Wirtschaft | Interview

“Falsche Interpretation”

Ressortdirektor Ulrich Stofner nimmt zur Kritik von lvh-Präsident Gert Lanz an der Zusammenlegung der Ämter für Handwerk und Industrie Stellung.
Ulrich Stofner
Foto: LPA/mb

“Das gesamte Südtiroler Handwerk – immerhin einer der stärksten Wirtschaftspfeiler im Land – ist enttäuscht.” Die kritischen Worte von Gert Lanz sind nicht ungehört verhallt. Der Präsident des Landesverbandes der Handwerker (lvh) zeigte sich nach Bekanntwerden der Entscheidung der Landesregierung, das Amt für Handwerk mit jenem für Industrie zusammenzulegen, erbost: “Klarer könnte man die geringe Wertschätzung gegenüber dem Handwerk nicht zum Ausdruck bringen.”
Ulrich Stofner, Ressortdirektor von Landeshauptmann Arno Kompatscher, in dessen Zuständigkeit die betroffenen Ämter fallen, klärt über die Hintergründe der Entscheidung auf und sagt: “Wir wollen das Handwerk nicht schwächen – im Gegenteil.”

salto.bz: Herr Stofner, der lvh-Präsident ist mächtig aufgebracht und überlegt, seine Ämter in den Landesgremien, in denen er sitzt, zurückzulegen. Können Sie die Wogen glätten?

Ulrich Stofner: Uns, damit will ich sagen dem Landeshauptmann und mir, tut es schon Leid, dass der Präsident des lvh diese unsere verwaltungsinterne Umstellung so interpretiert. Denn die Interpretation ist natürlich falsch. Durch diese Umstellung innerhalb der Verwaltung wollen wir in keinster Weise unsere Services und Leistungen für das Handwerk schwächen. Im Gegenteil: Unsere Absicht ist es, durch eine Neuaufstellung die Verwaltung effizienter und die Services stärker zu machen.

Wurde die Zusammenlegung der Ämter im Vorfeld mit dem lvh besprochen?

Änderungen in der Landesverwaltung werden intern diskutiert. Dafür gibt es eigene Gremien. Letztlich werden diese Änderungen im Rahmen der so genannten Ämterordnung von der Landesregierung beschlossen. Solche interne Umstellungen haben wir nie mit Externen abgestimmt, in diesem Fall weder mit der Industrie noch mit dem Handwerk. Aber ich glaube, es ist auch nachvollziehbar, dass das verwaltungsinterne Entscheidungen sind und insofern nicht der Zustimmung von externen Partnern bedürfen. Ebenso klar ist für uns, dass wir im Interesse dieser Partner handeln und es daher nicht notwendig ist, sich abzustimmen. Abgesehen davon zielt diese jüngste Änderung darauf ab, die Leistungen, die wir für die Wirtschaft erbringen wollen, in Zukunft besser und effizienter zu erbringen – und nicht schlechter. Das ist uns wichtig zu betonen. Deshalb glaube ich, dass die Zusammenlegung der Ämter durchaus auch im Sinne des Handwerks ist.

Es ist zweifelsfrei gewährleistet, dass jeder Sektor in dem neuen Amt eine starke Ansprechperson hat, die die Bedürfnisse des jeweiligen Sektors versteht.

Welche Überlegungen waren für die Zusammenlegung der beiden Ämter zu einem einzigen Amt für Industrie, Handwerk und Standort ausschlaggebend?

Es war eine rein verwaltungsinterne Umstellung. Dafür waren dreierlei Gründe ausschlaggebend. Erstens verfolgen wir in der Landesverwaltung, ganz unabhängig vom Amt für Handwerk oder vom Amt für Industrie, seit Jahren das Ziel Ämter eher zusammenzulegen.

Warum?

Zusammenlegungen passieren im Sinne von Vereinfachung, von Einsparungen und von Effizienzsteigerungen. Das ist eine grundsätzliche Orientierung in der Landesverwaltung und hat überhaupt nichts mit dem Handwerk zu tun. In den vergangenen Jahren hat es immer wieder Erneuerungen innerhalb der Verwaltung gegeben. Das ist, wie gesagt, ein internes Prinzip. Dazu kommt zweitens, dass derzeit sowohl im Amt für Handwerk als auch im Amt für Industrie die beiden Spitzenpositionen, das heißt die Amtsdirektionen, vakant sind. Im Amt für Handwerk ist Direktor Erwin Pardeller dieser Tage in den Ruhestand getreten. Und die bisherige Direktorin im Amt für Industrie, Martha Gräber, hat einen Karrieresprung gemacht und ist zur Abteilungsdirektorin der Abteilung Europa ernannt worden. Sprich, wir hätten sowieso beide Direktionen ausschreiben müssen.

Mit der Zusammenlegung muss nur mehr eine Stelle neu besetzt werden.

So ist es. Dazu kommt, drittens, die Überlegung bezüglich der Größe dieser beiden Ämter. Man kann feststellen, dass das Amt für Handwerk relativ konsistent ist. Im Vergleich dazu ist das Amt für Industrie kleiner. Wir glauben, dass durch die Zusammenlegung dieser beiden Ämter das neue Amt eine ordentliche Größe kriegt und von den Zuständigkeiten her ähnliche Aufgaben hat.

Dem Landeshauptmann und mir tut es schon Leid, dass der Präsident des lvh diese unsere verwaltungsinterne Umstellung so interpretiert.

Welche sind die Aufgaben des neuen Amtes?

Primär geht es um das Thema Förderung von produzierendem Gewerbe. Handwerk und Industrie sind beide produzierendes Gewerbe. In beiden vormaligen Ämtern ging es um die Förderung, sprich, es gibt ganz große Synergien. Natürlich ist das Handwerk nicht gleich Industrie. Aber es muss einfach gesagt werden, dass die Förderkriterien genau dieselben sind. Beide Ämter wenden dieselben Kriterien an. Daher hat es eine Logik, dass man sie zusammenschließt. Außerdem ist heute schon im Amt für Handwerk auch die Zuständigkeit für Gewerbegebiete angesiedelt, die ohnehin eine Zuständigkeit für alle Sektoren ist. Aus diesem Amt heraus werden heute schon die Bereiche Industrie, Handel, Dienstleistung und Handwerk betreut. Man hat also verstanden, dass die beiden Ämter thematisch ziemlich nahe zusammenhängen. Und der Folgeschritt ist eigentlich ein logischer.

Aus zwei mach eins?

Wir nutzen jetzt diesen Moment, um ein Ziel, das die Landesverwaltung hat – Einsparung, Zusammenlegung und Verschlankung der Strukturen – umzusetzen. Weil diese beiden Ämter gut zusammen passen. In ganz vielen Punkten sind die Aufgaben dieser Ämter deckungsgleich. Dessen muss man sich bewusst sein. Ein Beispiel: Ein Handwerksbetrieb und ein Industriebetrieb haben genau dieselben Zugangsvoraussetzungen für die Förderung von Maschinen, Beratungen oder Exportinitiativen.

Sie sagen, es besteht eine thematische Nähe zwischen den Ämtern für Handwerk und Industrie. Gert Lanz sagt, die Interessen und Bedürfnisse der beiden Bereiche sind so unterschiedlich, dass die Gefahr besteht, die Anliegen des Handwerks – immerhin 13.000 Betriebe mit 43.000 Beschäftigten – würden in einem neuen, gemeinsamen Amt, untergehen. Ist diese Befürchtung gerechtfertigt?

Das ist ausgeschlossen. Wir glauben, dass das Handwerk ein stärkeres Amt haben müsste, das besser aufgestellt ist. Deshalb ist alles, was der Herr Lanz meint, absolut unbegründet. Genau das Gegenteil ist der Fall. Etwas anderes ist das Selbstverständnis, das wir von der Bedeutung der Sektoren haben, die natürlich unterschiedlich sind. Es ist zweifelsfrei gewährleistet, dass jeder Sektor in dem neuen Amt eine starke Ansprechperson hat, die die Bedürfnisse des jeweiligen Sektors versteht. Das ist vermutlich genau das, was Gert Lanz meint: das Verstehen der man Bedürfnisse des jeweiligen Sektors. Daran wird sich in einem zusammengelegten Amt überhaupt nichts ändern. Die Ansprechpartner bleiben dieselben und das Verständnis dafür, dass die Bedürfnisse unterschiedlich sind, wird morgen genauso da sein wie heute.

Ich glaube, dass die Zusammenlegung der Ämter durchaus auch im Sinne des Handwerks ist.

Und wie steht es um die Ansehen des Handwerks? Der lvh-Präsident unterstellt der Landespolitik und -verwaltung eine “geringe Wertschätzung für das Handwerk”.

Das Handwerk ist für Südtirol ein extrem relevanter Sektor. Dessen ist sich der Landeshauptmann, die Landesregierung und die Landesverwaltung bewusst. Und wir werden morgen, genauso wie wir es bisher gemacht haben, Maßnahmen setzen und mit großem Engagement umsetzen, damit genau dieses Handwerk auch in Zukunft gestärkt wird und ein gestärktes Amt hat, die es betreut.

Wird es nach der Kritik von Gert Lanz eine Aussprache mit dem lvh geben?

Nach dieser Reaktion des lvh-Präsidenten ist für uns klar und selbstverständlich, dass es ein Treffen geben wird, um die Sache zu besprechen. Das hat der Landeshauptmann meines Wissens auch so gesagt.

"Aber ich glaube, es ist auch nachvollziehbar, dass das verwaltungsinterne Entscheidungen sind und insofern nicht der Zustimmung von externen Partnern bedürfen. Ebenso klar ist für uns, dass wir im Interesse dieser Partner handeln und es daher nicht notwendig ist, sich abzustimmen." Anscheinend handeln sie nicht im Interesse. Typische Kompatscher Manier. Abstimmung nicht notwendig. Wir wissen alles.

Fr., 02.02.2018 - 10:31 Permalink