Gesellschaft | Vision/en

Mal was anderes, zum Jahresanfang

„Was nun zu tun wäre: Die vermeintliche Alternativlosigkeit der gegenwärtigen Politik aus den Köpfen zu schütteln.“
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Bedingungsloses Grundeinkommen
Foto: web

Ich hätte mir eigentlich gerade das Jahresend-/-anfangs-Video der Südtiroler Tageszeitung mit unser aller Landeshauptmann genehmigen wollen. Mich hätte interessiert, wann und wie der Herr Kompatscher warum an Rücktritt gedacht hatte, und es dann doch bleiben ließ, offenbar. Allein, so weit kam ich nicht, auf etwa der Hälfte des Weges musste ich den Film abdrehen, ich hab’s nicht mehr ertragen: Ob in Südtirol der Humus für eine AfD-ähnliche-Bewegung bestünde? Oder für so etwas wie Pegida? Ob die Bevölkerung zurecht unzufrieden sei? Ob die Merkel’sche Flüchtlingspolitik falsch war? Mannmann, denkt sich mein Ich, was sind denn das für Fragen, zum Jahresanfang? Haben wir denn nichts Besseres zu tun, oder zu fragen, als nach dem Schmuddel, dessen Verfallsdatum schon längst abgelaufen ist? Soll das etwa Freude machen, den Enttäuschten? Oder Hoffnung bringen, den Mutlosen? Da lobe ich mir doch einen optimistischen Satz wie diesen, den ich gerade gestern - wie passend! - hier gelesen und für gut bis sehr gut befunden hatte:

„Was nun zu tun wäre: Die vermeintliche Alternativlosigkeit der gegenwärtigen Politik aus den Köpfen zu schütteln.“

Derweil wird aber, im Lande Südtirol zumal, zwar geschüttelt, aber eher nicht(s) aus den Köpfen heraus, sondern lieber, wenn’s denn ginge, in sie hinein. Oder hätte man etwa nicht den Herrn Landeshauptmann auch mal fragen können, was er denn, zum Beispiel, von einem Bedingungslosen Grundeinkommen halten würde, weil es doch gerade dieser Tage in Finnland als Testphase anlaufen soll, wenn auch auf einer eher nicht wirklich bedingungslosen Ebene (man schaue gern hier, nach Details).

DAS wäre doch mal, finde ich, eine gescheite Vision, die ein wenig Licht in die Gedanken der zurzeit so verunsicherten Menschheit bringen könnte, umso mehr, als ja klar scheint, welche die Verunsicherungs-auslösenden Faktoren erstinstanzlich sind, nämlich: Zukunftsängste, und die Gründe dafür so individuell, wie’s die Menschen sind, und ihre Lebensläufe, aber sie alle münden in denselben Auslass: Werde ich (werden meine Kinder) morgen noch zu leben wahlweise Arbeit wahlweise ein Dach über dem Kopf haben? 

Was läge da näher, als – endlich! – ernsthaft über ein Bedingungsloses Grundeinkommen nachzudenken? Über ein echtes? Eins, das Menschen tatsächlich die Freiheit gäbe, Existenzsorgen und -ängste für immer zur Seite zu legen? Eins, man erlaube mir den kleinen, feministischen Schlenker, das unter anderem ein überaus mächtiger Gleichstellungs-Katalysator wäre? Man stelle sich nur einmal vor, wie viele der derzeitigen „Probleme“, auch aber keineswegs nur der Frauen- und Familienpolitik, sich im Handumdrehen in Wohlgefallen auflösten: Zuhause bleiben, oder arbeiten gehen – kein Thema mehr; bleibt er zuhause, oder sie – kein Thema mehr; bleibt sie beim Mann, oder will sie weg: kein Thema mehr (auch hierzu eine Prise empfehlenswerter Lektüre); viel oder wenig oder gar keine Alimente – kein Thema mehr. Undsoweiter undsofort, so weit die Vorstellungskraft reicht. Und ja, nicht zuletzt: Kinderkriegen würde sich auch wieder lohnen.

Jaja, ich höre sie schon, wie sie aufheulen, die alten Spaßbremsen, Gewohnheits-Tiger, Verhinderer, und Nein-Sager: Zu teuer! Zu ungerecht! Die Faulen! Sie kann ich nur fragen: Welche Alternative?

Überhaupt finde ich es ja immer sehr betrüblich, bis bedenklich, wenn die Gegner u. a. argumentieren, die Menschen würden mit einem BGE faul [werden]. Denn erstens: Wer nicht faul ist, kann’s auch nicht werden. Und wer’s ist, der ist's sowieso, und bleibt's auch, mit und ohne BGE. Und jedenfalls wird damit doch unterstellt, dass nicht nur der Mensch eigentlich und mehrheitlich "faul" ist (wobei, die Frage: Was soll das überhaupt sein?! Wer definiert, was „faul“ ist? Auf welcher Grundlage? Nach welchem Maßstab?), sondern vor allem, dass eine relevante (!) Zahl von Menschen nur des Geldes wegen arbeitet. Einmal davon abgesehen, dass dieses gern und oft gehörte "Argument" doch einen sehr dunklen Schatten wirft, auf unsere Arbeitswelt und die wirtschaftliche Ordnung, wäre das ja wohl GANZ schlecht, für "die Wirtschaft": denn wer nur des Geldes wegen arbeitet, tut das selten besonders gut, und jedenfalls meist wenig besser als sehr durchschnittlich. 

Nichtsdestotrotz würde, falls dem so wäre, mit diesem mäßigen Tun ein Arbeitsplatz besetzt gehalten, den eine andere Person vielleicht gern und mit Begeisterung ausfüllen, statt nur besetzen würde. An welcher Stelle ich fragen möchte: Wurde eigentlich je darüber nachgedacht, oder gar untersucht, welche Schäden diese Kategorie der wenig "produktiven" Arbeitnehmer*innen aka Pflichterfüller*innen für "die Wirtschaft" bedeuten? Wie viel Innovation, Fortschritt und Entwicklung sie verhindert? Und ob es nicht besser und letztlich auch ertragreicher wäre, wenn diese Arbeitnehmer*innen nicht nur im Geiste, sondern auch körperlich auf die(se ungeliebte) Arbeit verzichten könnten - und den Platz frei machen für jemanden, die ihn gut ausfüllt - weil gern und mit Freude? Derweil sie selbst sich ebenfalls etwas zuwenden können, das ihnen Freude macht? Der Küche vielleicht? Dem Garten? Anderen Menschen? Der Philosophie? Dem Eishockey?

Ja, so, finde ich, oder ganz ähnlich, könnte man ein neues Jahr ja auch mal anfangen: Mit ein paar gescheiten Visionen, Zukunftsperspektiven für alle, für die es, allerdings, wohl wahr, Mut braucht, und vor allem den Willen, die Dinge nachhaltig zu ver-ändern, im Sinne der großen Allgemeinheit. Die Schotten, da schau an, machen's vor: Akkurat heute berichtet der Guardian, dass für das junge Jahr 2017 zwei Ortschaften in Schottland die Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens überlegen. Matt Kerr gegründet das u. a. sehr schön so: "But it is also about solidarity: it says that everyone is valued and the government will support you. It changes the relationship between the individual and the state.” (Oder auch: "We stand together, or we fall apart." George Monbiot)

In diesem Sinne: Frohes Neues Jahr, allen und all*innen!

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Marita Gasteiger Mo., 02.01.2017 - 19:03

Das BGE ist mehr als problematisches Konzept und das in vielerlei Hinsicht!

Zum einen würde es als Argument für einen massiven Sozialabbau dienen - denn wer braucht da noch ein soziales Auffangnetz, wenn es eh alle eine Grundsicherung haben. Das heißt, das Grundeinkommen ist zwar ein GRUNDeinkommen, für echte Notfälle müssten dann aber die Betroffenen finanziell aufkommen - das ist mit einem Grundeinkommen schlicht nicht machbar.

Zweitens - weil das so häufig angeführt wird: Ein Grundeinkommen würde die Geschlechterverhältnisse nicht verändern sondern zementieren. Die unbezahlte Reproduktionsarbeit wird dadurch nicht mehr wertgeschätzt, eher würde es noch stärkere Ungleichheiten verursachen, weil Frauen* bekommen ja dann eh ein bisschen Geld, auch wenn sie zu Hause bleiben.

Zum Dritten würde das Grundeinkommen eine massive Entwicklung in Richtung Lohndumping in Bewegung setzen. Wenn ohnehin alle so viel Geld haben, dass sie davon leben können, warum sollen Arbeitgeber_innen dann noch viel zahlen? Die Entwicklung geht in Richtung Automatisierung, also wird es ohnehin immer weniger Arbeitsplätze geben - auch der demographische Wandel ändert daran wenig.

Das vierte Problem, das sich aus dem BGE ergeben würde ist, dass es auf der Ebene eines Staates eingeführt, gar nichts bringt. Ein ohnehin schwer zu finanzierendes Konzept wie das BGE wäre durch die dadurch verursachte Migration zum Scheitern verursacht. Den Zugang zu beschränken wird schwierig: Dass nur Staatsbürger_innen es beziehen können, geht nicht, wegen Diskriminierungsverbot in der EU. Und was passiert mit Nicht-EU-Bürger_innen, Geflüchteten, Asylwerber_innen? Nachdem die ganze Bürokratie für Sozialhilfen ja als "nicht notwendig" abgeschafft würde (wie das ja immer beim BGE argumentiert wird, weil dadurch so viel Geld gespart wird), hätten diese Menschen überhaupt keine Chance mehr.

Zusammengefasst würde das BGE die Ungerechtigkeit und Ungleichheit in unserer Gesellschaft verschärfen, nicht aufheben, wie eins es sich erhoffen könnte. Ich finde es schade, dass dieses längst überholte Konzept immer noch als Allheilmittel propagiert wird, denn das ist es schlichtweg nicht.

Ich sage nicht, dass nicht etwas passieren muss, um eine finanzielle Grundsicherung aller in einem Staate lebenden Personen getan werden muss, aber das BGE halte ich für den falschen Weg. Allein, dass die finnische Regierung (unter Beteiligung der Rechtspopulist_innen!) nun die Umsetzung an einer bestimmten Zahl willkürlich ausgewählter Arbeitsloser versucht, sollte uns zu denken geben.

Was in der Schweiz überlegt wurde, war noch absurder: Wer arbeitet und weniger als das Grundeinkommen verdient, bekäme vom Grundeinkommen nur noch soviel, um auf eben den Betrag zu kommen - damit wird Lohndumping zur gängigen Praxis. Das Problem ist ganz bestimmt nicht, ob da noch wer arbeiten würde, wie es oft von rechter Seite argumentiert wird, sondern wie Arbeit entlohnt wird. Und das kann nicht das Ziel sein: Dass der Staat für die Arbeitskosten für Produkte oder Dienstleistungen aufkommt, mit denen die Unternehmer_innen verdienen.

Mo., 02.01.2017 - 19:03 Permalink
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Sylvia Rier Mo., 02.01.2017 - 20:31

Antwort auf von Marita Gasteiger

Ja. Selbstverständlich gibt es viele kluge Gegen-Stimmen zum BGE. Unter anderem diese hier, gestern gelesen bei süddeutsche.de .http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/ungleichheit-das-grundeinkommen-i… . Wollte ich eh einstellen, gut, dass du mich daran erinnert hast. Aber es gibt halt eben auch vieles, was dafür spricht. Wie u. a. im Text vom Guardian schön beschrieben. Bin gespannt, was aus den schottischen Versuchen wird. Derweil, glaube ich, wissen die einen so wenig wie die anderen.

Mo., 02.01.2017 - 20:31 Permalink
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gorgias Mo., 02.01.2017 - 21:48

Antwort auf von Marita Gasteiger

„Das Grundeinkommen ist mehr als problematisches Konzept und das in vielerlei Hinsicht! Zum einen würde es als Argument für einen massiven Sozialabbau dienen“
kann, muss es aber nicht
„denn wer braucht da noch ein soziales Auffangnetz, wenn es eh alle eine Grundsicherung haben. Das heißt, das Grundeinkommen ist zwar ein GRUNDeinkommen, für echte Notfälle müssten dann aber die Betroffenen finanziell aufkommen“
das hängt von der öffentlichen Diskussion ab. Wie gesagt ist das BGE ein Basiseinkommen, das unabhängig vom Bedarf gegeben wird, weitere Sozialleistungen kann es immer noch geben die auf einem Bedarf aufbauen.
„Zweitens - weil das so häufig angeführt wird: Ein Grundeinkommen würde die Geschlechterverhältnisse nicht verändern sondern zementieren. Die unbezahlte Reproduktionsarbeit wird dadurch nicht mehr wertgeschätzt, eher würde es noch stärkere Ungleichheiten verursachen, weil Frauen* bekommen ja dann eh ein bisschen Geld, auch wenn sie zu Hause bleiben.“
Was ist jetzt das Problem? Bekommen Frauen die Zuhause bleiben zuviel oder zuwenig? Nebenbei ist es eine andere Diskussion ob und wieviel Frauen (oder auch Männer?) für die „Reproduktionsarbeit“? bekommen sollen. Das kann es (auch wenn ich hier im Prinzip viel blöde Polemik sehe) getrennt diskutiert werden so wie man auch für bedarfsorientierte soziale Zusatzleistungen
„Zum Dritten würde das Grundeinkommen eine massive Entwicklung in Richtung Lohndumping in Bewegung setzen. Wenn ohnehin alle so viel Geld haben, dass sie davon leben können, warum sollen Arbeitgeber_innen dann noch viel zahlen? „
Hier sieht man, dass Sie von Volkswirtschaft und Marktmechanismen sehr, sehr wenig verstehen. Wenn der Arbeitnehmer die Möglichkeit hat kurz oder auch langfristig auf ein Erwerbseinkommen zu verzichten, hat er natürlich eine bessere Verhandlungsbasis und kann mit dem Arbeitnehmer auf Augenhöhe verhandeln. Wer geht schon noch für einen Dumpinglohn arbeiten, wenn er ein Grundeinkommen bekommt?
„Die Entwicklung geht in Richtung Automatisierung, also wird es ohnehin immer weniger Arbeitsplätze geben - auch der demographische Wandel ändert daran wenig. „
stehen diese Menschen ohne ein BGE dann besser dar?
"Das vierte Problem, das sich aus dem BGE ergeben würde ist, dass es auf der Ebene eines Staates eingeführt, gar nichts bringt. Ein ohnehin schwer zu finanzierendes Konzept wie das BGE wäre durch die dadurch verursachte Migration zum Scheitern verursacht. Den Zugang zu beschränken wird schwierig: Dass nur Staatsbürger_innen es beziehen können, geht nicht, wegen Diskriminierungsverbot in der EU."
Ja hier muss man sich entweder eine Sonderregel überlegen, oder es in der EU insgesamt einführen. Das ist aber ein Spezialproblem und stellt das BGE nicht im Prinzip in Frage. Die Schweiz oder Norwegen können es aber in der Zwischenzeit trotzdem einführen.
„Und was passiert mit Nicht-EU-Bürger_innen, Geflüchteten, Asylwerber_innen? Nachdem die ganze Bürokratie für Sozialhilfen ja als "nicht notwendig" abgeschafft würde (wie das ja immer beim BGE argumentiert wird, weil dadurch so viel Geld gespart wird), hätten diese Menschen überhaupt keine Chance mehr."
Wie schon gesagt, dass alle Sozialleistungen dann mit der Einführung des Grundeinkommen abgeschafft werden ist nur ein Vorschlag unter vielen. Viele Menschen die Anrecht auf Sozialleistungen hätten, nehmen sie heute nicht, an aus verschiedenen Gründen. Wer sagt dass immer so Argumentiert wird, wie Sie es schildern? Welche Leistungen ganz, teilweise oder überhaupt nicht ab geschaffen werden, muss natürlich diskutiert werden. Dass Asylanten und Geflüchtete überhaupt keine Leistungen bekommen wäre, ein Irrsinn und kann nur als ein Strohmann-Argument betrachtet werden. Ich beschäftige mich schon mehrere Jahre mit dem Thema, aber so ein Blödsinn habe ich noch nie gehört.

„Zusammengefasst würde das BGE . . . “
Was aus dem BGE geschiehen wird, bestimmen wir alle Zusammen als Gesellschaft. Schlechte Umsetzungen als Vorwand zu benutzen, um die Idee pauschal abzulehnen ist einfach dumm.

Mo., 02.01.2017 - 21:48 Permalink
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Marita Gasteiger Mo., 02.01.2017 - 21:12

Also ich bin gegen Experimente im Sozialbereich... denn die richten sich immer gegen die Schwächsten. Es gibt mehr als genug Möglichkeiten, wirklich etwas gegen Ungleichheit zu tun, ohne sie vorher zu zementieren.

Mo., 02.01.2017 - 21:12 Permalink
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Karl Trojer Di., 03.01.2017 - 10:19

Ich denke, dass das bedingungslose Grundeinkommen früher oder später kommen wird / muss, will man soziale Not im breiten Umfang vermeiden, zunehmenden Berufsstress mindern, Kreativität und Innovation natürlich fördern, und die Lebensqualität nachhaltig steigern. Um Sozial-Experimente zu vermeiden, schauen wir uns vorerst doch an, was andere, mutige Gemeinschaften bereits in die Wege geleitet haben bzw. umzusetzen beginnen.
Ihr Name Karl Trojer

Di., 03.01.2017 - 10:19 Permalink
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gorgias Di., 03.01.2017 - 13:40

Das erste ist eine Wortspielerei die benutzt wird um eine Polemik zu führen. Das Bedingungslos in BGE ist nicht so gemeint wie Sie es hier anwenden. So eine Bemerkung führt in keinster Weise zu mehr Verständnis zum Thema.
2. Menschen werden immer noch eine Erwerbsarbeit ausführen, auch wenn sie ein BGE bekommen, weil das eine Form von zusätzlichen Einkommen darstellt. Es relativiert sich aber. Besonders die Toleranz schlechte Arbeitssituationen auszuhalten wird abnehmen, wenn es sonst keinen idealistischen Sinn gibt oder dementsprechend gut bezahlt werden. Andererseits werden viele Menschen unbezahlte erschwerliche Tätigkeiten nachgehen, weil sie sinnvoll sind, wie Ärzte ohne Grenzen. Ob dir Produktivität insgesamt steigen oder fallen wird ist ein komplexes Thema, das sich nicht ohne weiteres mit einer eindimensionalen Erklärung fundiert erörtern lässt.

Di., 03.01.2017 - 13:40 Permalink
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gorgias Di., 03.01.2017 - 18:59

Ein Sklave kann sich sein Tätigkeitsfeld nicht aussuchen und erhält unabhängig wieviel und was er Tut kein Gehalt.
In deiner Definition von Sklaverei würden schon jetzt jene hineinfallen die in die Solidarsysteme mehr einzahlen als herausbekommen. Ich finde solche Behauptungen als außerordentlich überzogen.

Di., 03.01.2017 - 18:59 Permalink
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Sylvia Rier Mi., 04.01.2017 - 08:08

Erstens: @Oliver @ "Legitimierung der Sklaverei": Wenn alle "Sklaven" sind, ist niemand Sklave. Oder auch: Bei BGE arbeiten, in deinem Sinne wie oben, alle für alle. Was zwar, zugegeben, heute schon nicht wirklich funktioniert (und dieses könnte also ein Argument sein, allenfalls. Oder jedenfalls ein Punkt, auf den zu achten wäre.)
Zweitens: Es überrascht mich immer wieder, wie offenbar die Motivation, "etwas zu wagen, zu gründen, sich zu bilden, seinen Kindern eine bessere Zukunft zu erkämpfen." strikt an Geld/mehr Geld geknüpft wird. (Mehr) Geld mag EIN Motivator sein, aber ich bin keineswegs sicher, ob er der ultimative, einzige, wirkmächtigste ist? Was ist zum Beispiel mit mehr Entscheidungsfreiheit, mehr Gestaltungsmacht, mehr Möglichkeiten, sich auszudrücken, und einzubringen?
Drittens: Ich denke, BGE ist eine derart grundlegende und tiefgreifende Veränderung, dass es vielleicht wenig Sinn macht, es mit unseren aktuellen "Rahmenbedingungen" zu denken. Vielleicht muss sich "alles" oder jedenfalls sehr vieles ändern, wenn BGE funktionieren soll, bzw. könnte es funktionieren, wenn wir auch aus unseren anderen Schachteln hinausdenken könnten. Viertens: Noch einmal, Oliver (ich habe das schon einmal zu dir gesagt): Was Matt Kerr oben sagt, (... it says that everyone is valued and the government will support you. ) finde ich einen gewaltigen Gedanken, über den - interessant - nie gesprochen wird: Man stelle sich nur einmal vor, jedeR fühlt (weiß!) sich, unabhängig von Stand Bildung etc., gleichermaßen gewertschätzt, vom Gemeinwesen: was das an Positivem bewirken könnte, in einer Gesellschaft.

Mi., 04.01.2017 - 08:08 Permalink
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F. T. Mi., 04.01.2017 - 21:18

Antwort auf von Sylvia Rier

Es ist auch absurd dass die Renten vom Staat gezahlt werden, und der Rentner dann dem Staat die entsprechende Einkommensteuer zurückzahlen muss. Alles Beamtenstadel. Die ital. Lohnnebenkosten sind das grösste Hindernis für einen
Wirtschaftsaufschwung. Die Arbeit der Handwerker wird so teuer, dass sich viele nicht mehr leisten können einen zu beauftragen. Ich verstehe noch Pensions- und Krankenkassabgaben, aber 22 % Mehrwersteuer auf den Lohn sind mir unerklärlich.

Mi., 04.01.2017 - 21:18 Permalink
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gorgias Do., 05.01.2017 - 14:41

Zu glauben, dass man heutzutage durch das Senken der Lohnnebenkosten wirklich viel für die Arbeitnehmer herausholt, ist illusorisch. Die Machtverhältnisse werden durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Durch das Fehlen von Arbeitsplätzen, teils durch Auslagerung ins Ausland, teils durch die Automatisierung, ist ein Überangebot an Arbeit vorhanden, das ein Arbeitgeber leicht ausnutzen kann. Gezahlt wird, was gezahlt werden muss. So ist es, dass einerseits der gesetzlich festgelegte Mindestlohn falls vorhanden, als auch das was dem Arbeitnehmer netto übrig bleibt, um noch halbwegs leben zu können, was die Grenzen darstellt in wieweit die Löhne gedrückt werden können. Werden die Lohnnebenkosten gesenkt, dann wird vom Arbeitnehmer der Bruttolohn dementsprechend gesenkt/nicht mehr erhöht, bzw. bei Neueinstellungen ein niedriger Bruttolohn ausgezahlt, was am Ende für den Arbeitnehmer ca. den selben Nettolohn ergibt. Das Senken von Kosten, bzw. Zuschüsse Zuteilen, die einen schwächeren Vertragspartner helfen sollen, werden immer dazu führen, dass der stärkere Vertragspartner davon profitiert. Das Gleiche ist mit den Mitzuschüssen. Da der Vermieter der stärkere Verhandlungspartner ist, werden halt einfach die Mietpreise angehoben, so dass der Vermieter vom Zuschuss nichts mehr hat.

Do., 05.01.2017 - 14:41 Permalink
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Sylvia Rier So., 08.01.2017 - 09:17

Oliver, ich weiß auch nicht (erklärst's mir mal, bitte?) warum du offenbar immer davon ausgehst, dass niemand (!) mehr (mehr oder weniger hart) arbeiten will, wenn es ein BGE gibt (@ "Insofern kann ein Einkommen nie bedinungslos sein, denn jemand muss dafür hart arbeiten.). --- Es geht nicht, meine ich, um VERSORGEN ("können oder wollen" ist dabei einerlei). Es geht um GLEICHSTELLUNG/-behandlung (stelle ich mal so in den Raum). Denn: Mit BGE ist der "faule" Sohn des alkoholkranken Arbeitslosen der Streberin aus gutem Akademiker-Hause auf dieser einen gesellschaftlichen Ebene völlig gleich gestellt. Stell dir das nur einmal vor! Der "faule Unterschichten"-Sohn wird von seiner Gemeinschaft gleich gewertschätzt wie die strebsame HI-Tochter aus dem Akademikerhaushalt. (Wär interessant, zu wissen, was das auf menschlicher Ebene auslösen würde? Weißt du das? Wurde das je untersucht?). Das schönste und machtvollste Potential des BGE, meine ich. --- Hat also mit Lohnsteuersenkungen, wie du vorschlägst, nichts zu tun. Überhaupt, meine ich, ist "Lohn" ein eher willkürliches Instrument, und kommt übrigens ja auch von oben nach unten (fällt mir gerade ein. Hm. Ist irgendwie alles gebaut, um "oben" und "unten" zu trennen, diese Teilung zu zementieren?). --- Und zu den (möglichen, wahrscheinlichen, sicheren...) "Trittbrettfahrern", die du anführst, sage ich mal nur (versuchsweise): Groß-Steuerhinterzieher, und Steuerhinterzieher*innen. Dagegen wären BGE-Trittbrettfahrer*innen wohl Peanuts, oder? Und überhaupt: Wenn diese übergewichtigen Trittbrettfahrer aussortiert werden können, dann wäre mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit die Finanzierung des BGE ein Kinderspiel. Was meinst du?

So., 08.01.2017 - 09:17 Permalink
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Holenstein Remy So., 08.01.2017 - 15:50

A Ich befürworte das bedingte Grundeinkommen, anstelle des „bedingungslosen“.
B Unsinn, wir brauchen keine Bedingungen.
A Bist du zur bedingungslosen Liebe fähig ?
B Nein.
A Weshalb dann soll es möglich sein dass wir mit einem „bedingungslosen“ Grundeinkommen sinnvoll umgehen können ?
B Das lässt sich nicht vergleichen, die Liebe ist etwas viel Fundamentaleres als das Grundeinkommen.
A Mag sein, aber wer das Leben nicht bedingungslos akzeptieren kann, kann auch das Grundeinkommen nicht bedingungslos akzeptieren.
B Wieso nicht, der Staat gibt allen ein Grundeinkommen ohne irgendeine Bedingung zu stellen. Das ist doch ganz einfach !
A Na schön, dann führen wir das Grundeinkommen ohne jede Bedingung ein. Alle erhalten vom Staat 300 Euro im Monat. Zufrieden ?
B Nein natürlich nicht ! Damit kann doch keiner leben.
A Heißt das, du stellst die Bedingung, dass es mehr sein soll ?
B Ja klar.
A Das wäre deine erste Bedingung. Nun dann soll jeder (wie von den Befürwortern in der Schweiz gefordert) 2500 Euro pro Monat erhalten.
B Ja, dem kann ich zustimmen.
A Gut, dann erhalten alle dieses Geld - Einheimische, Ausländer, Touristen, Flüchtlinge, Kriminelle …
B Nein, natürlich nicht – nur die Einheimischen !
A Damit hätten wir die zweite Bedingung.
B Das lösen wir, indem wir das Grundeinkommen weltweit einführen.
A Also noch eine Bedingung. Und dann folgt gleich die nächste, wir schaffen alle Ergänzungsleistungen ab, weil nun alle vom „Bedingungslosen“ leben können.
B Nein, die Ergänzungsleistungen können wir nicht abschaffen, denn es gibt Kranke, die mit 2500 Euro ihre Behandlung nicht bezahlen können.
A Da sind wir uns einig. Soll ich noch weitere Bedingungen - die dem „Bedingungslosen“ zugrunde liegen - aufdecken ?
B Nein, das genügt.
A Glückwunsch für die Einsicht, dass es kein Grundeinkommen ohne Bedingungen geben kann. Fortan gilt es den Begriff „bedingungslos“ zu meiden und ernsthaft nachzudenken über die Bedingungen, mit denen das Grundeinkommen ausgestattet werden soll.
B Du meinst, dass wir auch mit einem bedingten Grundeinkommen erreichen können, dass nicht jeder jede Drecksarbeit annehmen muss.
A Ja, das ist so. Sie werden nicht mehr müssen. Aber die meisten werden es trotzdem tun.
B Kannst du das deutlicher ausdrücken ?
A Etwa neunzig Prozent der Arbeitenden werden weiterhin so molochen wie bisher.
B Warum ?
A Weil sie sich mit 2500 Euro im Monat nicht zufrieden geben werden.
B Aber immerhin werden die restlichen zehn Prozent kreativ.
A Das wird sich zeigen. In Saudi-Arabien haben sechzig Prozent der Einheimischen eine gut bezahlte Staatsstelle, ohne dass sie etwas tun müssen. Das „Einzig-Kreative“ der meisten ist, dass sie seit Jahren nutzlos in den Cafés herumalbern.
B Was ist nun dein Lösungsvorschlag ?
A Alle die bereit sind einen sinnvollen Beitrag für die menschliche Gemeinschaft zu leisten, erhalten ein ausreichendes Grundeinkommen. Damit anerkennt der Staat, dass alle gemeinschaftlichen Leistung wertvoll sind und würdigt sie.

So., 08.01.2017 - 15:50 Permalink
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gorgias Di., 10.01.2017 - 03:41

Wenn sich mit dem Thema BGE besser auseinander setzen würden, würden Sie anstatt am Wort bedingungslos herumklauben, die gängige Definition für das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE) kennen: Eine Transferleistung, die jedem BÜRGER zusteht und in seiner Höhe Existenzsichernd ist und unabhängig von Einkommen, Eigentum, Bedarf und Willen zur Gegenleistung erstattet wird.Ob bei einem bedingungslosen Grundeinkommen Menschen fast alle aufhören zu arbeiten, wissen Sie anscheindend auch, obwohl laut Selbstauskunft Menschen von sich sagen sie würden weiter eine Arbeit nachgehen.

Di., 10.01.2017 - 03:41 Permalink