Politik | Transit

Sorgen auf der Straße

Frächter und Transitgegner äußern gleichermaßen Bedenken wegen der bevorstehenden Grenzkontrollen am Brenner. Wenn auch aus unterschiedlichen Motiven.

Die Auswirkungen der geplanten Kontrollmaßnahmen, die aller Wahrscheinlichkeit nach im April an den drei Grenzübergängen zwischen Südtirol und Österreich anlaufen werden, bereiten nicht nur den Politikern – hüben wie drüben – Sorgen. Auch die Wirtschaft kann verstärkt gesicherten oder gar eingezäunten Grenzen nicht viel abgewinnen. Laut einer von der deutschen Bertelsmann-Stiftung in Auftrag gegebenen Studie könnte Österreich die Wiedereinführung flächendeckender Grenzkontrollen 43 Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren kosten. Sechzig Euro pro Stunde hingegen würde ein stillstehender Lkw die Frächter kosten, wie FERCAM-Chef Thomas Baumgartner jüngst vorrechnete. Mit ihren Bedenken sind Südtirols Frächter nun bis nach Brüssel gegangen. Sechs ihrer Vertreter im lvh trafen mit Repräsentanten der Europäischen Kommission zusammen, um darüber zu sprechen, wie sich eine mögliche Grenzschließung und damit zusammenhängende Kontrollmaßnahmen auf den grenzüberschreitenden Warenverkehr vor allem am Brenner auswirken könnten. Elmar Morandell, Obmann der Warentransporteure im lvh bringt die Befürchtungen auf den Punkt: “Durch Staus und Wartezeiten, zusätzliche Bürokratie oder zum Beispiel die Umstellung von Just-in-Time-Lieferungen auf deutlich teurere Lagerhaltung könnten hohe Kosten entstehen.”

Sorgen wegen der Folgen der Grenzkontrollen am Brenner macht sich auch Fritz Gurgiser. Wenn auch vor einem anderen Hintergrund. Zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage meldet sich der Tiroler Transitgegner zu Wort. Als “mehr als bemerkenswert” bezeichnet er die Ankündigung des österreichischen Finanzministeriums, zusätzliche hundert Zöllner an den Brenner zu beordern – die dafür sorgen sollen, dass “die Flüssigkeit des Verkehrs sichergestellt wird” oder “der Lkw-Verkehr nicht zu sehr ins Stocken gerät”. Dabei habe die Regierung vollkommen übersehen, dass mehr als die Hälfte des Lkw-Transitverkehrs über den Brenner – etwa 1,1 Millionen Transitlaster pro Jahr – Folgen des Umwegverkehrs seien. Sprich, Lkws, die vor allem die teure Maut in der Schweiz vermeiden wollen und daher auf den Brenner ausweichen. Anstatt nun aber das im Rahmen der angekündigten Grenzkontrollen aufgestockte Zollpersonal dazu zu verwenden, “denen eine roten Teppich auszulegen, die seit Jahren die Region rund um den Brenner verlärmen oder vergiften und private und betriebliche Schäden anrichten”, schlägt Gurgiser vor, die Gelegenheit beim Schopf zu packen. “Die Ist-Situation muss nun dafür genutzt werden, den Umwegverkehr aus der Brennerregion zu verdrängen”, so seine Empfehlung.

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Fritz Gurgiser Mi., 24.02.2016 - 21:29

"Just-in-time" ist der Tod der Regionalwirtschaft und die Transporteure sind die Totengräber. Es ist gut, dass das nun endlich aufbricht wie ein eitriges Geschwür - denn auch die internationale Transitlobby ist Mitverursacher der internationalen Fluchtbewegungen.
Zuerst werden Rohstoffe geplündert, Land von Industriekonzernen geraubt und die Produkte weltweit herumgekarrt, bis sie in unseren Handelsketten die Regionalprodukte verdrängen. Und dennoch, wenn sie nicht rasch konsumiert werden, verfaulen und vermodern.
Das alles ist nicht neu, sondern wurde nur jahre- und jahrzehntelang verdrängt. Nun kommen sie, weil sie den Produkten nachlaufen, die früher ihre Existenz gesichert haben.
LG
Fritz Gurgiser

Mi., 24.02.2016 - 21:29 Permalink