Gesellschaft | Optanten / Dableiber

Optanten / Dableiber und Europa

Die ehemals aufgebrochenen Risse zwischen Optanten und Dableibern behutsam heilen. Fanatiker nähren sich aus der Angstmache. Der Frieden ist gefährdet. Europa stärken!
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Boden
Foto: Südtirolfoto/Georg Kantioler

Dem Albert Mayr-Nusser danke ich für sein Interview auf salto.bz und für seine durchaus klare Sprache! Ich denke, dass es sinnvoll wäre, die ehemals aufgebrochenen Risse zwischen Optanten und Dableibern behutsam zu heilen. Ich war 5 Jahre alt, als 1943 deutsche Landser, vom Reschen kommend unter großem Jubel durch Schlanders zogen und gleichzeitig die italienischen Soldaten übers Martelltal in die italienische Nachbarprovinz abzogen. Mein Vater, ein sehr friedfertiger und fürs Gemeinwohl engagierter Mensch, war als SS-Gebirgsjäger in Finnland eingesetzt. Meine Mutter musste uns drei Kinder durchschlagen und widerwillen Wirtin sein. Diese beiden jungen Menschen hatten sich fürs Deutsch-Sein-dürfen eingesetzt und waren dem Wahn ausgesetzt, Hitler hätte Südtirol vom Faschismus befreit. Wir hatten optiert, kamen aber, Gott sei Dank, nicht soweit, auzuwandern. Ich weiß nicht, ob ich damals nicht auch optiert und die Dableiber verachtet hätte. Heute bin ich den damaligen Dableibern dankbar, letztlich haben sie die Voraussetzung dafür geboten, dass Südtirol heute ein so freies, friedliches und wohlhabendes Land ist. Wenn heute Umfragen ergeben, dass die Mehrheit der jungen Franzosen einer Le Pen ihre Stimme gäben, dann müssten europaweit die Alarmglocken läuten. Fanatische, ehemalige Ideologien wie der Nazionalsozialismus, der Faschismus, der stalinistische Kommunismus, Religionsfanatiker, werden heute von Hasspredigern und Lügenschleuderern abgelöst; sie setzen auf Angstmache ohne Problemlösungen anbieten zu können. Gleichzeitig zerstört die weltweite Finanzspekulation mit ihrer maßlosen Gier das friedliche Miteinander und täuscht mit Konsumzwang den Wohlstand vor; sie behindert machtvoll die Einbremsung des Klimawandels. Die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich zusehend. Diesen Zuständen entgegenzuwirken ist m.E. dringendste Aufgabe unserer Zeit. Eine Stärkung des Friedensprojektes Europa durch Bildung einer Föderation seitens jener EU-Staaten die dazu bereit sind, erscheint mir als dringend notwendig. Unverzügliche, umfassende und zukunftsfähige europäische Hilfe zur Selbsthilfe für Afrika und Südamerika ist unerlässlich, will man das Elend der Flüchtlingsströme und deren Folgen in den Griff bekommen.

Karl Trojer, Terlan, [email protected]