Wirtschaft | Handel

“Ein Rückschlag für die Demokratie”

hds-Präsident Walter Amort reagiert mit Unverständnis auf die Baukonzession, die Michele Penta der Aspiag für ihr Einkaufszentrum in Bozen Süd ausgestellt hat.

“Es scheint in Bozen eine Mode zu sein, in den letzten Tagen vor Amtsabtritt noch ein besonderes Zeichen zu setzen.” Walter Amort ist hörbar empört. Als Präsident setzt er sich mit dem Handels- und Dienstleistungsverbands Südtirol (hds) seit Jahren gegen großflächige Einkaufszentren zur Wehr. Nach dem Bau zweier Einkaufszentren in Bozen Süd – Twenty und Centrum – und dem Ja der Bevölkerung zum Benko-Projekt haben die Kaufleute jüngst einen weiteren Rückschlag kassiert. Am 20. Mai hat der scheidende kommissarische Verwalter der Landeshauptstadt Michele Penta die Konzession für den Bau eines neuen Shoppingcenters unterzeichnet. Nämlich jenes heftig umstrittene der Aspiag in der Bozner Buozzistraße. Manche sprechen von einer Kapitulation der Gemeinde. Bis Mai hatte sich die Verwaltung mit Zähnen und Klauen gegen das Aspiag-Shoppingcenter und weitere Einkaufsflächen in Bozen Süd gewehrt. Doch nachdem das Verwaltungsgericht zuletzt am 5. März erneut dem Lebensmittelriesen Recht gegeben hatte, entschied Penta, den Kampf vor Gericht nicht mehr fortzuführen. “Wir werden die Urteile, mit denen das Verwaltungsgericht die Maßnahmen der Gemeindeverwaltung zur Verhinderung des Projekts abgelehnt hat, nicht anfechten”, verkündete der Komissär am 10. Mai. Zehn Tage später setzte er seine Unterschrift unter die Baukonzession. 20.000 zusätzliche Quadratmeter an Handelsfläche werden der Aspiag darin zugestanden.


“Demokratisch bedenklicher Rückschlag”

“Die Entscheidung Pentas war weise. Hätte er die Baukonzession nicht unterschrieben, wären riesige Schadenersatzansprüche an die Gemeinde unsererseits entstanden”, sagt Aspiag-Manager Diego Andolfato zur Tageszeitung. Mit dieser Meinung steht Andolfato offenbar allein auf weiter Flur. Bürgermeister Renzo Caramaschi zeigt sich im Gespräch mit dem Corriere dell'Alto Adige besorgt über die Zukunft des Bozner Kleinhandels (“Abbiamo un eccesso di superfici commerciali, rischiamo grosso”) und kündigt an, in seinem Regierungsprogramm Maßnahmen zur Unterstützung der kleinen Handelsstrukturen vorzusehen. Einen Schritt weiter geht hds-Vizepräsident Dado Duzzi. Er fordert den Neo-Bürgermeister auf, die von Penta ausgestellte Konzession zu annullieren.

“Bedenklich” und “ein Rückschlag für die Demokratie”, so bezeichnet Walter Amort Pentas Unterschrift unter der Baukonzession. Diese sei auf einem Weg erreicht worden, der “nicht rechtmäßig” gewesen sei, so Amort. Sondern allein durch Aussitzen, und den Einsatz von “starken Rechtsanwälten”. Gebetsmühlenartig wiederholt der hds-Präsident, dass Südtirol mit 1,82 Quadratmeter Einkaufsfläche pro Einwohner bereits Spitzenreiter in Italien sei und daher keine weiteren Einkaufsflächen und schon gar keine Shoppingzentren in Gewerbezonen mehr brauche. Vielmehr gelte es, den Handel in den Innenstädten, Stadtvierteln, Dörfern und Ortskernen wiederzubeleben und weiterzuentwickeln.


Hoffen auf Rom

In diese Richtung geht die Durchführungsbestimmung, die die 12er-Kommission vor exakt zwei Monaten genehmigt hat. Die Autonomen Provinzen Bozen und Trient sollen Kompetenzen zurückerhalten, um die Handesltätigkeit, dort wo sie dies als richtig erachten, eigenmächtig einzuschränken. Damit will man der von der Regierung Monti vorangetriebenen Liberalisierung im Bereich Handel entgegenwirken. “Es wäre wünschenswert, wenn die Durchführungsbestimmung durchginge”, sagt Walter Amort, “aber derzeit liegt sie noch beim Wirtschaftsministerium und muss noch von der Regierung und dem Staatspräsidenten abgesegnet werden”. Allerdings seien die derzeitigen Entwicklungen wie jene in Bozen Süd von den Möglichkeiten, die diese Durchführungsbestimmung eröffnet, nicht betroffen, meint Amort.

Auch bezweifelt er, dass in Sachen Aspiag bereits das letzte Wort gesprochen ist: “Es bleibt abzusehen, wie es weiter geht, ich kann das schwer beurteilen. Das Land hat angekündigt, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 5. März, mit dem die Aspiag Recht bekommen hat, vor dem Staatsrat anzufechten.” Es gelte nun, so Amort, die rechtlichen Möglichkeiten auszuloten, um der fortschreitenden Liberalisierung und der “explosionsartigen Entwicklung” bei Handelsflächen und Einkaufszentren Einhalt zu gebieten.