Renzo mit dem blauen Auge

Am Ende zählt in einer Stichwahl nur, wer die Nase vorne hat.
Und das ist Renzo Caramaschi. Der ehemalige Bozner City-Manager konnte bei der Stichwahl am Sonntag 17.028 Stimmen auf sich vereinen. Das sind 55,27 Prozent. Sein Kontrahent Mario Tagnin kam auf 13.783 Stimmen und 44,73 Prozent.
Kann der neue Bozner Bürgermeister damit feiern? Wohl kaum. Man braucht nicht einmal auf die schwierigen Koalitionsverhandlungen zu schauen. Allein das Wahlergebnis zeigt, dass der Start für den neuen Bürgermeister alles andere als berauschend ist.
Wie Renzo Caramaschis Wahlerfolg zu bewerten ist, zeigt ein direkter Vergleich mit der Stichwahl vor genau einem Jahr im Bozen. Am 24. Mai 2015 standen sich bei den Gemeinderatswahlen in der Stichwahl in der Landeshauptstadt Luigi Spagnolli und Alessandro Urzí gegenüber. Der amtierende Bozner Bürgermeister und der ehemalige AN-Landtagsabgeordnete, seit Jahren Galionsfigur von Mitte-Rechts.
Ein Jahr später im Mai 2016 treten für beiden Lager zwei neue Gesichter an. Renzo Caramaschi schafft für Mitte-Links sozusagen den Titel zu verteidigen. Es ist aber der Mitte-Rechts-Kandidat, der dabei weit mehr Boden gutmacht. Mario Tagnin bekommt 2,43 Prozent mehr als 2015 Alessandro Urzi. Genau diese Stimmen und Prozent hat Caramaschi im Vergleich zu Luigi Spagnolli am Sonntag auch verloren.
Sollte der neue Besen eigentlich nicht besser kehren? Tatsache aber ist, dass der sich der Abstand zwischen den beiden Blöcken noch einmal verkleinert hat.
Hätten nur die Italiener in Bozen gewählt, dann würde der Bürgermeister Mario Tagnin heißen. Es ist keine Neuigkeit, dass sich der Mitte-Links-Kandidat seit Jahrzehnten nur durchsetzt, wenn er auch die Stimmen der deutschsprachigen Wähler auf sich vereinen kann. Auch am Sonntag war das so. Die Stimmen der SVP und der Grünen dürften Renzo Caramaschi den Sieg gebracht haben.
Hätten nur die Italiener in Bozen gewählt, dann würde der Bürgermeister Mario Tagnin heißen.
Das zeigt eine Analyse in den einzelnen Wahlsektionen. Caramaschis Hochburgen sind die Altstadt, wo er in den Sektionen 1 bis 6 überall über 65 Prozent der Stimmen bekommen hat. In Sektion 2 in der Goetheschule holte er mit 80,77 Prozent sein höchstes Ergebnis. Ebenso in Gries, wo der Mitte-Links-Kandidat zwischen 65 und 75 Prozent der Stimmen schaffte. Renzo Caramaschi schaffte ähnliche Werte auch in Rentsch oder Haslach.
Was die Wahlstrategen aber beunruhigen dürfte: Im Vergleich zu Spagnolli hat Caramaschi in allen deutschen Sektionen massiv an Stimmen eingebüßt. In vielen Sektionen auch zweistellig. So etwa hatte Luigi Spagnolli in der Sektion 2, der absoluten Hochburg für Caramaschi, vor einem Jahr mit 93,49 Prozent über 12,5 Prozent mehr als der Mann, der am Sonntag zum neuen Bürgermeister gewählt wurde.
Wie knapp der Sieg Caramschis ist und wie geteilt die Landeshauptstadt ist, zeigt auch der Überblick über die 80 Wahlsektionen. In 49 hat Renzo Caramaschi die Nase vorne. 31 konnte Mario Tagnin für sich entscheiden.
Mario Tagnins Hochburgen sind in der Parmastraße, wo er in der Sektion 60 mit 63,99 Prozent der Stimmen sein bestes Ergebnis erzielen konnte. Auch in der Europaallee holte Tagnin mit 61,46 Prozent (Sektion 58) den Großteil der Stimmen.
Überaus hoch ist sind aber auch die Mitte-Rechtsstimmen in neuen Stadtteil Casanova. Dort schaffte Mario Tagnin in der Sektion 75 63,35 Prozent und in der Sektion 72 61,74 Prozent.
Doch am Montag morgen werden diese Zahlen vergessen sein. Dann wird vor Renzo Caramaschi eine andere Herkulesaufgabe stehen.
Er muss die SVP überzeugen mit den Grünen in die Regierung zu gehen. Und die Grünen überreden, dass sie zustimmen, dass die Regierungsmehrheit von Holzmann & Co von außen unterstützt wird.
Renzo Caramaschi geht gerne und viel auf den Berg. Ob er für diese Gratwanderung damit gerüstet ist, wird sich aber erst zeigen.
Er muss die SVP überzeugen mit den Grünen in die Regierung zu gehen. Und die Grünen überreden, dass sie zustimmen, dass die Regierungsmehrheit durch Holzmann & Co von außen unterstützt wird.
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Mit "blauem" Auge trifft es
Mit "blauem" Auge trifft es ziemlich genau...
Zum Wohlsein!
Le mie più sincere condoglianze, Bozen!