Gesellschaft | salto Gespräch

“salto ha sex appeal”

Max Benedikter* über 5 Jahre salto, die Herausforderungen, Probleme und Widrigkeiten – und den Glauben daran, warum es auch noch fünf Jahre weiter gehen wird.
Max Benedikter
Foto: Salto.bz

salto.bz: Max, hast du damals, als ihr vor fünf Jahren gestartet seid, damit gerechnet, dass es salto fünf Jahre später noch gibt?

Max Benedikter: Ich habe es anfangs stark gehofft und stark daran geglaubt. Zwischen dem ersten und zweiten Jahr gab es sehr komplexe Situationen und Momente, wo es schien, als würde der Sauerstoff nicht ausreichen. Es war klar, dass wir mit einer zu geringen ökonomischen Ausstattung gestartet sind. Nach dem ersten Fundraising stand fest, dass der Sauerstoff nur für sechs Monate reichte. Aber wir haben immer alle versucht, durchzubeißen, wissend: Je länger wir auf dem Markt bleiben, desto eher werden wir lange Zeit überleben. Und ich gehe davon aus, dass salto auch in den nächsten fünf Jahren auf dem Markt sein wird.

Dank welcher Überlebensstrategie?

Eine der Haupteigenschaften von salto ist die Tatsache, dass die Leute, die das Projekt jeden Tag schaffen, unheimlich viel Herzblut mitbringen und auch persönliche Kompromisse eingehen. Nur so hat salto überleben können. Der Verdienst, dass salto überhaupt noch existiert, geht nicht nur auf die Initiatoren und Gründer zurück, sondern ganz eindeutig auch auf die Personen, die das Medium produziert haben, die Redakteure. Man hat sich immer von sechs Monaten zu sechs Monaten gehangelt, phasenweise konnte man vertragliche Sicherheiten gar nur für drei Monate garantieren.
Rein marktwirtschaftlich gedacht wäre ein solches unternehmerisches Herausgeber-Projekt zum Scheitern verurteilt, wenn nicht so viel Energie und Verantwortungsbewusstsein da gewesen wären. Genau das ist der Punkt, warum ich heute immer noch überzeugt bin, dass es nur ganz wenige Gruppierungen von Leuten schaffen konnten, das überhaupt zu erreichen.

Il giornalismo non può essere derubricato a veicolo di visibilità acritico delle istituzioni e io sono convinto che salto non andrà in quella direzione.

Was ist nach fünf Jahren vom anfänglichen Idealismus geblieben?

Die Idealismus-Phase muss, so glaube ich, irgendwann überwunden werden. Man kann nicht andauernd mit einem moralischen Anspruch von sich und anderen verlangen, ein Projekt zu unterstützen, das zwar unterstützungswürdig ist, aber sich nicht irgendwann rechnet. Sich rechnen bedeutet auch, tragbare Arbeitsverhältnisse und -konditionen zu schaffen. Ich, der ich ja nicht aus dem Metier komme, wusste ursprünglich nicht, wie zermürbend und aufreibend dieser Journalismus auf hohem Niveau und lokaler Ebene sein kann. Dementsprechend muss diese Idealismus-Phase überwunden werden. Damit das Projekt nachhaltig über Jahre bestehen und sich auch erneuern kann. Ich glaube, wir sind mittlerweile in einer Phase, in der sich salto selbstständig und von innen aus immer wieder erneuern muss. Schließlich erfordert die Realität des Online-Journalismus’ im 21. Jahrhundert ständige Innovation. Und gerade weil das so aufmürbend ist, müssen die Arbeitsverhältnisse und -bedingungen so professionell wie möglich gestaltet sein.

Uno dei punti cardine del manifesto di salto è il bilinguismo, c’è tuttavia una questione atavica innegabile ed è quella, dati di accesso alla mano, della discrepanza in termini di visualizzazioni fra i pezzi in tedesco (più letti) e quelli in italiano. Cosa si può fare ancora per controbilanciare questa tendenza?

Il bilinguismo è sicuramente uno degli aspetti principali che hanno caratterizzato e che dovranno caratterizzare salto negli anni a venire. Dovremo ritornare a spremerci le meningi per trovare una formula che interpreti le necessità e la domanda di un numero sempre maggiore di lettori. C’è anche da dire che evidentemente le richieste dei lettori di madrelingua italiana sono in parte differenti da quelle dei lettori di madrelingua tedesca e intercettare quella richiesta è estremamente difficile, anche di fronte alla concorrenza enorme che esiste all’interno dei media altoatesini ma non solo. Noi non dobbiamo vedercela infatti solo con l’Alto Adige, il Dolomiten, o la Tageszeitung ma anche con le testate nazionali e addirittura internazionali, per non parlare poi di tutti gli altri modi per procurarsi le informazioni, social network in primis. Penso che la barriera linguistica esista sia per i lettori “italiani” che per quelli “tedeschi”, ma questo non è l’unico problema. Trovo che in merito ai contenuti tedeschi un lettore italiano medio a volte abbia poco interesse verso determinati temi che sono estremamente autoctoni (nell’accezione di “locale” e non di “folcloristico”), e in questo contesto forse ci sono delle possibilità per riuscire a invogliare lettori attraverso strategie che non abbiamo ancora identificato ma che si potranno identificare.

Das Community-Management braucht viel mehr Ressourcen, um dem Anspruch gerecht zu werden, den die Redaktion und der Herausgeber von salto haben.

A onor del vero i giornali sono in crisi praticamente in tutto il mondo occidentale e dunque in uno scenario del genere oggi più dei giornali contano i giornalisti, sei d’accordo?

È così. Sempre di più istituzioni e addirittura uffici pubblici si strutturano con risorse proprie per produrre e distribuire notizie, veicolandole sui social, e cercando così, anche in parte, di “scavalcare” il giornalista. Questo lo fa la Provincia autonoma ma lo fanno anche soggetti più piccoli. Sta nella capacità del giornalista riprendere queste notizie e portarle a un livello di analisi che giustifica l’esistenza stessa delle testate. E questo penso che a salto si faccia. Ritengo però che si dovranno creare dei formati che non sono così facili da replicare. E poi si deve “giocare” sulla criticità della notizia. Certo si pretende molto dai propri lettori, ma il giornalismo non può essere derubricato a veicolo di visibilità acritico delle istituzioni e io sono convinto che salto non andrà in quella direzione.

Wir erwarten viel von unseren Lesern – dasselbe gilt umgekehrt. Über die Jahre wurden die salto-Leser daran gewöhnt, Qualitätsjournalismus praktisch zum Nulltarif konsumieren zu können. Wird das so bleiben? Oder ist die Zeit für ein neues Businessmodell gekommen, etwa mit einem Bezahlsystem, einer Paywall? Was auch im Sinne der schon angesprochenen Nachhaltigkeit des Projekts sein könnte.

Ein anderes Businessmodell mit Paywall wäre mit diesen Zahlen und der Größe des Territoriums, in dem sich salto abspielt, nicht tragbar. Was nicht heißt, dass man nicht auch mit innovativen Fundraising-Projekten investigativen Journalismus zusätzlich finanzieren könnte – und sollte. Ganz ausgewählte journalistische Projekte könnten zum Beispiel auch von den Lesern selbst angestoßen werden, die bereit sind, für gewisse Geschichten zu zahlen und den salto-Journalisten sozusagen einen Auftrag erteilen. Manches Mal merkt man in der Diskussion in der Community – trotz Störfaktoren –, dass Bedarf da wäre, etwas zu vertiefen, Fragen von Profis, sprich Journalisten, geklärt zu haben. Diese Momente sollte man meiner Meinung nach in Zukunft analysieren, eventuell auch aufgreifen und Experimente in diesem Bereich wagen.

Stichwort Community: Partizipation haben sich die Gründer von salto groß auf die Fahne geschrieben, “Meinung” ist nach “Fakten” eine weitere Säule, auf der das Projekt fußt. Wurde der ursprüngliche Auftrag, ein partizipatives Medium zu sein, deiner Meinung nach erfüllt, die Community genügend gepflegt? Oder gibt es Versäumnisse bzw. Verbesserungspotenzial?

Das Glas ist weder halb voll noch halb leer. Die Situation stellt sich mir neutral dar. Innerhalb der Gründer hat von Anfang an einen Spannungsbogen gegeben: Einige waren und sind dafür, so viel Bürgerjournalismus wie möglich zu ermöglichen und forcieren. Aber um das zu machen, braucht es personelle und finanzielle Ressourcen, mehrsprachige Kompetenzen und eine menschliche Fähigkeit, um mit Personen in Kontakt zu treten, sie zu stimulieren, um in einen positiven und konstruktiven Dialog zu treten – und das, obwohl Konflikte vorprogrammiert sind. Das Community-Management ist eine extrem professionelle Herausforderung. Diese Figur oder diese Figuren müssen mit Kapazitäten und Ressourcen ausgestattet sein, um sie auch entsprechend zu huldigen. Das ist ein Teil der Ausrede, warum wir es bisher nicht geschafft haben.

Und der andere Teil?

Effektiv liegt auch ein Teil der “Schuld” – unter Anführungszeichen – bei einer klassischen Vision von Journalismus, aufgrund der es manchmal schwer fällt, sich auf dieselbe Ebene mit den Bürgerjournalisten zu begeben. Daher muss ein Community-Management auch das Vertrauen der Redaktion genießen.
Qualitätsjournalismus und Bürgerjournalismus zu vereinen ist eine große Herausforderung, die wir immer noch nicht gelöst haben. Persönlich sehe ich immer noch sehr viel Potential in diesem Bereich. Man darf nämlich nicht vergessen, dass ich wie andere Initiatoren von salto auch aus dieser so genannten “kritischen Zivilgesellschaft” kommen. Als solche haben sich einige gewünscht, dass salto zum Sprachrohr für diese Realität wird. Gleichzeitig merke ich hingegen, dass gerade diese kritische Zivilgesellschaft, die jetzt ein kleines Sprachrohr und auch durchaus Instrumente hätte, um sich mitzuteilen, der größte Kritiker von salto selbst geworden ist. Viele Vorwürfe schmerzen mich persönlich sehr. Ich glaube jedoch, dass man auf der Ebene der Community noch einiges entweder wieder gut machen, oder jedenfalls – sollte es nach mir gehen – in Zukunft mehr Ressourcen investieren kann. Aber das Projekt lebt von vielen Köpfen und so werden wir sehen, wie wir uns in nächster Zeit zu diesem Thema positionieren.

Gli altoatesini/sudtirolesi sono profondissimi conoscitori del proprio ombelico, discutere dello stato di salute dell’autonomia e del suo futuro sviluppo conta come una delle attività preferite, ma non credi che questo territorio debba allargare lo sguardo e aprirsi di più? E salto non potrebbe forse migliorare il suo contributo in questo senso?

C’è una certa dose di narcisismo e se vogliamo masochismo in questa attitudine degli altoatesini, sono assolutamente d’accordo. Il problema è che secondo me il contributo non deve esserci solo a livello culturale, inteso in termini di progetti artistici, intellettuali o “metafisici”. Il contributo che potrebbe dare salto è nella narrazione di esperienze e di best practice che vadano a mettere in discussione determinate dinamiche che perseguiamo ma che ci stanno anche relegando, come società, in un circolo vizioso. In tal modo si può rompere questo circolo vizioso in cui ci stiamo muovendo da 20-30 anni, senza trovare di fatto soluzioni alle problematiche autoctone dell’autonomia e della convivenza. E di buone esperienze ce ne sono a bizzeffe, dato che la società globale sta diventando sempre più multiculturale. In tanti trovano soluzioni e idee che sono economicamente vincenti e stimolanti per i giovani, perché non dimentichiamoci che molti se ne vanno da questo territorio, soprattutto fra gli appartenenti al gruppo linguistico italiano ma anche di quelli della comunità tedesca, e quindi per mantenere qui l’eccellenza è fondamentale intraprendere dei percorsi innovativi.

Un esempio?

Prendiamo l’ultima politica sugli asili tedeschi. Oggigiorno un qualsiasi viennese che va a iscrivere il proprio bambino all’asilo la prima cosa di cui si informa è se il figlio avrà possibilità di imparare, attraverso nuovi modelli didattici, più lingue. È una richiesta non solo legittima ma sensata di ogni famiglia europea. In Alto Adige invece ci rifugiamo nella follia più totale di mantenere un folclore all’interno di un asilo tedesco cittadino. Esempi come la Scuola Europea sono quelli che salto potrebbe raccontare e che potrebbero sbloccare alcuni immobilismi della nostra società.

Rein marktwirtschaftlich gedacht wäre ein solches unternehmerisches Herausgeber-Projekt zum Scheitern verurteilt, wenn nicht so viel Herzblut, Energie und Verantwortungsbewusstsein da gewesen wären.

Die Erfahrungen, die du mit salto in deinem persönlichen Alltag gemacht hast, sind vermutlich nicht nur positiv?

Enttäuschend ist, dass sich die wenigsten effektiv damit auseinandersetzen oder bewusst sind, was es überhaupt bedeuten könnte, ein demokratischer, kollektiver Herausgeber eines Mediums zu sein. Viele denken, Max Benedikter hat sich ein zweites Standbein aufgebaut und verdient sich neben seinem Job im Krankenhaus bei salto etwas dazu. Die Leute glauben wirklich, dass jemand, der bei diesem Projekt im Verwaltungsrat mitgemacht hat, irgendeinen finanziellen Vorteil gehabt hätte. Das ist totaler Nonsens und absurd. Außerdem kann sich niemand vorstellen, wie unabhängig der Herausgeber und die Redaktion de facto arbeiten und dass es extrem geringe Beeinflussungsmöglichkeiten gibt. Das war von Anfang an auch nicht gewollt – die Unabhängigkeit ist eine der Säulen von salto. Vielen ist das aber so was von fremd. Es hält sich hartnäckig die Vorstellung – nicht nur in Bargesprächen, sondern querbeet, auf allen Ebenen der Gesellschaft – vom Herausgeber, der die Blattlinie entscheidet und den Journalisten, die nichts anderes als Bauern auf dem Schachbrett sind. Das Vertrauen in die Medien ist extrem gering, wofür es objektive Gründe geben wird, aber es gibt natürlich Realitäten – nicht nur salto –, wo Gewaltentrennung und Unabhängigkeit wirklich gelebt wird. In Südtirol ist das noch derart unvorstellbar, dass sich viele Leute nicht ausmalen können, was meine Arbeit bei salto ist.

Il contributo che potrebbe dare salto è nella narrazione di esperienze e di best practice che vadano a mettere in discussione determinate dinamiche che perseguiamo ma che ci stanno anche relegando, come società, in un circolo vizioso.

A brevissimo sarà nominato il nuovo Cda di salto, la verità: lasci il timone con rammarico o sollievo?

Non con rammarico, sono fermamente convinto che salto abbia raggiunto una dimensione e un ancoraggio tali all’interno del territorio che non può più essere rappresentato, e in un certo senso guidato, da un gruppo di amici che hanno avuto una brillante idea e che, diciamolo, sono anche stati bravi a realizzare. La governance di salto, i soci e specialmente il Consiglio di amministrazione che insieme alla redazione porta avanti questo progetto, deve essere espressione della società altoatesina. Mi riempie di orgoglio vedere che ci sono persone nuove (anche se è presto per fare nomi) pronte a partecipare e dare il proprio contributo per rinnovare questo progetto, perché effettivamente salto ha un certo sex appeal. Tutto comunque si deciderà nel corso dell’assemblea dei soci che si terrà il prossimo 30 maggio, con la nomina dei membri del Cda.

C’è forse la possibilità che la tua presidenza non si esaurisca quel giorno?

Vedremo. Potrei dover ancora assolvere il ruolo di presidente se non ci saranno altri “pretendenti”. Forse fino a metà mandato. E nel frattempo attivare un passaggio di consegne che sia il più fluido e preciso possibile.  

Cosa dobbiamo aspettarci da questo vento di rinnovamento nel Cda?

Ci saranno più donne e più bilingui. Abbiamo cercato persone con caratteristiche ben precise, amanti del bilinguismo e del multilinguismo, persone che dovranno rispettare l’autonomia della redazione e cercheranno di difenderla dagli attacchi giuridici e dalle aggressioni verbali, persone con una visione liberale e sociale e verosimilmente anche europea. Tutto questo sembra facile da trovare, ma non è affatto così.

Welcher war der Moment, an dem du besonders stolz auf salto warst?

(überlegt) Eine schwierige Frage, es hat mehrere gegeben. (überlegt) Eindeutig bei einigen Artikeln, die sehr gut und klar die Relevanz und die Werte hinter der Mehrsprachigkeit aufgezeigt haben – besonders in Bezug auf die Schule. Was mich so freut und stolz macht ist die Tatsache, dass sich jemand, der von auswärts kommt und versucht, sich eine Meinung zu gewissen Themen zu bilden, auf salto einen sehr guten Einblick gewinnen kann. Nicht nur in Problematik, sondern auch in die Gesellschaft.

Un’ultima nota personale: in passato sei stato tentato dalla discesa in politica, è un’opzione ancora attraente questa per te?

La verità è che prima di ogni elezione ho la tentazione di scendere in campo, il punto è che non saprei con quale squadra giocare. In più, ad essere sincero, a volte dubito che sarei davvero in grado di intraprendere la professione del politico, perché sono una persona che riesce a parlare solo delle cose che gli interessano e su cui ha una certa competenza. Nel momento invece in cui dovessi trovarmi a recitare a memoria un copione solo perché va rilasciata un’intervista o perché va data costantemente una risposta da politico su tutto, dall’ultimo tsunami in Giappone al cambiamento climatico, probabilmente non riuscirei a farlo, mi creerebbe molta ansia. Faccio perciò molta fatica a immaginarmi in una campagna elettorale. Quello che però mi piacerebbe è portare avanti progetti nell’ambito sociale e culturale, ma per poter fare progetti in ambito politico purtroppo si deve stare nel governo, che sia quello cittadino o provinciale, e per esserci bisogna accettare tanti compromessi che in questo momento non sono disposto a fare, però, beh, mai dire mai.