Kultur | Überinterpretiert

Der beste Platz für den Laurin-Brunnen

Sein Standort ist keine ethnopolitische quaestio. Deshalb ist seine Rückverlegung an die Wassermauerpromenade eine gute Lösung.
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Der Laurin-Brunnen am Silvius-Magnago-Platz plätschert nicht. Die Figuren von Dietrich von Bern und König Laurin wirken wie aufgesetzte Relikte, die Plastik insgesamt rudimentär. Im Geiste des 19. Jahrhunderts in der Vorkriegszeit (1907) geschaffen, ist sie kaum mit einer modernen Platzgestaltung vereinbar. Ist sie so symbolträchtig, dass sich heftige Debatten um den Standort lohnen?

Dieses Kunstwerk muss nicht verteidigt werden, weil es dem faschistischen Regime seinerzeit ein Dorn im Auge war. Dadurch erhält es keinen besonderen Mehrwert. Seiner Verbannung nach Rovereto in den 30er Jahren lag eine Überreaktion zugrunde, die vermutlich auf einer Fehlinterpretation beruhte. Das Werk von Andreas Kompatscher und Arthur Winkler war sicher mehr an den literarischen Vorlagen der Dietrichepik orientiert, die aus dem 13. Jahrhundert herrühren, als an der historischen Figur von Theoderich dem Großen. Inhaltlich ging es also nicht um die Unterwerfung Italiens, sondern um die Ausgestaltung einer schillernden Heldengestalt, die im Zuge weit bedeutender kriegerischer Auseinandersetzungen en passant auch im Dolomitenreich, also an einem unbedeutenden Nebenschauplatz, abenteuerliche Erlebnisse mutig und erfolgreich bewältigt.

Der lokale Sagenstoff wurde einfach mit hineinverwebt in die vita eroica des Dietrich von Bern, mit den gebräuchlichen Techniken des Heldentuning und der moralischen Delegitimierung von deren Gegnern. Aus Paritätsgründen im höfischen Epos ist Laurin als Figur ein König, jedoch kleinwüchsig und nur dank magischer Ausstattung so stark; obendrein erweist er sich als hinterhältig und verschlagen. Unsere Sympathie jedoch sollte dieser mit unserer Heimat verbundenen sagenhaften Gestalt des steinreichen Rosenzüchters gelten. Schon wegen dem Rosengarten als Blickfang und repräsentativem Bildmotiv unserer Bergwelt. Die Sagengestalt König Laurin liegt uns viel näher als Dietrich von Bern, dem übrigens nachgesagt wird, dass er selbst bei einem Festmahl seine Widersacher aus dem Weg geräumt hatte.

Eine solche Sichtweise verändert sich die Interpretation des Werks. Da erscheint es betrüblich, wenn in einem repräsentativen institutionellen Kontext eine Statue steht, die die Überwältigung einer bedeutenden lokalen Sagenfigur durch einen fremden Kriegsreisenden darstellt. Bestimmend für den Platz zwischen dem Palais Widmann als Sitz der Landesregierung, dem von Architekten Oswald Zoeggeler geplanten Landhaus II und dem Landtagsgebäude sind deren Zweckbestimmungen, nämlich Legislative und Exekutive als demokratische Kernfunktionen. In diesem Zusammenhang macht eine soldatische Überwältigungsszene keinen Sinn und ein schlechtes Bild, auch wenn sie Teil bekannter Heldensagen ist. Eine bildnerische Darstellung an diesem Ort sollte vielmehr vom Gedanken der Transparenz und der Bürgerbeteiligung getragen sein, also partizipativen Charakter haben. Am ursprünglichen Standort hingegen, mit dem Rosengarten im Blickfeld, kommt der Laurin-Brunnen besser zur Geltung, vielleicht ergänzt durch weitere Plastiken, die die heimische Sagenwelt und die Dolomiten thematisieren.