„Dann gibt es keine Weiterentwicklung“
salto.bz: Frau Kuenzer, Sie wollen mit ihren Kollegen Albert Wurzer und Sepp Noggler die bäuerliche Direktvermarktung auch in Gewerbegebiete bringen. Reichen Bauernmärkte und Hofläden für den Absatz nicht aus?
Maria Kuenzer: Sie reichen vor allem nicht für jene Bauern aus, die nicht ihren gesamten Betrieb auf die Direktvermarktung umgestellt haben. Wer zum Beispiel nur einzelne Produkte wie Apfelsaft, Eier oder Marmelade hat, für den zahlt es sich oft nicht aus, das auf den Markt zu tragen oder dafür eigens einen Hofladen aufzubauen. Und da sind die landwirtschaftlichen Genossenschaften und vor allem die landwirtschaftlichen Hauptgenossenschaften eine gute Alternative. Die gibt es südtirolweit an 37 Standorten mit insgesamt 8000 Mitgliedern. Im Gegensatz zur Milch- oder Weingenossenschaft ist der Absatz hier auch nicht zonengebunden. Also während ich als Pustererin meine Milch nur an die Milchgenossenschaft in meiner Zone verkaufen kann, könnte ich zum Beispiel Kartoffeln an alle Hauptgenossenschaften im ganzen Land liefern. Und das wäre eine gute Chance gewesen.
Warum wäre? Sie haben die Bestimmung ja bereits im Finanzgesetz verankert...
Weil der Landeshauptmann am Mittwoch Morgen in der Fraktionssitzung ganz klar sein Veto eingelegt hat. Er wird einen Ersetzungsantrag einbringen, damit auf gut Deutsch alles beim Alten bleibt. Ich möchte allerdings noch einmal daran erinnern, dass der Antrag bereits 2014 gemacht und dann zurückgezogen wurde, weil man gesagt hat, wartet erst einmal ab, bis wir die autonome Zuständigkeit für die Handelstätigkeit in den Gewerbegebieten haben. Jetzt hat man die entsprechende Durchführungsbestimmung und deshalb haben wir mit dem Finanzgesetz die Chance ergriffen. Doch da es hier um ein Raumordnungsthema geht, hat man uns auf die anstehende Raumordnungsreform im kommenden Jahr vertröstet. In dem Zusammenhang soll dann noch einmal geschaut werden, die Frage unter Berücksichtigung aller Interessen zu klären.
Bislang setzt der hds sein Interesse, nicht noch mehr Detailhandel in den Gewerbezonen zuzulassen, offenbar besser durch als die Bauern....
Der Verband hat eben Sorge, dass damit noch einmal ein Qualitätsmerkmal des Südtiroler Handels verloren geht. Aber ich muss sagen, dass man es beim hds auch verabsäumt hat, diesen Trend der Regionalität in den eigenen kleinen Geschäften zu forcieren. Man hat da einst mit einem Umweltsiegel für Geschäfte begonnen, aber das wurde dann nicht konsequent durchgezogen.
Das heißt, in den Dörfern könnte der Handel noch viel mehr vor Ort produzierte landwirtschaftliche Produkte anbieten?
Ja, da könnte man sicher ausbauen. Natürlich ist es auch vom steuerrechtlichen einfacher, wenn ich Mitglied einer Genossenschaft bin und die mir meine Produkte verkauft. Aber wenn man will, geht alles. Vor allem, wenn der Preis passt. Denn ich weiß aus eigener Erfahrung, dass beispielsweise die Kartoffeln aus unserem Betrieb schon viel teurer werden, wenn sie über ein Geschäft verkauft werden als wenn wir sie verkaufen. Doch wenn man für Aussaat, Anbau, Pflege und Ernte nur zwei Drittel oder manchmal auch die Hälfte des Preises erhält, und der Rest geht an den Handel, stimmt halt auch was nicht. Und vor allem wird das Produkt dann eben schon eher teuer. Über Genossenschaften könnte man hier dagegen unter anderen Voraussetzungen arbeiten.
Ihr Landtagskollege Andreas Pöder hat erst in dieser Woche dagegen gewettert, dass es in Südtirol rund 60 Sonderförderungen und spezifische Steuerentlastungen für die verschiedenen Bereiche der Landwirtschaft gäbe. War es politisch und imagemäßig nicht mehr tragbar, jetzt noch eine weitere Ausnahmebestimmung hinzuzufügen?
Das werde ich bei der heutigen Generaldebatte zum Haushaltsgesetz thematisieren. Ein Andreas Pöder will den Bauern offenbar so lange ein schlechtes Gewissen einreden, bis sie irgendwann alle passiv werden, ihre Begeisterung verlieren und sagen, dann lassen wir es halt. Ich habe für die heutige Debatte einiges vorbereitet, mit dem ich ihm widersprechen werde.
Zum Beispiel?
Prinzipiell müssen wir uns einfach vor Augen führen, dass EU-Förderungen nicht nur mit Bedingungen wie Umweltauflagen gekoppelt sind. Sie sind auch die Voraussetzung dafür, dass Lebensmittel zu einem Preis verkauft werden, der für jeden leistbar ist. Und dafür werden wir Produzenten unterstützt, denn mit diesen Preisen könnten wir unser Einkommen nicht sichern. Außerdem gehen 80 Prozent der EU-Förderungen an 20 Prozent der europäischen Landwirte. Und das sind sicher nicht die Südtiroler Betriebe, mit ihren 7 Hektar Durchschnittsfläche, sondern die Großgrundbetriebe.
Doch die Vorzugsschiene für Landwirte beschränkt sich nicht auf EU-Förderungen...
Ja, aber schauen wir uns doch einmal den aktuellen Haushalt an. Hier werden beispielsweise allein für die Umweltagentur 60 Millionen Euro bereitgestellt, während für 20.000 Betriebe in der Landwirtschaft 72 Millionen Euro vorgesehen sind. Das relativiert schon einiges.
Also kein Grund für ein schlechtes Gewissen?
Keineswegs. Und ich finde es einfach nicht korrekt und teils verwerflich, uns das einreden zu wollen. Damit wird eine Entzweiung der Gesellschaft vorangetrieben, die niemandem einen Mehrwert bringt. Denn wenn immer mehr Landwirte aufgeben, haben wir alle letzten Endes sicher nicht mehr Geld zur Verfügung.
Und die Gefahr sehen Sie?
Viele sind an der Grenze, ob sie weitermachen oder nicht, vor allem wenn eine Hofübernahme ansteht. Mittlerweile arbeiten 70 % der Bauern im Nebenerwerb, und da steht auch oft die Frage im Raum, ob der Nebenerwerb weiter ausgebaut wird. Das kann man alles machen, doch uns muss klar sein, dass dann auch die Landwirtschaft keine Weiterentwicklung mehr erfährt. Dann werden halt die Wiesen innerhalb 15. August gemäht, um um nicht aus den EU-Beihilfen rauszufallen, aber produziert wird nicht mehr. Und dann müssen wir uns fragen, wo unsere Identität bleibt, vor allem was die nächste und übernächste Generation betrifft.
Eines verstehe ich bei dieser
Eines verstehe ich bei dieser Geschichte nicht. Können die Landwirte durch ihre Genossenschaften ihre Läden nicht einfach in den Ortszentren eröffnen? Wieso muss es immer ein Gewerbegebiet sein? Weil es da billiger ist? Kann ich verstehen, aber wenn wir schon die Direktvermarktung fördern wollen, an sich eine sehr gute Idee, dann richtig und frisch in den Dörfern wo leider immer weniger Leute einkaufen gehen.
I contadini ambiscono a
I contadini ambiscono a vendere in zone produttive, che in futuro si torneranno a chiamare artigianali ed industriali, perché al di là degli slogan la gente gli acquisti li fa lì dove arriva in auto o dove non devono pagare 2 o 3 euro all'ora per parcheggiare; i contadini, si sa, hanno l'occhio lungo.... ;-)