Kulturgesetz auf der Zielgeraden
Vor knapp 24 Stunden wurde sie eingeläutet. Und derzeit läuft sie noch immer: die Debatte zum neuen Kulturgesetz – das derzeit gültige stammt bekanntlich noch aus dem Jahre 1958 – im Landtag. Am Mittwoch wurden die Berichte des Gesetzgebungsausschusses sowie jene der Minderheiten verlesen. Am Donnerstag Vormittag ging man schließlich zur Generaldebatte über. Diskutiert wurde unter anderem über Identität und Minderheitenschutz, Tradition und Moderne sowie Grenzen und Gemeinsamkeiten.
Wo ist die Jugend? Wo die Kultur?
In einem stundenlangen Austausch hatten die Abgeordneten dabei die Möglichkeit, ihre Sicht der Dinge zum Landeskulturgesetz vorzutragen. Andreas Pöder etwa bemängelte, dass im Entwurf die Jugendkultur nicht berücksichtigt werde. “In anderen Ländern, etwa Österreich und Deutschland, wird Jugendkultur als eigenes Element der Kulturpolitik geführt”, so Pöder. “Damit wird berücksichtigt, dass sich Jugendkultur auch anders entwickeln kann als die Kultur der Erwachsenen.” Zwar stehe die Förderung junger Kulturschaffender im Entwurf. Das sei laut Pöder jedoch noch zu wenig. Geht es nach ihm, sollte im neuen Gesetz ausdrücklich das Heranführen der Jugend an Kunst und Kultur vermerkt sein. Auch drinstehen sollte das strukturelle Zulassen von Jugendkultur, ohne diese zu definieren. Zustimmung für das Anliegen Pöders kam von Dieter Steger.
Durch die Bank gelobt wurde von der Opposition die breite Einbindung der Kulturschaffenden in die Vorarbeiten zum Gesetzesentwurf. Des öfteren hatten sich die drei zuständigen Landesräte bekanntlich mit Betroffenen und Interessierten getroffen und ihre Bedürfnisse angehört. Hans Heiss merkte jedoch an, dass die 70 Millionen Euro, die für die Kultur bereit gestellt werden, überschaubar seien. “Und das ist bedenklich, wenn man zur Kenntnis nimmt, wie breit gestreut der Kulturbegriff heute verwendet wird”, so Heiss. Abschließend wies der Grüne Abgeordnete auch darauf hin, dass Kultur zunehmend interkulturell agieren müsse. Einen ähnlichen Ton schlug auch Alessandro Urzì an. Für ihn ist das Ziel des Austauschs zwischen Kulturen, also der interkulturellen Zusammenarbeit, zu wenig im Gesetzesentwurf vertreten. Entgegengesetzt dazu die Wortmeldung von Myriam Atz Tammerle. Die Vertreterin der Süd-Tiroler-Freiheit mahnte: “Südtirol hat eine kulturelle Vielfalt, aber diese Vielfalt gibt es nur, weil es deren einzelne Komponenten gibt. Mit einer Vermischung geht die Vielfalt verloren.” Sie sieht in der Kulturpolitik die Gefahr für Verwässerung und betonte: “Grenzen aufzeigen bedeutet nicht Abgrenzung, sondern ist Voraussetzung, um andere Kulturen kennen und schätzen zu lernen.”
Die fehlende Definition von Kultur im Entwurf bereitete hingegen Brigitte Foppa Kopfzerbrechen. “Hier gibt es verschiedene Ansichten, es hat viel Platz”, so die Grüne Abgeordnete. Die Bedenken von Atz Tammerle und Sven Knoll – der sich darüber wunderte, dass die Tiroler Kultur, um die es seiner Meinung nach beim Minderheitenschutz in Südtirol gehe, mit keinem Wort im Gesetz erwähnt werde – konnte Foppa nicht teilen: “Unkenrufe sind fehl am Platz. Die vielen örtlichen Kulturvereine, Musikkapellen, Schützenkompanien und so weiter zeigen, dass unsere Kultur nicht in Gefahr ist”, so die Grüne.
Freude über Förderung
“Wenn bei einem Kulturgesetz alle derselben Meinung wären, wäre das Ausdruck von Unkultur”, startete Pius Leitner einen Vermittlungsversuch. “Minderheitenschutz bedeutet nicht, dass sich die drei Sprachgruppen nicht gegenseitig bereichern können”, warf der Abgeordnete der Freiheitlichen ein. Im gefalle das bayrische Motto von “Laptop und Lederhosen”, das Fortschritt und Tradition zusammen bringe. Denn schließlich seien auch fortschrittliche Menschen wie etwa jene von Südstern im Land verwurzelt und stolz auf ihre Wurzeln. “In der Kultur darf man keine Angst vor Neuem haben, aber eben auch nicht vor Minderheit und Identität”, so die Meinung von Maria Hochgruber Kuenzner. Für SVP-Vertreterin ist die Förderung des Zugangs zu Kultur zentral, denn: “Alle Förderung nützt nichts, wenn sich die Menschen nicht an der Kultur beteiligen.” Die Förderungen waren auch Thema der Wortmeldung von Magdalena Amhof: “Die neue Möglichkeit der mehrjährigen Förderung gibt den Vereinen Planungssicherheit”, freute sich die SVPlerin. Auch werde nun endlich die Verlagsförderung gut und klar definiert.
Gegen Mitte des Nachmittags hatten die drei Kulturlandesräte Philipp Achammer, Christian Tommasini und Florian Mussner, Gelegenheit, auf die Wortmeldungen zu antworten. Sie bekräftigen die klare Vision, die das Gesetz habe. Noch am Mittwoch war der Vorwurf von den Grünen gekommen, der Entwurf sei wenig visionär. Zum Einwand der Kritik vonseiten der Süd-Tiroler Freiheit äußerte sich Philipp Achammer: “Wir wollen nicht Gleichmacherei, sondern Schutz der Vielfalt.” Und dieser sei im neuen Kulturgesetz garantiert.
Der Marathon geht in die nächste Runde
Schließlich ging der Landtag Tagesordnung zum Gesetzentwurf über. Brigitte Foppa zog dabei ihren Antrag auf eine Unterbringung der drei Kulturabteilungen unter dem gleichen Dach zurück. Einer räumlichen Zusammenlegung könne er einiges abgewinnen, so Landesrat Achammer. Aber dies, wie von Foppa gefordert, in der laufenden Legislaturperiode zu leisten, sei nicht möglich. Angenommen wurde unterdessen der Antrag von Albert Wurzer. Der SVP-Abgeordnete hatte mehr Südtiroler Beteiligung bei geförderten Veranstaltungsreihen gefordert. “Der Vorrang soll einheimischen Akteuren gehören, nicht importierten Events”, so Wurzer. Bedenken an Wurzers Antrag kamen von den Abgeordneten Urzì, Foppa und Knoll. Während die ersten beiden Veranstaltungen von außen als Bereicherung bezeichneten, wunderte sich letzterer, dass Wurzers Forderung nur für die deutsche Volksgruppe erhoben werde. “Dies ist eine Ungleichbehandlung. Damit wird auch Kultur aus anderen Teilen der Europaregion ausgeschlossen”, bemängelte Knoll.
Als einziger Antrag abgelehnt wurde jener von Andreas Pöder, in dem der Bürgerunion-Vertreter eine Filmförderung nur bei eindeutigem Südtirolbezug forderte. “Man kann nicht verlangen, dass ein Promi wie Stallone von Südtiroler Schauspielern ersetzt wird”, sprach sich unter anderem Alessandro Urzì dagegen aus. Sven Knoll stimmte Pöder grundsätzlich zu, aber: “Man kann nicht immer einen Südtiroler Regisseur verlangen.” Auch Riccardo Dello Sbarba von den Grünen konnte dem Antrag nicht viel abgewinnen: “Man muss zwischen kommerziellen und hochwertigen Filmen unterscheiden”, erklärte er. “Südtirol muss sich als intelligentes Land präsentieren, in dem hochwertige Filme gedreht werden.”
Dieter Steger und Christian Tommasini erklärten abschließend alle weiteren Tagesordnungen für angenommen. Derzeit läuft die Artikeldebatte.
Il testo della legge sulla
Il testo della legge sulla cultura potrebbe consistere di una semplice frase: "cerchiamo di imparare e fare tutti il più possibile". Finito. Legge votata e approvata senza oziosi e ammuffiti dibattiti.