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GOLD AN „Homöopathie“

Ein Hoch unserer aktiven Community! Ein Hoch auf Frank Blumtritts Blog "Homöopathie" der bis zum 4. Juli 116 Kommentare eingefahren hat. Gemeinsam mit dem Meraner Arzt Christian Thuile werfen wir einen Blick auf die wichtigsten Fragen und Punkte der letzten Woche rund um das Thema Alternativmedizin versus Schulmedizin.
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Foto: Salto.bz

Frank Blumtritt hatte am 28. Juni den Stein ins Wasser geworfen hat, seitdem zieht er Kreise. „Homöopathie“ ist der meist kommentierte Blog auf Salto und verdient deshalb besondere Beachtung. Wir rufen zur Prämierung auf! Gratulation dafür, dieses Thema aufs Tapet gebracht zu haben. Es hat viele angesprochen; Meinungen wurden eingebracht, rege mit diskutiert, mit Herz und Verstand. Es scheint auf Salto ein Spiegelbild der Gesellschaft entstanden zu sein, in diesen Tagen, wo sich Schulmedizin und Alternative Heilmethoden oft unerbittlich gegenüber standen. Und wie im wirklich Leben vergisst man schnell, dass die einen, nicht ohne die anderen können. Dr. Christian Thuile von der Abteilung Komplementärmedizin am Meraner Krankenhaus ist sicher, es geht nur miteinander - zum Wohl des Patienten.

Herr Thuile, auf Salto wurde rege diskutiert. Physiker beweisen und viele wissenschaftliche Studien belegen, dass Homöopathie nichts ist als „reines Wasser“.

David Gruber etwa schreibt in einem seiner Kommentare: „Fakt ist, dass u.a. die größte Meta-Analyse zur Homöopathie (Shang, Egger et al. 2005) gezeigt hat, dass die Homöopathie nicht besser wirkt, als ein Placebo.“

Herr Gruber hat mit seinem Kommentar höchstwahrscheinlich recht, denn von der physikalischen Erklärbarkeit ist in den homöopathischen Mitteln ab einer bestimmten Potenz nichts mehr an nachweisbaren Bestandteilen (Molekülen) zu finden. Das kann wissenschaftlich eindeutig belegt werden. Ich glaube aber auch, dass die Homöopathie eine sehr individuelle und damit auf den einzelnen Menschen abgestimmte Methode darstellt, die nicht in die klassische wissenschaftliche Betrachtungsweise hineinpasst. Unabhängig davon, erlaube ich mir eine, in meinen Augen wichtige Ergänzung: Placebo bedeutet ja nicht keine Wirkung. Im Gegenteil, man weiss heute ganz genau, dass der Plazebo Effekt ein wesentlichen Bestandteil einer jeden - auch medikamentösen Behandlung - ausmacht, in manchen Fällen kann der Plazebo Effekt 30-40 Prozent erreichen.

Placebo ist nicht zu unterschätzen. Harald Knoflach schreibt: „Niemand bestreitet, dass homöopathische Behandlungen nicht wirken. Nur ist es nicht das Mittel, das wirkt. Das ist nur der "Katalysator"."

Plazebo wird gerne verwechselt mit „hat keine Wirkung“. Genau das stimmt nicht. Vielleicht sollte man die Homöopathie unter diesem Gesichtspunkt nochmals neu betrachten, vielleicht zeigt sie uns ja gerade woran es in unserem Gesundheitssystem mangelt, vielleicht ist sie ja sogar eine Ergänzung, die sehr wertvoll sein kann, denn wenn man darüber spricht, dass Homöopathische Mittel „nur“ gleich wirken wie Placebo, so empfinde ich dies als große Herausforderung, denn das heisst, dass wir mit „Nichts“ imstande sind 30-40 Prozent der chronisch Kranken zu helfen. Das muss uns allen zu denken geben! Dies ist natürlich eine Betrachtungsweise mit der kein Homöopath einverstanden sein wird, aber allein das homöopathische Gespräch ist bereits wie eine Therapie und das belegen wissenschaftliche Studien.

"Wirken tut das ganze drumherum", so Harald Knoflach weiter. "Die Aktivierung der Selbstheilungskräfte durch geborgene Atmosphäre, durch den Glauben an die Wirkung, durch die positive Einstellung der Mutter, wenn sie ihrem Kind homöopathische Globuli verabreicht usw. ähnlich wie halt auch ein Placebo wirkt und Psychosomatik."

Provokant frägt Silvia Rier: "Sind alle abergläubische Dummlinge, die an die Homöopathie glauben?"

Ich schliesse mich der Meinung von Herrn Knoflach vollkommen an, ein echter Homöopath ist damit natürlich nicht zufrieden, aber wenn ich es wissenschaftlich betrachte und das tue ich, dann bin ich auch dieser Ansicht und das hat nichts mit Aberglaube zu tun. Selbst wenn wir das ganze unter einem strengem wissenschaftlichen Aspekt sehen, kann die Wirkung der Homöopathie nicht schlecht sein. Vor allem wenn sie gewissenhaft angewandt wird hat sie ja keine pharmakologischen Nebenwirkungen.

Gorgias spricht davon, dass die Homöopathie“eine teurere Alternative zu einem Placebo ist." David Gruber schreibt: „Die Homöopathie ist selbst eine Multi-Milliarden-€ Industrie und alles andere als kostengünstig.“

Dem kann ich zweifelsohne zustimmen. Allerdings kostet Zeit auch Geld. Die intensive Gesprächsführung eines Homöopathen mit seinen Patienten ist wesentlich. Die Anamnese ist sehr gründlich, sehr ausführlich und darum darf sie auch etwas kosten, schließlich ist sie auch der Schlüssel zum Erfolg. Bei den Mitteln, kann ich nicht mitreden, ich denke aber, dass hier eine gewaltige Industrie dahinter ist..

Ein Widerspruch in sich ist für Frank Blumtritt folgendes: „Obwohl die Homöopathie 'reines Wasser' ist, darf sie in Italien nur von Ärzten betrieben werden und auch die Heilmittel sind apothekenpflichtig. Auch die Akupunktur ist in Italien Ärzten vorbehalten, obwohl auch sie, wie die Homöopathie, eine rein energetische Wirkungsweise hat und physiologisch - also nach westlicher Wissenschaft - nicht erklärbar ist.“

Ich bin relativ froh, dass die Homöopathie in den Händen der Ärzte liegt und zwar deshalb, weil eine schulmedizinische Ausbildung des Arztes mir als PatientIn Sicherheit „garantiert“, dass nicht wesentliche und notwendige Behandlungen versäumt werden. Nicht in der Auswahl des homöopathischen Mittels sehe ich die Gefahr, sondern in möglichen diagnostischen Versäumnissen, also dass an den Patienten nicht rechtzeitig notwendige Untersuchungen durchführt werden, oder gar eine notwendige Therapie. Dieser Zeitverlust könnte nämlich zu Komplikationen führen. Es geht um die Diagnosestellung, wichtig zu schauen ist, was hinter den Symptomen steckt. Ich möchte hier niemandem die Kompetenz in Abrede stellen, aber ich denke dafür braucht es einen Arzt. Dies erklärt zwar nicht den Widerspruch des Gesetzgebers, aber zumindest meine persönliche Ansicht zu diesem Thema.

Gilt das für die Hömöopathie oder auch für die Akupunktur?

Bei der Akupunktur sehe ich es differenzierter: die Akupunktur ist viel wissenschaftlicher und auch anerkannter als die Homöopathie, bis zu 70 Prozent der Wirkungsweisen sind wissenschaftlich erklärbar. In vielen Europäischen Ländern wird die Behandlung der Akupunktur auch von den Krankenkassen bezahlt. Bei der Akupunktur bin ich der Meinung, dass sie in jedem Fall nur von Menschen durchgeführt werden darf, die auch eine medizinische Ausbildung haben, denn wir Hantieren ja mit Nadeln und Stechen. Genaues anatomisches Wissen ist gefragt; das Know How beim richtigen Punktieren ist entscheidend, medizinisch geschultes Personal ein Muss.

David Gruber schreibt: "Studien haben gezeigt, dass Patienten, die sich alternativ-medizinisch behandeln lassen, sich im Schnitt länger im Krankenhaus aufhalten müssen (und damit mehr Kosten verursachen), als solche mit einer konventionellen Behandlung."

Das ist korrekt, diese Studie gibt es. Hier sollte man aber wissen, dass bei dieser Untersuchung die Menschen ausschliesslich auf Alternative Medizinische Methoden zurückgegriffen haben. Das unterstreicht nur meine Meinung diesbezüglich, dass es nur in einem Miteinander funktioniert. Eine aktuelle Mega Studie aus den Niederlanden beweist genau das. Nämlich, dass bei einer Kombination der Schul- und Alternativmedizin (in diesem Fall also Komplementärmedizin) in der Behandlung der PatientInnen, die Kosten für das Gesundheitswesen deutlich niedriger waren, als in der rein schulmedizinisch behandelten Gruppe. Der Unterschied in den Kosten lag für das Gesundheitssystem bei sieben Prozent zugunsten der Komplementärgruppe.

Die Lösung sieht Harald Knoflach darin, die "Schulmedizin zu vermenschlichen und den Heilungsprozess weniger als isoliert physischen Prozess zu betrachten." Und Frank Blumtritt frägt: "Was ist die wahre Gefahr für Patienten in der modernen Gesellschaft? Kommt sie von der klassischen Schulmedizin, welche tendenziell überdiagnostiziert und überbehandelt?" "Eine gesellschaftspolitische Debatte über die Zukunft des Gesundheitssystem wäre angebracht", meint WOW. Aber auch gorgias: "Man sollte die Probleme in der Schulmedizin direkt angehen, anstatt die Homöopathie als Gegengewicht zur Schuldmedizin benutzt." 

Ich kann mich diesen Meinungen durchaus anschliessen, glaube aber auch, dass es nicht so schlecht ist, wenn es die Homöopathie als Gegenpol gibt, denn sie zeigt was eigentlich im zwischenmenschlichen Bereich möglich wäre. Freilich wäre es mir lieber wir reden nicht mehr von unterschiedlichen Philosophien, sondern von einer Medizin, die sich zum Ziel setzt den Menschen als Ganzes in den Mittelpunkt zu stellen. Wesentlich für uns von der Komplementärmedizin ist, ein Konzept zu erarbeiten, in dem sich beide Welten treffen: Schul- und Alternativmedizin.

Weiss Heidi schreibt zusammenfassend: „Die Zukunft der Homöopathieforschung liegt daher nicht in der Erforschung der isolierten Arzneimittelwirkung, sondern muss andere Elemente der homöopathischen Behandlung stärker berücksichtigen, vor allem die Anamnese.“

Dem geben ich zu 100 Prozent recht, davon bin absolut überzeugt. Ich gehe sehr wissenschaftlich an alle naturheilkundlichen Methoden heran. Ich wiederhole mich: die Homöopathie hat keine wirklich methodisch gute Studien, die wissenschaftlicher Kritik standhalten. Aber die Homöopathie hat trotzdem und unbestreitbar ihre Erfolge, viele positive Erfahrungsberichte bestätigen das. Vielleicht wäre es an der Zeit, die Homöopathie nicht länger zu bekämpfen, sondern sich einmal anzuschauen, was für positive Inputs sie für die Schulmediziner mitbringen kann. An diesen positiven, empathischen Beispielen kann sich die Schulmedizin absolut orientieren, sie kann die menschliche Art der Begnung, die Bedeutung des Zwischenmenschlichen von der Homöopathie lernen. Die Anamnese bei einem Homöopathen ist die Beste, die man sich vorstellen kann, allein das kann schon dazu führen, dass der Patient, durch das Verständnis, das ihm entgegen gebracht wird, einen Weg zur Aktivierung seiner Selbstheilungskräfte einschlägt.