Politik | Urbanistik

Gefährliche Positionierung

Der Dachverband für Natur- und Umweltschutz und der Heimatpflegeverband Südtirol appellieren an die Landesregierung, dass diese sich an die Fachgutachten halten soll.
 
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Foto: Salto.bz
Der offene Brief unterzeichnet vom Geschäftsführer des Dachverbandes für Natur- und Umweltschutz, Andreas Riedl, ging am Montag an die Landesregierung und an die Medien.
Der Inhalt des Schreibens:
 
Sehr geehrte Damen und Herren der Südtiroler Landesregierung,
neben den besten Wünschen für das Neue Jahr wenden sich der Dachverband für Natur- und Umweltschutz sowie der Heimatpflegeverband Südtirol mit diesem Offenen Brief, zur Kenntnis auch an die Medien, in einer urbanistischen Angelegenheit mit Signalwirkung an Sie.
Auf Ihrer morgigen Sitzung werden Sie den Rekurs gegen die Neuerrichtung einer Hofstelle in Abtei behandeln. Zu diesem heiklen Tagesordnungspunkt möchten wir Ihnen in Erinnerung rufen:
dass die Landesregierung zu Beginn der Legislatur versprochen hat, sich an die Gutachten der eigenen Kommissionen halten zu wollen;
dass im derzeit gültigen Gesetz nicht vorgesehen ist, bei Rekursen laut Art. 105, LG 13/1997 weitere externe Gutachten in Auftrag zu geben;
dass es dadurch zu einer Ungleichbehandlung bzgl. weiterer Rekurse laut Art. 105 kommt, bei dem keine solche Gutachten eingeholt wurden;
dass es mit diesen Vorgehen und nach dem Fall Parkplatz Prags wiederholt zu einer Brüskierung des eigenen Rechtsamtes in der Abteilung Natur und Raum kommt;
dass dieses Vorgehen im Hinblick auf die laufende Ausarbeitung eines neuen Raumordnungsgesetzes eine bedenkliche und gefährliche Positionierung der Politik darstellt und es völlig unverständlich wäre, wenn die Politik einerseits ein „sauberes“ Raumordnungsgesetz in Aussicht stellt, andererseits solche urbanistischen Husarenstücke nicht nur billigt sondern durch ihr Votum erst ermöglicht.
Aus all diesen Gründen ersuchen Sie die schreibenden Verbände mit Nachdruck, dem Rekurs stattzugeben und die Neuausweisung einer Hofstelle basierend auf der Entscheidung und mit der Argumentation der eigenen Kommission für Natur, Landschaft und Raumentwicklung eindeutig abzulehnen.
„Aus all diesen Gründen ersuchen Sie die schreibenden Verbände mit Nachdruck, dem Rekurs stattzugeben und die Neuausweisung einer Hofstelle basierend auf der Entscheidung und mit der Argumentation der eigenen Kommission für Natur, Landschaft und Raumentwicklung eindeutig abzulehnen.“
Der Hintergrund des Schreibens ist die von salto.bz enthüllte Affäre um den Neubau einer Hofstelle durch den St. Kassianer Hotelier Paul Pizzinini.
Nachdem die Landesregierung die Behandlung der Eingabe dreier Kassianer Bauern gegen den Neubau wochenlang vertagt hatte, war einen Tag vor Heilig Abend ein Rechtsgutachten des SVP-Parlamentariers und Anwaltes Manfred Schullian aufgetaucht. Schullian, der die Gemeinde Abtei vertritt, kommt auf 8 Seiten zum Schluss, dass der Neubau der Hofstelle rechtens sei.
 
 
Urbanistiklandesrat Richard Theiner hat das Gutachten an das Landesrechtsamt weitergeleitet. Nicht nur die Rekurs-Einbringer sehen in der Berücksichtigung dieses Gegengutachtens, das lange nach der Ermittlungsphase eingetroffen ist, aber eine einseitige Parteinahme. Auch der Dachverband und der Heimatpflegeverband sprechen in ihrem Schreiben von einer „Brüskierung des eigenen Rechtsamtes in der Abteilung Natur und Raum“.
Schullians Gutachten sorgt nach Information von salto.bz auch innerhalb des Südtiroler Bauernbundes für Unmut. Der Kalterer Anwalt, der bei Neuwahlen als Fixtstarter fürs Parlament gilt, soll offiziell als Bauernbund-Kandidat ins Rennen gehen. Auch weil Schullian seit langem die Bauernbundanliegen in der Kammer vertritt. Dass ausgerechnet der SVP-Parlamentarier jetzt aber für die umstrittene Hoferschließung eines Luxusbauern eintritt, hat vor allem in den Gadertaler SBB-Gremien zu breiter Entrüstung geführt.
Weil die Sitzung der Landesregierung für diese Woche abgesagt wurde, wird die Behandlung der Eingabe auf kommende Woche vertagt. Ob man dann allerdings entscheidet, ist fraglich. Denn am 12. Jänner findet die erste Verhandlung in derselben Streitsache vor dem Bozner Verwaltungsgericht statt. Auch dort wird Manfred Schullian die Gemeinde Abtei vertreten. Während Bauherr Paul Pizzinini sich vom Urbanistikfachmann und ehemaligen Kastelruther SVP-Bürgermeister Hartmann Reichhalter verteidigen lässt.
Es könnte demnach sein, dass die Landesregierung die heiße Kartoffel dem Verwaltungsgericht überlässt.