze erste Jahreshälfte zugewartet, bis ihnen einfiel, dass es ein Problem mit den Anteilen der öffentlichen Hand gibt? Für den großen Brennercom-Aktionär Athesia kann man sich dafür noch eine schlüssige Erklärung zusammenreimen: Nachdem kein Verkauf der Landesanteile abzusehen war, war klar, dass eine Erlöschung der öffentlichen Anteile in Höhe von fast 50% einen gewaltigen Kapitalaufwand mit sich bringt. Denn einerseits wird der Gesellschaft das entsprechende Kapital entzogen, was mit einer Kapitelerhöhung oder neuen Gesellschaftern ausgeglichen werden muss. Gleichzeitig müssen die ausgeschiedenen Gesellschafter ausbezahlt werden – Michl Ebner nannte vergangene Woche eine Summe von 27 Millionen Euro allein für die Landesverwaltung. Deshalb ist nachvollziehbar, wenn es die Brennercom mit der Feststellung des eingetretenen Verfalls nicht sonderlich eilig hatte; zumindest solange der Clinch mit dem Landeshauptmann nicht eskalierte.
Was verabsäumte der Athesia-Direktor, was der Handelskammer-Präsident?
Weniger nachvollziehbar ist dagegen, warum ein Handelskammer-Präsident Michl Ebner tatenlos blieb. Vor allem, wenn man einen Blick weiter südwärts wirft. So forderte zum Beispiel die Handelskammer Florenz alle Gesellschaften mit öffentlichen Beteiligungen auf, zeitgerecht die eigene Situation hinsichtlich der umstrittenen Bestimmung aus dem Stabilitätsgesetzes für 2014 mitzuteilen. Bei einigen Beteiligungen, für die weder eine Erklärung einging noch Anhaltspunkte für einen Verkauf bestanden, wurde die Handelskammer von Amts wegen tätig – und ließ im Handelsregister die Löschung der öffentlichen Beteiligungen per 1. Jänner 2015 erklären.
Von Seiten der Handelskammer Bozen gab es dagegen keinerlei Anstalten in diese Richtung. Schließlich ist ihr Präsident auch einer der maßgeblichsten Aktionäre einer Gesellschaft, die noch bis vor kurzem keinerlei Interesse zu haben schien, einen so wichtigen und kapitalstarken Gesellschafter wie die Provinz Bozen zu verlieren.
Ebner kassiert aus der
Ebner kassiert aus der Zwangsmitgliedschaft der Wirtschaftstreibenden gleich viel wie die Handelskammerpräsidenten von Mailand Rom und Neapel zusammen um missbräuchlich in seine eigene Tasche zu wirtschaften. Schande.