Gesellschaft | Geschlossener Hof

„So nicht, Herr Rinner“

Die Bauerntochter Maria* will die Antwort von Bauerbund-Direktor Siegfried Rinner so nicht stehen lassen. Es sei zu billig, allein dem Vater die Schuld zu geben.
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Foto: Suedtirolfoto.com/Helmuth Rier
Die Vorgeschichte ist bekannt.
Maria* die Tochter eines Burggräfler Obstbauern hat unter dem Titel „Ums Erbe betrogen“ vorvergangene Woche auf salto ihre persönliche Geschichte geschildert. Es ist in konkreter Fall, der deutlich macht, wie das Instrument des geschlossenen Hofes missbraucht wird und wie ungerecht die Regelung für die weichenden Erben ist.
Bauernbund-Direktor Siegfried Rinner hat Tage später in einer Stellungnahme auf die Ausführung geantwortet. Rinner verteidigt das Instrument Geschlossener Hof und erklärt, dass Marias Geschichte nichts mit dem Geschlossenen Hof an sich zu tun habe. Es sei die Entscheidung des Erblassers (Vaters), wem er sein Eigentum gibt und in welcher Form. Der Vater habe wohl ganz bewusst den Hof geschlossen, um ihn nicht teilen zu müssen.
Die Betroffene antwortet jetzt auf diesen Verteidigungsschriftsatz des Bauernbundes und auf einige der Thesen und Aussagen des SBB-Direktors.
 
Ich möchte hiermit auf die Äußerungen von Herrn Bauernbunddirektor Rinner antworten . So können diese nämlich nicht stehen gelassen werden."
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Nur „Vaters Schuld“?

 
Nein: Ohne die in Südtirol geltende Regelung zum geschlossenen Hof hätte der Vater diese Enterbung niemals vornehmen können. Durchaus möglich, dass auch andere Väter gerne enterben würden, aber möglich ist dies nur im Rahmen des geschlossenen Hofes, in Südtirol. Das Ganze auf eine Personalie zu reduzieren, ist billig und zu durchsichtig.
 

„Im Höfegesetz gibt es keine Benachteiligung der Frau.“

 
Dann schauen Sie sich bitte die Statistiken an: Die meisten Obstbauernhöfe sind im Eigentum von Männern; zu den „weichenden Erben“ gehören regelmäßig die Töchter, denen nur ein erbärmlicher „Ertragswert“ zusteht, der gar kein „Ertragswert“ ist, sondern die Bezeichnung ist – und das weiß Herr Rinner selbst am besten – ein reiner Etikettenschwindel. Die Hofübernehmer werden immer reicher, die geschlossenen Höfe immer größer; es gibt auf dem freien Markt kaum mehr „walzende Grundstücke“, die von Jungbauern/Jungbäuerinnen zu vernünftigen Preisen angekauft werden könnten. Wem nützt das? Weder der Landwirtschaft noch Südtirol!
 
Die Bezeichnung „Ertragswert“ ist – und das weiß Herr Rinner selbst am besten – ein reiner Etikettenschwindel.
 

Zu den Grundstückspreisen

 
Herr Rinner führt eine Obstwiese von einem Ha mit einem Marktwert von 500.000 Euro wohl als Standardwert. Die Realität ist eine andere: Man braucht sich nur im Grundbuchsamt die Kaufverträge der letzten Jahre anzusehen, der Kaufpreis für ein 1 Ha Obstwiese in schöner Lage im Burggrafenamt liegt zwischen 800.000 Euro bis zu 1 Million.
 

Wohnraum ohne Ende für den Hofübernehmer; die „weichenden Erben“ schauen durch die Finger

 
Warum lässt es das Höfegesetz zu, dass in einem geschlossenen Hof mit einem bereits bestehenden großen Wohnhaus weitere Wohnhäuser zu einem späteren Zeitpunkt integriert werden dürfen, wenn noch andere Geschwister da sind? Hat ein Bauer mit einem großen Wohnhaus nicht genug? Die anderen Geschwister gehen somit leer aus.
 

„Ausgedinge“ für den Vater – Rechtfertigung für Enterbung?

 
Der Bauernbund hebt feierlich hervor, dass der Hofübernehmer auch für den Unterhalt des Vaters zu sorgen habe. Das ist wohl nicht zu viel verlangt, angesichts der Millionenwerte, die hier übertragen worden sind. Das „Ausgedinge“ für den Vater rechtfertigt sicherlich keine Enterbung der übrigen Familienmitglieder.
 

Vertritt der Bauernbund nur den (in der Regel männlichen) Hofübernehmer? Wer vertritt die „weichenden“ Erben, die Töchter?

 
Der Vater war 85 Jahre alt, seine Frau schwer krank, als er das weitere Haus in den geschlossenen Hof integrieren hat lassen, mithilfe des Bauernbundes.
 

Mein Vorschlag für eine gerechtere Erbregelung:

 
Es sollte zwischen Bergbauern und Obstbauern differenziert werden. Bei Obstbauern bis zu einer Höhe von 700 – 800 Meter über den Meeresspiegel kann bis zur Mindestkultureinheit von 2 Ha der Ertragswert als Grundlage für die Berechnung des Auszahlungsbetrages herangezogen werden, für die weiteren Hektar aber der Marktwert. Zu einem geschlossenen Hof mit einem bereits bestehenden Wohnhaus dürfen nicht noch andere Wohnhäuser hinzugefügt werden, wenn mehrere Geschwister vorhanden sind.
 
* Marias Name ist der Redaktion bekannt. Zudem hat sie Salto.bz auch alle in ihrer Schilderung angesprochenen Dokumente, Verträge und Unterlagen zur Einsicht vorgelegt.