Gesellschaft | Universität

Mohamed und die 30 Neuen

Seit Freitag hat die Freie Universität Bozen 31 neue Studierende. Wie eine Aktion von Uni-Angestellten jungen Flüchtlingen eine neue Perspektive eröffnet.
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Foto: unibz
Mohamed kommt aus dem Libanon. Seit sieben Monaten wohnt der 20-Jährige in einem ehemaligen Supermarkt, der Flüchtlingsunterkunft im Ex-Alimarket-Gebäude in Bozen-Süd. Am Freitag Vormittag sitzt er dagegen im Saal D103 der Freien Universität Bozen und richtet ein Password für sein neues Uni-Mailkonto ein. Im Libanon hat Mohamed Grafikdesign und Tourismus studiert. Nun würde er dagegen gerne auf Mechanik umsteigen. Die Chancen darauf sind seit einer Woche merklich gestiegen: Denn Mohamed ist einer von 31 jungen Flüchtlingen, die im Sommersemester einen außerordentlichen Studienplatz an der Freien Universität Bozen erhalten haben. Das heißt, dass sie kostenlos und unbürokratisch an Kursen und Vorlesungen der verschiedenen Fakultäten teilnehmen können. 
 
Eine Möglichkeit, die sich für Mohamed und 30 weitere jungen Menschen aus aller Herren Länder aufgrund der Initiative einiger Uni-Angestellter eröffnet hat. Anfänglich war es eine kleine Gruppe aus Dozenten und Verwaltungsangestellten, Roberto Gigliotti, Federica Cumer, Gabriella Dodero, Amantia Pano, Daniela Pichler und Letizia Cirillo, die gemeinsam die Idee verfolgten, die vorhandenen Ressourcen und Angebote ihrer Universität zumindest einigen jener Menschen zu eröffnen, die in den unterschiedlichen Strukturen des Landes mehr oder weniger ohne Beschäftigung auf die Behandlung ihrer Asylanträge warten. „Uns ging es nicht darum, Kurse für Flüchtlinge zu organisieren“, unterstreicht Roberto Gigliotti. „Unser Ziel war es, ihnen das zugänglich zu machen, was an der Universität ohnehin angeboten wird.“ Zwei oder drei Studierende mehr in einem Kurs macht keinen Unterschied, war der Gedanke, der nach Gesprächen mit Vereinen und Organisationen wie Caritas, Volontarius, Binario1, Scioglilingua und Alexander Langer Stiftung sowie der Provinz letztendlich zu einem Antrag an den Universitätsrat führte. 
 

Noch bevor die Plätze genehmigt wurden, die außerordentlichen Studierenden und Gasthörern sonst gegen Bezahlung offen stehen, hatten die Universitätsangestellten an einem konkreten Angebot gearbeitet. Unter Einbeziehung von immer mehr KollegInnen und Studierenden wurde überlegt, was den jungen Menschen mit unterschiedlichem Background und Voraussetzungen neben den Fachkursen noch nützlich sein und vor allem den Einstieg in den Uni-Alltag erleichtern könnte. Unmittelbar auf der Hand lagen die Angebote des Sprachenzentrums; darüber hinaus entstand beispielsweise auch die Idee, an der Informatikfakultät von Freiwilligen Computerkurse zu organisieren oder einen Sicherheitskurs in das Einführungsangebot zu integrieren, den Uni-Angestellte oder auch Design-Studierende verpflichtend belegen müssen.

Und so erhielten 31 junge Männer und Frauen am Freitag an ihrem ersten Uni-Tag nicht nur ihre Student Card, sondern bereits einen individuellen Fahrplan für die kommenden Wochen. Fast überall stehen erst einmal die Sprachen im Vordergrund; neben anderen freiwilligen Angeboten haben viele Neo-Studierenden aber auch Kurse an den verschiedenen Fakultäten oder zumindest Termine mit Dozenten auf dem Programm, die sie bei der Suche nach passenden Angeboten unterstützen. Einem Bewerber soll aufgrund seiner außerordentlichen Kompetenzen nun nach einem Gespräch mit dem Rektor Zugang zu einem ordentlichen Wirtschaftsstudium  eröffnet werden.
 
 
Rund 80 Flüchtlinge hatten sich letztendlich mit Vorstellungs- und Motivationsschreiben sowie Angaben zu ihrem Sprachniveau in den drei Uni-Sprachen und ihrem rechtlichen Status um die außerordentlichen Studienplätze beworben. 45 von ihnen wurden schließlich am Freitag vor einer Woche zu einem Auswahlgespräch eingeladen. Voraussetzung dafür war eine zumindest 12-jährige Schulbildung. Sechs Sprachdozenten hatten sich an dem intensiven Tag zur Verfügung gestellt, um die Sprachniveaus einzuschätzen. Roberto Gigliotti und Gabriella Dodero widmeten sich dagegen in Gesprächen mit den Bewerbern deren persönlicher Motivation. 
 
Eine Woche später konnten sich am gestrigen Freitag  die 31Auserwählten als außerordentliche Studierende einschreiben – und gleich einen intensiven Einführungsvormittag absolvierten. Wie funktioniert die Bibliothek, wie das Sprachenzentrum, wo kann ich kopieren und scannen, wie richte ich mein persönliches Student-Account ein: Gegen Mittag war dem einen oder der anderen frisch Inskripierten angesichts der Flut an Informationen in verschiedenen Sprachen eine gewisse Erschöpfung anzusehen. Schließlich ist die Gruppe nicht nur von ihrer Herkunft her heterogen. Manche haben noch Probleme mit dem Computer, andere wie Amiina können bereits auf ein abgeschlossenes Studium zurückblicken. Die Somalierin hat in den vergangenen Jahren in der Ukraine auf Englisch Medizin studiert. Nun will sie ihren Abschuss in Italien anerkennen lassen. „Dazu muss ich nun richtig gut Italienisch lernen“, sagt sie und übersetzt zur Übung ihrer syrischen Sitznachbarin Fragen von Arabisch auf Italienisch.
 
 
Auch Razan will sich nun erst einmal den Sprachen widmen. Ob sie später einmal studieren will, weiß die junge Syriern noch nicht. Derzeit denkt sie eher daran, Visagistin zu werden.  Der Ukrainer Serhi dagegen hat ein Informatikstudium im Visier. In der Ukraine wäre er nach seinem dortigen Lehramtsstudium wahrscheinlich Englischlehrer geworden – oder dem Krieg, das sein Land seit 2014 führt, zum Opfer gefallen „Ich bin nach Italien gekommen, weil ich sonst eingezogen worden wäre“, erzählt er. Bisher hat er sich vorwiegend dem Italienischen gewidmet, nun will er bei Deutsch aufs Vollgas steigen und nebenbei erste Kurse auf der Informatikfakultät belegen. Punkte für ein mögliches späteres Studium sammeln können schließlich auch außerordentliche Studierende. 
 
An der Uni will man nach Ablauf des Sommersemesters ein erstes Resümee ziehen, wie gut junge Menschen wie Serhi, Amiina oder Razan das Angebot tatsächlich nutzen konnten. Für den Libanesen Mohamed stand bereits am ersten Tag fest, dass in seinem Leben nach einer dunklen Phase wieder neue Hoffnung keimt. „Die letzten Monate im Alimarket waren wirklich schlimm, so kann ich nicht leben“, sagt er. Doch nun hat er ein neues Ziel vor Augen. 
 
 
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Ferruccio Cumer Sa., 11.03.2017 - 14:24

Un'niziativa che coniuga cultura, tolleranza, amore, intelligenza e senso pratico. Insomma, una rarità, viste le indecenti beghe degli ultimi giorni. Si prenda esempio da questo volontariato della cultura e della pace per affrontare anche altri problemi di convivenza fra popoli di civiltà e lingue diverse che ancora dividono, colpevolmente e capziosamente, chi vive nell'Alto Adige - Südtirol.

Sa., 11.03.2017 - 14:24 Permalink
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Ferruccio Cumer Mo., 13.03.2017 - 16:45

1 - La informo in primis che il Mohamed iscritto ai corsi non è lo stesso che ha fondato l'Islam circa 1500 anni fa;
2 - Le assicuro altresì che, a quel che risulta, diversi dei 30 Neuen ammessi dopo un accurato colloquio non sono musulmani; gli organizzatori non hanno richiesto una dichiarazione sulla religione praticata, fortunatamente, ma si dovrebbe comunque andare dal cristiano - in uno dei vari significati del termine - al seguace di altre fedi, all'agnostico, all'ateo;
3 - Lei deplora, forse con ragione, che oggi Cristo sia dimenticato, assieme al suo messaggio: in tal caso, che lei sia cristiano o meno, ripensi allora almeno alle sue parole: "Ma io dico a voi che udite: amate i vostri nemici; fate del bene a coloro che vi odiano. Benedite coloro che vi maledicono e pregate per coloro che vi maltrattano. [...] Come volete che gli uomini facciano a voi, così fate a loro. [...] Amate i vostri nemici, fate del bene e prestate senza sperarne nulla, e il vostro premio sarà grande e sarete i figli dell'Altissimo, perché egli è benigno verso gli ingrati e i malvagi." (Luca 6, 27-35)

Mo., 13.03.2017 - 16:45 Permalink