Gesellschaft | Gemischtsprachige Schule

Durnwalders Vorschlag: "Mut zu Neuem"

Landeshauptmann Luis Durnwalder schlägt eine gemischtsprachige Schule für Migrantenkinder vor. Eine Antwort auf den steigenden Ausländeranteil an Südtirols Schulen, sagt Durnwalder im Interview.
Median wildern seit etwa sechs Jahren über die hiesigen Bühnen (v.l.n.r.): Stefan Nössing (Schlagzeug), Michael Niederstätter (Bass), Matthias Vitti (Stimme) und Davide Puddu (Gitarre, cleane Stimme).
Foto: Median

Herr Landeshauptmann, Sie haben mit einem ungewöhnlichen Vorschlag aufhorchen lassen. Erklären Sie uns ihr Konzept der gemischtsprachigen Migrantenschule bitte etwas genauer.
Ich weiß wohl, dass ich mit meinem Vorschlag viele Proteste auslösen werde. Aber wir haben nun einmal immer mehr Ausländerkinder hier in Südtirol und gerade für sie ist es wichtig, beide Sprachen gut zu beherrschen, sonst haben sie es später einmal im Berufsleben nicht leicht. Bereits heute haben wir schon Klassen mit mehr als 50 Prozent Ausländern, die machen dann fast nur mehr Sprachunterricht. Also wäre es doch sinnvoll diesen Kindern vorher einen gemischtsprachigen Unterricht anzubieten, so wie es ihn bereits an den ladinischen Schulen gibt. Sodass sie zunächst die Sprachen lernen und dann erst die Fächer.

Besteht dann nicht die Gefahr einer Ghettoisierung, also dass die Migrantenkinder unter sich bleiben und noch weniger Integration stattfindet?
Wir heute bereits deutschsprachige Kindergärten, in denen kein einziges deutsches Kind eingeschrieben ist, das bedeutet, dass wir bereits heute diese Probleme haben. Mir geht es um einen Vorschlag zur Lösung des Problems, um eine Diskussionsgrundlage, wo man dann schauen kann ob's geht oder nicht.
Diese Schule soll ja auch nicht von der ersten bis zur achten Klasse gehen, sondern vielleicht 2-3 Jahre und dann können sie die Schule wechseln und entscheiden, ob sie auf eine deutsche oder italienische Schule wechseln.
Es wäre im Übrigen auch möglich, dass Einheimische ihre Kinder auf diese Schule schicken, so wie das bei den ladinischen Schulen auch möglich ist. Das sie das tun, bezweifle ich allerdings.

Man muss auch mal den Mut haben, etwas Neues zu machen.

Fürchten Sie nicht ein Fanal in Richtung einer gemischtsprachigen Schule auch für die einheimische Bevölkerung? Eine Entwicklung, die von vielen gefordert, aber von nicht wenigen auch gefürchtet wird?
Nein, das glaube ich nicht. Wie gesagt, wir haben ja diese gemischtsprachige Schule bereits, das ist also nichts Neues und ich glaube auch nicht, dass diese neuen Schulen nun von den einheimischen überrannt werden. Das ist bei den ladinischen Schulen ja bislang auch nicht passiert.
Aber wie gesagt, das ist kein Evangelium, ich sage nur: Versuchen wir's, dann werden wir schon sehen, ob's funktioniert.

Gerade erst hat der Kompatscher-Vorschlag für eine 36. Unterrichtswoche für Unruhe an den Schulen gesorgt, jetzt dieser Vorschlag von Ihnen. Woher kommt das plötzliche Engagement für die Schule?
Der Schulkalender ist ein eigener Fall. Nach einem Jahr mit dem neuen System muss man jetzt noch einmal schauen und eventuell weitere Anpassungen machen.
Mein Vorschlag kommt ganz einfach aus den Erfahrungen an den Schulen. Die Lehrer sagen, mehr als 20 Prozent Nicht-EU-Bürger geht nicht. Wir haben Marokkaner, Tunesier, Albaner, Pakistaner an unseren Schulen, die verstehen sich ja auch nicht untereinander. Es beschweren sich selbst die Eltern darüber, dass nur mehr Sprachunterricht gemacht wird und andere Fächer dann zu kurz kommen.

Haben Sie Ihren Vorschlag eigentlich vorab mit jemandem besprochen?
Das sind einzig und allein meine Überlegungen und natürlich die Erfahrungen aus der Praxis. Mancherorts sind heute schon die Lehrer die einzigen, die Deutsch sprechen. Da müssen die Lehrer deutscher Muttersprache sein, obwohl keine deutschen Kinder drin sind. Da muss man doch etwas machen. Und man muss auch mal den Mut haben, etwas Neues zu machen.