Haris Kovacevic: Poetry Slam ist Literatur
Seine Texte seien gesellschaftspolitisch durchwachsen, sagt der 22jährige Haris Kovacevic aus Bozen; er kam 2004 mit seiner Familie aus Bosnien nach Südtirol und macht seine Herkunft und die Tatsache, dass er recht gut integriert ist, gerne zum Anlass seiner Poetry-Slam-Auftritte. „Wenn ich Auftritte außerhalb von Bozen habe und ich weiß, das ist ein Ort, wo die Freiheitlichen oder die Südtiroler Freiheit gewählt werden, geh ich ganz gern auf die Bühne und rede ein komplettes Ausländerdeutsch. Isch abe ein Gedischt geschrieben, habt ihr Bock, ey?“
Ein wenig provozieren schadet nie, findet Haris Kovacevic, das Südtiroler Publikum sei in seinen Reaktionen eh' verhalten genug, „wenn ich diesen Ausländer-Bluff bringe, wissen die Zuhörer meist nicht wie dreinschauen.“ Haris Kovacevic ist jedoch niemand, der sein Publikum grundsätzlich verulkt, es gehe um die kleine Provokation als Einstieg, danach gebe er alles, seine Texte, seine Performance, denn er hat den Anspruch, die Leute emotional zu berühren.
Eine Mauer um Südtirol
In seinen Texten nimmt er Vorurteile und unreflektierte Haltungen gezielt und fundiert aufs Korn. In „Utopia“ beschreibt er, wie sich die Südtiroler endlich zum Mauerbau entschließen, zuvor müssten jedoch alle Nicht-Südtiroler das Land verlassen. So eine Mauer um ein Land löse viele Probleme, textet Kovacevic, und so entschließen sich auch die restlichen europäischen Staaten, die Ausländerproblematik auf diese Weise zu lösen. Alle mauern sich ein und folglich bleiben Kommunikation, aber auch Kriege aus. Vom Mond aus lassen sich die Staatsgrenzen perfekt ausmachen, der Weltfrieden sei erreicht.
Seine Ideen schreibt Haris Kovacevic auf kleine Zettel und kramt sie hervor, wenn sich die Muße oder die Langeweile einstellt. „Ich schreibe die Texte dann mit der Hand noch einmal ab und dann noch einmal und ein weiteres Mal. So kann ich bei jedem Abschreiben herausfinden, was mir am Text nicht gefällt und am Ende kommt was raus, mit dem ich gut auf die Bühne gehen kann.“
Poetry Slam ist kein Gedichtewettbewerb
Auf die Bühne geht er regelmäßig und hat bereits einige lokale Slam-Wettbewerbe gewonnen. Seine sonore Stimme und die ruhige Selbstverständlichkeit, mit der er seine Text vorträgt, gefallen dem Publikum. Das Wichtigste sei der Spaß und nicht der Ehrgeiz gewinnen zu wollen, sagt Haris Kovacevic. Natürlich gebe es große Slammer die mittlerweile auch kommerziell Erfolg haben, doch das passiert in Deutschland oder Österreich, wo das Format bereits seit Jahrzehnten bekannt ist. „Bei uns ist die Szene noch klein, und durch die italienisch- und deutschsprachige Einstellung dem Slammen gegenüber, noch dazu geteilt.“ In den italienischen Oberschulen, meint Haris, werde Poetry Slam noch viel zu sehr als Gedichtewettbewerb empfunden. Die Herangehensweise sei eher akademisch und sehr auf den Wettbewerb ausgerichtet.
Schule hemmt literarische Kreativität
Überhaupt, so der Germanistik-Student, sei Schule für literarische Kreativität eher hemmend als fördernd. „Bei uns am Humanistischen Gymnasium war leider nie die Zeit da, um in der Klasse mal wirklich spannend über Literatur und Text zu reden, da würde es auch schon genügen, gemeinsam ein Buch oder einen Text zu diskutieren.“ Er wolle das als zukünftiger Lehrer beherzigen. Denn gerade bei Schülern, die dem Klassenleistungsdruck sonst nicht gewachsen sind, könne über so lockere und ironische Formate neue Begeisterung für Sprache geweckt werden. „Auch ich habe mein Talent stark übers Slammen entdeckt, obwohl ich immer schon viel gelesen hab. Aber ich weiß, wie es in der Schule zugeht und möchte da einiges anders machen, wenn ich dann mal selbst unterrichte.“
Aber bis es soweit, ist, wird man Haris Kovacevic immer wieder auf Südtirols Slam-Bühnen erleben, gerade eben hat er eine der Vorausscheidungen für den "Morgenstern-Preis" für sich entscheiden können. Der nächste Termin dafür ist der 7. Juni in Bruneck sowie am 13. Juli in der Festung Franzensfeste.
Schule hemmt literarische Kreativität
Diesbezüglich kann ich nur zustimmen, weil man nun mal eben selten die Freiheit erlangt seine Kreativität ins fließen zu bringen und seine literarische Ader zu bereichern, denn zumeist ist das Gelernte vom Staat vorgegeben und bedauerlicherweise obligatorisch. Das hat zur Folge, dass die essenzielle Entfaltung der Kreativität und zugleich der eigenen Identität etwas in den Schatten geriet und als nebensächliche Kompetenz fungiert!
mi scuso per il mio poco
mi scuso per il mio poco tedesco, ma quel che c'era da capire l'ho capito. E il poetry slam è una cosa fantastica. Ovviamente, a maggior ragione in poesia, un po' di barriera linguistica c'è. Ma i bilingui possono pensare a un poetry slam in più lingue. Io sono un poeta, e sarebbe bello sapere se qualcuno fa di queste cose in italiano.