Lebewesen im Boden
... Der Boden wird wie Dreck behandelt und mit Chemie verseucht, wobei die Chemie der „Arbeitserleichterung“ dient.
Jeder Bauer weiß, dass die Fruchtbarkeit seiner Produkte aus dem Boden, vom Humus kommt. In den letzten Jahrzehnten hat sich der Brauch eingestellt, den Boden chemisch zu düngen statt sorgfältig gereiften Mist auszubreiten. Etwas später nistete sich das Versprühen der zunehmend im Überfluss vorhandenen Jauche ein, alles im Vertrauen auf die Gutmütigkeit des Bodens. Erfreulicherweise war bei der Bodenschutztagung im Frühjahr in Bozen das Augenmerk auf das Leben im Boden ausgerichtet. Es wurde dort berichtet, dass in einem Gramm Boden zehntausende verschiedener Mikroorgansimen vorhanden sein können, doch darauf hingewiesen, dass nur 1% davon derzeit bekannt sind. Über die Wechselwirkung dieser Organismen tappt die Wissenschaft umso mehr im Dunkeln. Soweit die Tagung, die mit einem Apell an verantwortungsvollen Umgang mit den Böden schloss.
In den vergangenen hundert Jahren sind die Böden unkontrolliert den profitorientierten Chemiekonzernen mit ihren Forschungsapparaten ausgeliefert gewesen, in der Folge sind derzeit nach dem Weltagrarbericht „... 23% allen Nutzlandes mehr oder weniger geschädigt: ein Grund zu ernster Besorgnis. Zu den wichtigsten Degradierungsprozessen gehören Erosion, Versalzung, Staunässe, Verdichtung, Verhärtung, Versauerung, Verlust organischer Substanz, Nährstoffverlust, biologische Verarmung und Vergiftung des Bodens. Sie alle werden von der Landwirtschaft beeinflusst.“ (a.a.O., Weltagrarbericht). Wie heiß das Thema ist, mag daran ermessen werden, dass am 21. Mai 2014 die Europäische Kommission alle seit 2006 entstandenen Entwürfe und Vorschläge zur Bodenschutzrichtlinie zurückgezogen hat; zuvor hatte es lange Diskussionen zwischen den Mitgliedsstaaten und dem Europäischen Parlament über die geplanten Regelungen gegeben, zu denen keine Einigung erzielt werden konnte. Ich nehme an, dass dieses besorgniserregende Kopf-in-den Sand-stecken der EU von der Chemielobby organisiert wurde.
Quelle: Heinrich-Böll-Stiftung, IASS, BUND, Le monde diplomatique. Creative Commons Lizenz
Seit Jahrzehnten wird synthetischer Dünger (derzeit weltweit 170 kg/ha mit insgesamt 200 Mio Tonnen) zur Steigerung der Erträge ausgestreut. Die Produktion erfolgt nach einem extrem energieaufwendigen Verfahren, wodurch „unsere Bodenfruchtbarkeit“ an den Ölpreis gebunden und mit einem riesigen CO2-Ausstoß verbunden ist. „Der dadurch ermöglichte Nährstoffschub, ohne den die Vervielfachung der Agrarproduktion der letzten Jahrzehnte und die heutige Überproduktion undenkbar wären, hat auf die damit bearbeiteten Böden die fatale Wirkung einer klassischen Droge: Die natürliche Fruchtbarkeit, insbesondere der Humusaufbau, wird behindert, die Böden ermüden rascher, versauern und brauchen entsprechend höhere Dosen von Mineraldünger. Landwirte werden andererseits dazu verführt bzw. wirtschaftlich gezwungen, auf aufwändigere, wissens- und arbeitsintensivere Formen des Erhalts der Bodenfruchtbarkeit zu verzichten.“ (a.a.O., Weltagrarbericht). Inzwischen sind große Teile der Landwirtschaft abhängig von dieser von den Chemiekonzernen gestifteten „Droge“.
Ein kleines Beispiel, Martell: Dort haben viele Bauern im Kampf um ihr Überleben es mit den Erdbeerkulturen versucht und die ersten Erträge der jungen Pflanzen auf dem alten Humus waren hoch, mittlerweile sind die Böden aber „müde“ und müssen chemisch aufgepäppelt werden, ein erfreuliches Geschäft für die besagten Konzerne, an denen die Landwirtschaft hängt und mit unabsehbaren Folgen für die Zukunft. Nach heutiger Einschätzung braucht ein unfruchtbar gemachter Boden mehrere hundert Jahre zum Regenerieren. Das ist ein unverantwortliches Risiko fürs Überleben der Menschheit.
Der Ausweg
Der Weltagrarbericht plädiert für eine intensive Renaissance bodenkundlichen Wissens in der industriellen wie kleinbäuerlichen Landwirtschaft und Agrarforschung und fordert einen Verzicht auf alle Formen der Missachtung des fundamentalen Wertes fruchtbarer Böden. Dazu gehören neben der Überdüngung, auch die Übernutzung dafür ungeeigneter Böden, der Verzicht auf notwendigen Schutz vor Wasser- und Winderosion, etwa durch Baum- und Heckenbestände, aber auch die Versiegelung wertvoller Flächen im Umkreis der Städte in Industrieregionen (in Deutschland allein 70 Hektar pro Tag) sowie die Verdichtung durch schweres Gerät oder unnötige und zu tiefe Bearbeitung mit dem Pflug.
„Innovatives Boden- und Anbaumanagement kann den Anteil der organischen Substanz erhöhen und so die Ernte erhalten oder steigern. Dieser Anteil an organischer Substanz beträgt typischerweise 50-65% des Anteils vor ihrer Kultivierung. Zu den Strategien zur Steigerung des organischen Anteils ge-hören die Integration von Pflanzen- und Tierproduktion in kleinen Gemischtsystemen; pfluglose Bearbeitung; Gründüngung, Gülle- und Schlammausbringung; verbesserte Beweidung; Gewässerschutz und Wasserernte, effektive Bewässerung und Agroforstwirtschaft.“ (Global, S. 175)
Der gesamte Markt ist auf viel-billig-schön ausgerichtet und dabei gehen Vielfalt und Qualität unter. Nur die Bio-Landwirtschaft verzichtet auf Mineraldünger und steigert die Fruchtbarkeit des Bodens, indem sie die Mikroorganismen im Humus als ihre besten Mitarbeiter einsetzt. Das kostet mehr Zeit und Arbeit. Die bewussten Verbraucher werden weiterhin Bio-Produkte und regional einkaufen. Wenngleich teurer, nicht immer schön, aber gesund.
Man sieht es an der
Man sieht es an der Entwicklung des Milchpreises wenn die Bauern ihren Vertretern alles glauben.
Sehr guter Beitrag, vielen
Sehr guter Beitrag, vielen Dank! Bleibt abzuwarten wie lange die Böden des größten zusammenhängenden Apfelanbaugebiets diese Ausbeutung noch mitmacht?!