Umwelt | Flüsse

Das Märchen von der Revitalisierung und dem Hochwasserschutz

Nicht die Bäche sind gefährlich, sondern die Verbauung.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Südtirols Bäche wurden und werden von der Abteilung Wassserschutzbauten umgebaut. Hochwasserschutz und Naturschutz unter einem Hut zu bringen, hat man sich  vorgenommen. 

Innerhalb der Flüsse und Bäche sollen v.a. die Fischpopulationen gefördert werden. Daneben spielt der Hochwasserschutz eine bedeutende Rolle als Renaturierungsziel, um die angrenzenden Gemeindegebiete vor Überschwemmungen und Vermurungen zu schützen.” So heisst es in der Studie zur Fluss und Auenrenaturierung in Südtirol.

In Umwelt&Recht Nr.13 steht in einer Überschrift: Revitalisierungsarbeiten und Hochwasserschutz ergänzen sich. Darin wird ausgeführt, dass ein zeitgemässer Hochwasserschutz versucht, gezielt die Überflutungen außerhalb der Wohngebiete zu konzentrieren. Den Flüssen muss so viel Raum gegeben werden, dass sich ökologisch funktionale Gewässer und vitale Auwälder entwickeln können.

Im Etschtal hat man sich aber vor allem auf die Etsch beschränkt und Auwald an der Etsch gerodet und dessen Fläche verkleinert. Es wurden keine neuen Retentionflächen (Überflutungsflächen) geschaffen. Wenn die Abteilung Hochwasserschutz im Etschtal tatsächlich die Hochwassergefahr in gefährdeten Gemeinden eindämmen hätte wollen, hätte sie Teile des Etschtales unter Wasser setzen müssen. In den Naturgefahrenzonenplänen ist die Hochwassergefahr, welche von der Etsch ausgeht, eingezeichnet. Die Schaffung großer Überflutungsflächen im Etschtalboden ist politisch nicht durchführbar und nicht einmal die eingefleischesten Auwaldbefürworter, würden fordern: Setzt das Etschtal unter Wasser!

Die Einschränkung zur Revitalisierung folgt in Umwelt&Recht gleich dahinter: Man beschränkt sich auf Flächen des öffentlichen Wassergutes. Das heisst, man baggert im Etschtal zwischen den Dämmen der Etsch herum, im Bachbett der Falschauer oder im Rückhaltebecken bei Tramin. Damit wurde aber die Auwaldvegetetaion auf diesen Flächen zerstört und verkleiert und keine neuen vitalen Auwälder oder Retentionsflächen geschaffen, wie man es sich vorgenommen hatte.

Es gibt Fragen, welche man der Abteilung Hochwasserschutz nicht stellen darf: Eine Landtagsanfrage diesbezüglich wurde nicht beantwortet:

Revitalisierungsmaßnahmen und Hochwasserschutz ergänzen sich.

 

Im Bereich des dicht besiedelten Etschtalbodens fließt die Etsch. Dieser Fluss wurde bereits im 19. Jahrhundert reguliert. Die Hochwassergefahr wurde eingeschränkt. Durch Aufweitungen und Schaffung von Retentionsflächen wird Platz für Überflutungen geschaffen und damit die Hochwassergefahr verringert.

In den Naturgefahrenzonenplänen scheinen Rote Zonen auf. Diese liegen häufig an Zuflüssen der Etsch.

 

Frage: 1.) Wo wurde Platz für Überflutungen im Etschtal geschaffen, um die Hochwassergefahr im dicht besiedelten und wirtschafltich bedeutenden Etschtalboden mit seinen Ballungsräumen zwischen Meran und Salurn zu minimieren?

2.) Gibt es in Südtirol Fließgewässer, bei denen durch Revitalisierungsmaßnahmen die Hochwassergefahr verringert wurde? Wenn es solche gibt, um welche Fließgewässer handelt es sich und um welche Naturgefahren?

3.) Werden die Dörfer des Etschtales durch die Revitalisierung besser geschützt als ohne

Revitalisierung?

4.) Welche Naturgefahrenzonen in welchen Gemeinden wurden durch die Revitalisierung

verkleinert oder in der Einordnung herabgestuft bzw aus der Einstufung als

Naturgefahrenzone herausgenommen, da keine Hochwassergefahr mehr besteht?

  1. Wurde durch die Revitalisierung eines Fließgewässers im Einzugsgebiet der Etsch und der Drau die Hochwassergefahr verringert?

     

Alle Bäche Südtirols liegen im Einzugsgebiet der Etsch, bzw einige wenige der Drau. Die Fragen wurden nicht beantworet und die Frage Nr. 9 hätte Möglichkeit gegeben, dass die Abteilung auf die Verrinderung der Hochwassergefahr auch nur eines kleinen Bächleins durch Revitalisierungsarbeiten hinweisen hätte können. Sie tat es nicht.


 

Wenn ich mir den Naturgefahrenzonenplan von Lana anschaue, dann sehe ich, dass die Verbaungen für die Hochwassergefahr verantwortlich sind. Ein kleines Bächlein im Patschoalgraben fliesst nämlich verrohrt durch Lana, ein öklogisch sehr schlechter Zustand, der im Sinne der Wasserrahmenrichtlinie, hätte verbessert werden müssen. Auch der Brandisbach verursacht Hochwassergefahr, weil er durch die Obstplantagen wie ein kleiner Waal hindurchfliesst. Den Bächen mehr Raum zu geben, wird von der Wasserrahmenrichtlinie gefordert. Da viele Verbauungsflehler vorliegen und die Bäche in ein enges Korsett gezwängt wurden, hat sich der öklogische Zustand der Fließgewässer verschlechtert. Der sehr gute öklogische Zustand eines Fließgewässers ist der Naturzustand, gemäß der Wasserrahmenrichtlinie. In Südtirol beschränkte man sich auf das Roden von Auwäldern und Ufergehölzen an den Bächen, welche in Besitz des öffentlichen Wassergutes sind. Diese ganzen Arbeiten der Fluss und Auenrenaturierung sind unterm Strich nichts anderes, als die grösste Auwaldrodungsaktion in der Geschichte der Provinz Bozen.

Ich solle doch mal mit der Wildbachverbauung reden, hat mir Thomas Wilhalm vom Naturmuseum Bozen gesagt, und so musste ich um einen Termin in der Abteilung Wasserschutzbauten betteln. Thomas Thaler hatte Zeit und kam nach Lana und wir gingen im Biotop Falschauer spazieren. Er meinte, ich solle nicht immer auf Ihnen herumhacken. Er tat mir auch leid, deshalb war ich auch ganz lieb. Aber was hier in Südtirol mit den Bächen angestellt wird, das spottet jeder Wasserrahmenrichtlinie, dem Naturschutzgesetz, der FFH Richtlinie usw. Thomas Thaler meinte auch, dass nicht nur in Lana die Hochwassergefahr an Bächen unberücksichtigt blieb, sondern auch in Meran usw.

Dem Leiden der Mitarbeiter der Abteilung Hochwasserschutz hat Landesrat Schuler geholfen, indem er den Abteilungsdirektor Rudolf Pollinger zum Chef der Agentur für Bevölkerungsschutz machte. Die Abteilung Hochwasserschutz besteht vor allem aus Technickern. Die beiden Biologen, die dort arbeiten, sind sicher keine Natuschutzfachleute und fachlich überfordert. Die vielen Umweltmillionen welche in die Kassen der Abteilung fließen, haben den Bächen nicht mehr Raum gegeben und sind vor allem eine Ufergehölz und Auwaldrodungsaktion.

Die massiven Eingriffe der Vergangenheit und die Verbaungsfehler (Künetten, verrohrte Bäche, zu viele Rückhaltebecken, zu schmale Bachsohlen usw) hätte man im Sinne der Wasserrahmenrichtlinie in Angriff nehmen sollen. Der Hochwasserschutz löst nicht die Probleme, er verlagert sie nur- dieser Satz trifft auf viele Bäche zu.

Zur Lawinen- und Wildbachverbauung schreibt das Österreichische Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft folgendes:


 

„Nachhaltiger Schutz vor Naturgefahren erfordert die Ausrichtung der Planungen und Maßnahmen an den Kriterien der sozialen, ökonomischen und ökologischen Verträglichkeit. Die Sicherung der Lebensgrundlage für die Menschen steht gleichbedeutend neben der intakten Umwelt (Brundtland Kommission, 1987). Diese Grundsätze befinden sich im Einklang mit der Agenda 21 der UNO und liegen der EU- Wasserrahmenrichtlinie (WRRL, 60/2000/EG) zugrunde.

Zu den wesentlichsten Zielen der WRRL (Wasserrahmenrichtlinie) zählen die Bewirtschaftung der Gewässer auf der Basis gesamter Flusseinzugsgebiete sowie der Schutz ihrer Umwelt und die Verbesserung des Zustandes des aquatischen Ökosystems. Wildbäche sind Teileinzugsgebiete in der Quellregion der Flüsse und tragen in erheblichem Ausmaß zum ökologischen Zustand, zum Wasserhaushalt und zum Geschieberegime des Flusssystems bei. Bettbildende Hochwasserabflüsse, Muren, aber auch kleine und häufige Ereignisse in Wildbächen wirken prägend auf die Bachmorphologie und das Geschieberegime. Die Wirkung von Schutzmaßnahmen ist daher entscheidend für die ökologische und morphologische Funktionsfähigkeit des Baches und in weiterer Folge des Flussgebietes. Wie jede Nutzung die Landschaft prägt, haben auch die Hochwasserschutzmaßnahmen des letzten Jahrhunderts unsere Landschaft verändert.

Im Gebirge wurden die Fließgewässer zur Energieerzeugung genutzt und zahlreiche Geschiebestausperren schützen den Talraum vor Hochwasser und Muren. ….Die Entwicklungen der Vergangenheit, die massiven Eingriffe in die Natur und Landschaft, können in absehbarer Zeit kaum rückgängig gemacht werden.