#Me Too
Ich denke an die Gesichter.
An die Gesichter der Buben im Schulhof, als sie uns über die gängige Sexualterminologie aufklärten.
An das Gesicht des alten Herren, der in der Bar so lange gewartet hat, bis ich, damals ca. 12 Jahre alt, allein war und er versuchte mich zu küssen (mit Zunge).
An die Gesichter der Gäste, die schunkelnd Mösenlieder sangen, während wir das Essen servierten.
An die Gesichter in der Hütte, als die Schnaderhüpflen zu den nacketen Weibern gesungen wurden.
An das Gesicht des jungen Betrunkenen, den ich des Lokals verwies und er mich daran erinnerte, welches Geschlechtsteil ich habe.
An das Gesicht des Typen vor dem Mädchenheim, als er den Mantel aufmachte.
An den Chef, der uns zum Service rief („Hennen!“) und fragte, wer denn heute der Chefin „das Würstl bringen“ wolle.
An den Kollegen im Gemeinderat, als er den Witz vom Rasenmäher erzählte („Weißt du den Unterschied zwischen einer Frau im Minirock und einem Rasenmäher? Nein? Dann halt mal die Hand drunter!“)
An die Gesichter der Kollegen im Gemeinderat, die uns Rätinnen wahlweise als Jungfrauen (naiv) oder als Flittchen (unbeständig) bezeichneten.
An den Kollegen im Landtag, der sagte, heute habe die Opposition (da war nur ich) keine Eier in der Hose.
An die Kollegen im Regionalrat, wenn sie die anwesenden weiblichen Abgeordneten kommentieren.
An die Gesichter all jener, die mir und anderen Frauen schon das ganze Leben lang was nachschreien, dass wir schöne oder hässliche Beine, Pos oder Brüste haben.
An die Gesichter der Männer, die uns ihre Vermutungen darüber aussprechen, ob wir gut sind oder schlecht oder heiß oder frigide.
Ich sehe in diesen Gesichtern viele Unterschiedlichkeiten. Alle aber zeigen eines auf, nämlich garantierte Bewusstheit dessen, was sie gerade tun. Sie schmunzeln, grinsen, feixen, schauen gespannt auf die Reaktionen. Alle wissen, dass sie mich oder meine Geschlechtsgenossinnen irritieren, verstören, verletzen, beleidigen.
Die Hauptreaktion auf die Sexismusdebatte leugnet dies. Aussagen wie „Man wird jetzt keiner Frau mehr die Tür aufhalten dürfen“ verbinden die stets unfaire Paradoxisierung als Argumentationstaktik, mit dem Versuch, Männer von ihrer Verantwortung zu entbinden.
Dabei werden Männer regelrecht infantilisiert. Ihnen wird die banalste soziale Kommunikationskompetenz abgesprochen, nämlich zu verstehen, was die eigenen Aussagen beim Gegenüber bewirken. Das ist schlichtweg absurd. Schon die kleinen Buben im Kindergarten erkennen, wann sie Mädchen verletzen. Jeder Mann kennt den Unterschied zwischen Aussagen wie „Du bist eine geile Henne“ und „Du hast eine interessante Ausstrahlung“. Hierfür braucht es kein feministisches Sittengericht, Männer haben diese Unterscheidungskompetenz genauso intus wie Frauen. Die Bundeszentrale für politische Bildung zitiert eine Studie, die belegt, dass sich Männer und Frauen weitestgehend darüber einig sind, was in einer Interaktion als sexistisch, beleidigend oder entwürdigend empfunden wird. Ich glaube das auch. Alle Gesichter der Männer, die ich vorhin Revue passieren ließ, drücken dieses Bewusstsein darüber aus.
Dieser Aspekt ist von größter Bedeutung. Denn es heißt, dass Männer sich trotz dieses Bewusstseins für Sexismus entscheiden. Die Gründe und Zielsetzungen dieser Entscheidung sollten in der laufenden Debatte einen sehr viel wichtigeren Anteil haben als die hilflose Flucht in Bagatellisierung, paradoxe Verzerrung und Opferumkehrung, die wir derzeit erleben.
Sexistische Äußerungen sind Gesten einer gestörten Interaktion zwischen den Geschlechtern. Die Auseinandersetzung darüber, wie wir hier als Gesellschaft und als Männer und Frauen verändernd, verbessernd, ja vielleicht gar heilend einwirken können, verlangt uns viel ab. Es wird auch wehtun – und Zeit brauchen. Die #Me too-Kampagne katalysiert, beschleunigt, fordert heraus.
Dafür werden meine Tochter oder wenigstens meine soeben geborene Großnichte vielleicht irgendwann in andere Gesichter schauen als ich, und hoffentlich auch anders gesehen werden. Auf Augenhöhe und mit Respekt im Blick.
http://m.bpb.de/apuz/178670/die-sexismus-debatte-im-spiegel-wissenschaftlicher-erkenntnisse?p=all
An den Kollegen im
Herr Gorgias der letzte Satz Ihres Kommentares ist sexistisch, schwer persönlichkeitsverletzend und für eine demokratische Diskussionskultur untragbar. Deshalb haben wir Ihren beleidigenden Kommentar gelöscht. Halten Sie sich in Zukunft an unserer Netiquette.
Christoph Franceschini
Redaktionsleitung Salto.bz
An den Kollegen im
An den Kollegen im Gemeinderat, als er den Witz vom Rasenmäher erzählte („Weißt du den Unterschied zwischen einer Frau im Minirock und einem Rasenmäher? Nein? Dann halt mal die Hand drunter!“)
Hier sieht man, dass Sie den Witz nicht verstanden haben, weil er nicht gegen die Frauen gerichtet ist, sondern jenen veräppelt der ihn erzählt bekommt. Eigentlich ist er ein antisexistischer Witz, weil sich der Zuhörer etwas spitzfindiges erwartet und am Ende eine Banalität zu hören bekommt und als jemand dargestellt wird, der so einen Unterschied nicht kennt. Wenn der Zuhörer dann lacht, lacht er im Grunde über sich selbst und distanziert sich von seiner ursprünglichen Absicht einen sexistischen Witz hören zu wollen.
Ich denke an Brigitte Foppa,
Ich denke an Brigitte Foppa, an Silvia Rier, an die vielen Frauen und an die vielen klugen Männer, auch hier auf salto, die nach vorne schauen, genau lesen und zuhören, an alle, die nachdenken, an alle, die suchen, an alle, die manchmal verunsichert sind, und manchmal zweifelnd herauszufinden versuchen, was der richtige Weg eines Miteinander sein kann.
Ich danke allen jene, die keinen Wunsch verspüren, weder Häme über Dieter Nardones noch über Menschärgeredichnichte und über Gorgiasse, kurz: über Immer-alles-besser-und-ganz-genau-Wissende schütten, da offenbar auf so viel Besserwisserei nur Denken, Suchen, Zweifeln und Schweigen augenscheinlich die richtige Antwort ist.
Und ich wünsche mir, dass dieResultate dazu irgendwann noch in Worten folgen werden - niemand braucht solche Besserwisser übertönen.
Zum rechten Zeitpunkt.
Jutta
Antwort auf Ich denke an Brigitte Foppa, von Jutta Kußtatscher
Die Einzige, die sich mit
Die Einzige, die sich mit ihrer Haeme nicht zurueckhalten kann sind Sie. Ist das der Weg eines Miteinander, den Sie sich vorstellen? Ich hoffe nicht.
Ja, Gorgias, Sie haben recht.
Ja, Gorgias, Sie haben recht. Gewissermaßen. Denn: Diese Häme erkennt ein einziger. Der einzige namentlich genannte Mann.
Sie sind äußerst unvorsichtig, Dieter Nardon.
Ich bin erstaunt, was Sie für einen Aufwand an Tarnung betreiben, um sich dann so plump zu erkennen zu geben.
Antwort auf Ja, Gorgias, Sie haben recht. von Jutta Kußtatscher
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Guter und differenzierter
Guter und differenzierter Beitrag von Brigitte Foppa, absolut lesenswert!
Letzte Woche Mittagsmagazin
Letzte Woche Mittagsmagazin Spezial auf RAI Südtirol mit Ulrike Oberhammer u. Maria Hochgruber Kuenzer. Alle Aussagen wie erwartet, dann eröffnet sich ein kleiner Nebenschauplatz: Kuenzer wäre im Landtag nie belästigt worden, aber Opfer übler Nachrede. Man hätte ihr ein Nahverhältnis mit einem Kollegen nachgesagt, was in ihrer Wählerschaft (konservativ, religiös, ländlich) auf Unmut und Ablehnung gestoßen sei. Moderatorin will einen Fall konstruieren und fragt Oberhammer, ob es Sexismus sei wenn man einer Frau eine (theoretische) Parallelbeziehung mehr vorhalten würde als einem nicht genannten Mann einer nicht bekannten Partei. Jetzt wird's endlich spannend dacht ich mir. Doch Oberhammer geht nicht auf die Frage ein - weil sie doch sehr brenzlig ist und eventuelle Stereotype bestätigen könnte? Stattdessen erzählt sie über Laura Boldrini und den sexistischen Anfeidungen die diese erleidet.... Schade. Das einzig Heikle bleibt unbeantwortet und die brave Moderatorin hakt nicht nach.